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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Dieselbe Frage hätte er sich selber stellen können.
    Sie sah ihn durchdringend an. »Wie soll das gehen?«, indem sie eine Frage mit einer anderen parierte.
    Ein Moment herrschte Schweigen im Raum, dann sah Lucy abrupt auf den Stapel Patienten-Akten auf ihrem Tisch. In einer einzigen heftigen Bewegung schleuderte sie die Schnellhefter gegen die Wand. »Verdammt noch mal!«, sagte sie.
    Die Mappen machten ein klatschendes Geräusch und flatterten zu Boden.
    Peter schwieg, und Lucy trat zurück, zielte mit dem Schuh auf einen Abfalleimer aus Metall und stieß ihn mit einem gut platzierten Tritt quer durch den Raum.
    Sie sah Peter an. »Ich kann das nicht«, sagte sie. »Eines wüsste ich gerne: Was ist schlimmer, ein Killer zu sein oder einem Killer zu erlauben, wieder zu töten?«
    Es gab eine Antwort auf diese Frage, doch Peter war nicht sicher, ob er sie aussprechen wollte.
    Lucy atmete ein paarmal tief durch, bevor sie aufsah und ihre Blicke sich trafen.
    »Verstehen Sie, Peter«, flüsterte sie, »in einem bin ich mir vollkommen sicher: Wenn ich hier weggehe, bevor ich diesen Mann gefunden habe, wird jemand anderer sterben. Ich weiß nicht, wann, aber irgendwann, in einem Monat, in sechs Monaten oder in einem Jahr beuge ich mich über eine weitere Leiche und starre auf eine rechte Hand, der vier Finger und nunmehr auch noch ein Daumen fehlen. Und dann werde ich nur sehen, dass ich eine Chance vertan habe, und zwar hier. Und selbst wenn ich den Kerl dann schnappe und ihn im Gerichtssaal vor mir habe, wenn ich mich hinstelle und dem Richter und den Geschworenen die Anklage Punkt für Punkt verlese, werde ich trotzdem wissen, dass jemand gestorben ist, weil ich hier und jetzt versagt habe.«
    Peter ließ sich auf einen Stuhl fallen und legte beide Hände vors Gesicht, als wollte er sich waschen. Als er zu Lucy aufsah, um ihr zu antworten, traf er nicht direkt ihre Frage, aber indirekt, auf seine Weise, schon.
    »Wissen Sie, Lucy«, sagte er leise, als könnte sie jemand belauschen, »bevor ich Brandstiftungsermittler wurde, hab ich einige Zeit damit zugebracht, Schläuche zu schwingen. Ich hab das gern gemacht, verstehen Sie? Einen Brand zu bekämpfen, gehört zu den Dingen, bei denen man genau weiß, was man tut und wozu es gut ist. Du löschst ein Feuer, sonst richtet es großen Schaden an. So einfach ist das, stimmt’s? Bei einem richtigen Großbrand konnte man die Hitze im Gesicht fühlen und das Geräusch, das ein Feuer verursacht, wenn es so richtig außer Kontrolle geraten ist, hören. Es ist ein schreckliches, wütendes Geräusch. Direkt aus der Hölle. Und dann kommt eine Sekunde, wo jede Faser in deinem Körper sagt: ›Geh da nicht rein!‹, aber du tust es doch. Du gehst weiter, weil der Brand verheerend ist und weil die anderen aus deinem Löschtrupp schon da drinnen sind und du einfach weißt, dass dir nichts anderes übrig bleibt. Das ist die schwierigste einfache Entscheidung, die man treffen kann.«
    Lucy schien über das, was Peter sagte, nachzudenken. »Und was wird jetzt?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Ich denke«, sagte er langsam, »dass wir etwas riskieren müssen.«
    »Riskieren?«
    »Ja.«
    »Was halten Sie von dem, was Francis gesagt hat«, fuhr sie fort, »glauben Sie auch, dass wir es hier drinnen mit so was wie einer verkehrten Welt zu tun haben? Wenn wir diese Ermittlung draußen durchzuführen hätten und ein Detective zu uns käme und uns davon zu überzeugen versuchte, dass wir nach dem am wenigsten Verdächtigen statt dem am meisten Verdächtigen suchen müssen, würde ich alles daransetzen, dem Kerl so schnell wie möglich den Laufpass zu geben. Das ergibt überhaupt keinen Sinn, und Ermittlungen sollten zumindest einen Sinn ergeben.«
    »Hier drinnen ergibt so ziemlich gar nichts einen Sinn«, sagte Peter.
    »Und deshalb hat Francis vermutlich Recht. Wär ja nicht das erste Mal, dass er den richtigen Riecher hat.«
    »Und, was machen wir also? Noch mal sämtliche Akten durchgehen und diesmal nach einem« – er hielt inne und fragte dann: »wonach suchen?«
    »Was bleibt uns anderes übrig?«
    Peter schwieg wieder und dachte angestrengt über das Geschehene nach. Schließlich zuckte er die Schultern und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er langsam, »So ungern ich es sage …«
    »So ungern Sie was sagen?«
    »Also, als wir das Williams-Wohnheim umgekrempelt haben, was ist da passiert?«
    »Ein Mann wurde ermordet. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen

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