Die Arena
Pete Freeman. »Du solltest mal herkommen, denke ich. Marty Arsenault sitzt am Platz des Wachhabenden, und er lässt mich nicht rein. Der Armleuchter hat mich aufgefordert, draußen zu warten. Er ist gar kein Cop, bloß ein Holzlasterfahrer, der sich im Sommer als Verkehrspolizist was dazuverdient. Aber jetzt spielt er sich auf wie Häuptling Großer Pimmel.«
»Pete, ich habe hier unheimlich viel zu tun, und wenn die Sache nicht ... «
»Brenda Perkins ist tot. Ebenso wie Angie McCain, Dodee Sanders «
»Was ?« Sie stand so plötzlich auf, dass ihr Stuhl umfiel.
» ... und Lester Coggins. Alle vier ermordet. Und stell dir vor, Dale Barbara ist als Täter verhaftet worden. Er sitzt unten in einer Zelle.« »Ich bin sofort da.«
»Ahhh, Scheiße«, sagte Pete. »Da kommt Andy Sanders, und er weint sich die gottverdammten Augen aus. Soll ich versuchen, einen Kommentar von ihm zu kriegen, oder ... «
»Nicht von einem Mann, der drei Tage nach dem Unfalltod seiner Frau seine Tochter verloren hat. Wir sind nicht die New York Post. Ich bin gleich da.«
Sie beendete das Gespräch, ohne eine Antwort abzuwarten.
Anfangs blieb sie ganz ruhig; sie dachte sogar daran, die Redaktion abzuschließen. Aber sobald sie auf dem Gehsteig war, in der Hitze und unter diesem nikotinfleckigen Himmel, war es mit ihrer Gelassenheit vorbei, und sie fing an zu rennen.
20
Joe, Norrie und Benny lagen zuckend auf der Black Ridge Road, angestrahlt von einer viel zu diffusen Sonne. Hitze, die einfach zu heiß war, brannte auf sie herab. Eine Krähe landete ohne jede Suizidabsicht auf einer Telefonleitung und betrachtete sie mit glänzendem, klugen Blick. Sie krächzte einmal, dann flatterte sie durch die seltsame Nachmittagsluft davon.
»Halloween«, murmelte Joe.
»Mach, dass sie zu kreischen aufhören«, stöhnte Benny.
»Keine Sonne«, sagte Norrie. Ihre Hände grapschten ins Leere. »Keine Sonne, 0 Gott, es gibt keine Sonne mehr.«
Auf dem höchsten Punkt der Black Ridge, in der Obstplantage mit Blick über ganz Chester's Mill, blitzte ein helles malvenfarbenes Licht auf.
Alle fünfzehn Sekunden blitzte es erneut auf.
21
Mit vom Schlafen noch leicht verschwollenem Gesicht und am Hinterkopf abstehenden Haaren hastete Julia die Stufen zur Polizeistation hinauf. Als Pete sich ihr anschließen wollte, schüttelte sie den Kopf. »Bleib lieber hier. Vielleicht rufe ich dich, wenn ich das Interview bekomme.«
»Ich bewundere deine positive Einstellung, aber sei nicht zu optimistisch«, sagte Pete. »Rate mal, wer kurz nach Andy ange k ommen ist?« Er zeigte auf den vor einem Hydranten geparkten Hummer. In seiner Nähe standen Linda Everett und Jackie Wettington in ein Gespräch vertieft. Die beiden Frauen sahen ziemlich mitgenommen aus.
In dem Gebäude fiel Julia als Erstes auf, wie warm es war - die Klimaanlage war abgestellt, vermutlich um Strom zu sparen. Dann die vielen hier herumsitzenden jungen Männer, darunter zwei der Gott weiß wie vielen Killians, deren Rundschädel und Hakennasen unverkennbar waren. Alle diese jungen Männer schienen Vordrucke auszufüllen. »Was is, wenn man kein letzten Arbeitsplatz nich hat?«, fragte einer seinen Nachbarn.
Von unten herauf erklang weinerliches Gebrüll: Andy Sanders. Julia ging in Richtung Bereitschaftsraum weiter, in dem sie im Lauf der Jahre oft gewesen war und sogar für die Kaffeekasse (ein Flechtkörbchen) gespendet hatte. Sie war noch nie aufgehalten worden, aber diesmal sagte Marty Arsenault: »Da dürfen Sie nicht rein, Miz Shumway. Befehl.« Er sprach in einem entschuldigenden, besänftigenden Tonfall, den er bei Pete Freeman vermutlich nicht benutzt hatte.
In diesem Augenblick kamen Big Jim Rennie und Andy Sanders die Treppe aus dem »Hühnerstall« herauf, wie die hiesigen Cops das Untergeschoss mit den Zellen nannten. Andy weinte. Big Jim hatte ihm einen Arm um die Schultern gelegt und redete beruhigend auf ihn ein. Hinter den beiden tauchte Peter Randolph auf. Randolphs Uniform war schneidig, aber das Gesicht darüber war das eines Mannes, der soeben knapp einem Bombenanschlag entgangen war.
»Jim! Peter!«, rieOulia. »Ich möchte mit Ihnen reden - für den Democrat!«
Big Jim wandte sich ihr nur lange genug zu, um ihr einen Blick zuzuwerfen, der besagte, dass auch Leute in der Hölle Eiswasser wollten. Dann begann er Andy zu Randolphs Dienstzimmer zu führen. Dabei sprach Rennie vom Beten.
Julia wollte an der Theke vorbeihuschen. Marty, der weiter
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