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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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erkundigt?«
    »Durch Briefe. Ich habe geantwortet, wir bräuchten weder das eine noch das andere. Wir wollten Medizin. Bei uns wurden Kinder geboren, gesunde, normale Kinder, die an Lungenentzündung und Fieber gestorben sind. Er fragte, ob wir an Weidenrinde kämen, und als ich ja sagte, verriet er uns, er habe ein altes Rezept entdeckt, wie man daraus Aspirin herstellt. Es hat funktioniert! Bald darauf hat er uns Vorschläge für andere Arzneien geschickt.«
    Hadrian nickte. Nelly log nie. Sie erzählte nur manchmal nicht die ganze Wahrheit. Er erinnerte sich an die Bücher in Jonahs Geheimversteck und an Emilys Schilderung der Laborexperimente mit diversen stärkeren Wirkstoffen. »Du dachtest, er hätte etwas Wichtiges über ein bestimmtes Medikament herausgefunden?«
    »Er hatte um eine Liste der bei uns verbreitetsten Gebrechen gebeten. Ich hatte daraufhin mit all unseren Hebammen gesprochen und sie ihm einen Monat zuvor geschickt. Ich dachte, er hätte irgendwelche neuen Rezepte entwickelt, die er so schnell wie möglich an uns weiterreichen wollte.«
    Hadrian wollte sie daran erinnern, dass er den Zettel mit Jonahs Nachricht gelesen hatte:
Wenn die Welt schon aus den Angeln gehoben wird, dann lass uns der Grund dafür sein
. Dochdann entschied er sich anders. »Er hat mir nie etwas davon erzählt«, sagte er und wurde rot, weil er dabei so verbittert klang.
    »Hadrian …«, setzte Nelly an. Sie blickte auf ihren Teller. »Er hat dich oft in seinen Briefen erwähnt. Dass du wegen Trunkenheit und Vandalismus verhaftet wurdest und ständig im Gefängnis gesessen hast. Wie konnte er dir da solche Geheimnisse anvertrauen?«
    Nun war es an Hadrian, verlegen auf seinen Teller zu starren. Er wies auf die pochende Wunde an seinem Arm. »Ich glaube, ich muss mich hinlegen.«
    Shenker grinste.
    Nelly half ihm auf die Beine.
     
    Als er aufwachte, saß die Dichterin am Tisch und arbeitete. Es musste ungefähr zwei Stunden vor Tagesanbruch sein. In einem mondbeschienenen Fleck am anderen Ende des Tisches lag ein Stapel Bücher. Schweigend verfolgte er von seinem Lager aus, wie Nelly in einem dicken Band las und sich Notizen mit einem Federkiel machte. Es erinnerte ihn an die Wärme, ja sogar Hoffnung, mit der er einst Jonah bei der Arbeit an dessen Manuskript beobachtet hatte.
    Als er sich schließlich regte, stand sie auf und schenkte ihm aus einer verbeulten Kanne, die in der Glut einer Kohlenpfanne stand, einen Becher Tee ein. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch und winkte ihn zu sich. Früher hatte sie seines Wissens ausnahmslos Gedichte und Rekonstruktionen alter Lieder verfasst. Doch nicht heute. »Kräuteraufgüsse«, las er die Überschrift der Seite.
    »Diese Bücher konnten vor einem Monat geborgen werden. Pharmakologie des neunzehnten Jahrhunderts. Die sind viel nützlicher als alles Spätere, weil dafür keine Geräte erforderlich sind, die wir sowieso nicht besitzen.« Nelly lächeltekurz und widmete sich dann wieder ihrer Arbeit. Sie rückte eine Kerze etwas näher an ihre Aufzeichnungen heran.
    »Was berichten die Bergungstrupps bei ihrer Rückkehr?«, fragte Hadrian nach langem Schweigen.
    »Nicht viel.«
    Er bedauerte die Worte sofort, denn sie sorgten für frostige Stimmung. Sogar nach so langer Zeit fühlte die Bergungsarbeit sich für viele wie Grabschändung an. Über die eingesammelten Gegenstände zu sprechen, ließ sich nicht vermeiden, aber die Ruinenlandschaft zu erwähnen, war tabu.
    Andererseits hatte Nelly bereits entsprechende Erkundigungen eingezogen. »Die meisten Skelette sind inzwischen weg. Die Natur hat sich alles zurückgeholt, was kleiner ist als zwei Quadratkilometer Asphalt. Die wenigen noch übrigen Hochhäuser sind komplett überwuchert. Es gibt jede Menge Raubtiere. Manche behaupten, die entflohenen Zootiere würden sich mit anderen Arten paaren. Löwen und Pumas. Grizzlys und Schwarzbären. So viele Gerüchte, verrückte Gerüchte. Eine Kolonie fleischfressender Affen. Pythons, die auf Bäumen lauern.« Sie zuckte die Achseln. »Wer weiß?«
    Er nahm ein leeres Blatt Papier, das neben Nellys Büchern lag, und bewunderte das Gewicht und die Textur. Es war handgeschöpft. »So viel besser als alles, was ich in Carthage gesehen habe.« Auf dem Blatt daneben standen Noten und Text. Ein altes Volkslied.
Fifteen Miles on the Erie Canal
.
    »Ein Handwerker in den nördlichen Siedlungen stellt es her. Es nimmt die Farbe unserer Beerentinten perfekt auf.«
    Hadrian legte es vor

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