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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Ihren Bericht über mich, und reichen Sie ihn in zwei Tagen an den Gouverneur weiter. Markieren Sie ihn als geheim, damit auch Kenton ihn auf jeden Fall liest. Beweisen Sie den beiden, dass Sie endlich begriffen haben, wie gute Polizeiarbeit auszusehen hat. Schreiben Sie, Ihre Zielperson lege ein gefährliches gesellschaftsfeindliches Verhalten an den Tag und hänge dem wahnhaften Irrglauben an, in Carthage hätten diverse kriminelle Verschwörungen ihren Ursprung. Falls man ihn gewähren lasse, drohe er zur Keimzelle eines Aufruhrs zu werden. Vergessen Sie nicht seine psychotische Überzeugung, nur er allein wisse, wie die Wahrheit aufgedeckt werden könne.«
    Emily fixierte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Ich habe Medizin, um ihn zum Schweigen zu bringen, Jori.« Sie rückte näher an Waller heran, als wolle sie sie beschützen.
    Hadrian lächelte grimmig. »Ich habe meine letzte Medizin vor fünfundzwanzig Jahren genommen, Em, und bin seitdem nicht mehr aufgewacht.«

K APITEL VIER
    Hadrian beobachtete vom Fenster eines leeren Krankenhauszimmers aus, wie Sergeant Waller sich unten auf der regennassen Straße mit ihren beiden Männern beriet und auf das Eckzimmer im ersten Stock zeigte, in dem sie ihn zuletzt gesehen hatte. Dann lief er auf den Flur, hinunter in die Küche und zur Hintertür hinaus. Wenige Minuten später stand er vor einem großen Gebäude, aus dessen vier Schornsteinen der Rauch von Holzfeuern stieg. In den ersten Jahren hatte die Textilfabrik die Aufgabe gehabt, geborgene Stoffe und Gewebe in Fasern für die Papierherstellung aufzulösen. Später hatte man sie erweitert und verarbeitete nun Rohwolle zu Tuch für die Schneidereien der Kolonie.
    »Ich möchte mit dem Eigentümer sprechen«, sagte Hadrian zu der Frau am Empfang. Sie musterte ihn kühl, während er sich verlegen das struppige Haar nach hinten strich, und verschwand dann hinter einer geschlossenen Tür. Es dauerte mehrere Minuten, bis sie zurückkam und ihn stirnrunzelnd hineinbat.
    Er folgte ihr vorbei an großen dampfenden Bottichen durch einen Raum, der nach nasser Wolle stank, in einen großen Saal voller Krempel- und Spinnmaschinen und dann eine Treppe hinauf in ein stilles Zimmer, in dem Arbeiter an einem halben Dutzend großer Webstühle saßen. Dann machte die Frau kehrt und ließ ihn allein. Hadrian blieb verunsichertstehen und sah sich um, bis er an einem der hinteren Fenster einen stämmigen, bärtigen Mann entdeckte, der ihn mit seiner Pfeife zu sich winkte.
    Hadrian kannte Hastings von früher, denn der untersetzte Mann hatte den Bau der Schule geleitet. Dann aber war Hastings Privatunternehmer geworden, und es hatte kaum noch Berührungspunkte gegeben. Nun wartete er schweigend ab, bis Hastings seine Pfeife gestopft und angezündet hatte und duftende Rauchwolken paffte.
    »Ich bin mir nicht sicher, wie ich mich verhalten soll«, sagte der Besitzer der Textilmühle. »Wird von mir erwartet, dass ich mit Ihnen zusammenarbeite, weil der Gouverneur Ihnen endlich die gelbe Armbinde abgenommen hat, oder soll ich Sie rauswerfen, weil Sie ein rückgratloser asozialer Mistkerl sind, wie er nicht müde wurde zu betonen?«
    Hadrian atmete den wohlriechenden Tabakrauch ein. Die Kammer mit den Webstühlen hatte in ihrer stillen Emsigkeit beinahe etwas Kirchliches an sich. »Ich glaube, Sie sollten lieber kooperieren, denn ich
bin
genau der rückgratlose asoziale Mistkerl, vor dem er Sie gewarnt hat.«
    Hastings grinste. Als er weitersprach, flüsterte er fast. »Wenn wir abends die Kinder zu Bett bringen, erzählen meine Frau und ich ihnen, wie es früher gewesen ist. Aber sie müssen uns versprechen, in der Schule kein Wort davon zu erwähnen.«
    Das war ein außergewöhnliches Geständnis, ein Vertrauensbeweis, eine Erneuerung der alten Freundschaft.
    Hadrian nickte dankbar. »Haben Sie auch Ihrem Sohn Micah davon erzählt?«
    »Als er noch jünger war, ja.«
    »War er deshalb so versessen darauf, eine Erkundungsmission zu übernehmen?«
    Hastings’ rundes Gesicht schien schmaler zu werden. »Ichhabe ihn gewarnt, dass mehr als die Hälfte der Scouts nie zurückkehrt. Zum Teufel, wir wissen nicht mal, ob sie einer Krankheit, der Strahlung oder wilden Tieren zum Opfer fallen. Aber in dem Alter halten die jungen Leute sich für unsterblich. Er war Waldläufer geworden. Er kannte sich in der Wildnis aus, hielt sich für genau den Richtigen, um den Vorstoß ins Unbekannte zu wagen, so wie die ersten Pioniere aus dem

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