Die Asklepios Papiere (German Edition)
Paris angetroffen. Wo kann der denn bloß sein?“
Der junge Mann blickte auf Hannahs Bauch, sagte jedoch nichts.
„Ich bin übrigens Lennard, Peters Mitbewohner“, sagte er und streckte ihr zur Begrüßung die Hand entgegen.
Er bedeutet ihr, hereinzukommen und wies ihr den Weg in eine kleine Küche, die scheinbar auch als Gemeinschaftsraum diente, da direkt am Fester ein ziemlich abgewetztes rotes Sofa stand.
„Sorry, aber ich habe echt keine Ahnung, wo Peter ist. Wir haben gestern Morgen zusammen gefrühstückt und dann ist er wie üblich zur Arbeit abgedüst. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen und wenn ich es richtig mitbekommen habe, ist er heute Nacht auch nicht nach Hause gekommen.“ Lennard druckste herum.
„ Um ehrlich zu sein denke ich, dass er wieder bei seiner Freundin übernachtet hat und dann von dort direkt zur Arbeit gefahren ist. Tut mir leid, dir das so direkt sagen zu müssen!“
„ Komisch.“ Hannah fühlte sich verschaukelt. War das alles nur ein mieser Scherz von Peter gewesen.
„ Also mir hat er geschrieben, dass er seinen Job gekündigt hat. Außerdem würde er die Trennung von mir bereuen und ihm sei klargeworden, dass er mich immer noch liebt. Du musst wissen, dass wir bis vor einem halben Jahr verlobt waren.“
Lennard griff in die Tasche seiner Shorts und zog sein Handy hervor.
„Geht nur die Mobilbox ran“, sagte er, nachdem er Peters Nummer angerufen hatte.
„ Ja, schon seit gestern Nacht. Ich habe es bestimmt schon zwanzig Mal versucht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich jetzt machen soll“, seufzte Hannah. „Hast du eine Telefonnummer oder Adresse von seiner Freundin?“
Lennard lächelte freundlich. Hannah war ziemlich verwundert, dass er und Peter zusammen in einer Wohngemeinschaft lebten. Lennard schien eher der lockere Typ zu sein. Mit seinen Bermuda-Shorts, den Flip-Flops und einem gammeligen T-Shirt sah er recht entspannt aus. Peter dagegen trug selbst in seinen Jeans Bundfalten. Was das anging, war er ein richtiger Spießer. Ein Snob, der für eine Krawatte auch gerne schon mal mehr als hundert Euro ausgab. Lennard hatte für sein gesamtes Outfit wahrscheinlich nicht einmal zehn Euro bezahlt.
„Nein, tut mir leid!“, sagte er kopfschüttelnd. „Aber wenn du magst, kannst du doch hier auf Peter warten. Bestimmt kommt er bald nach Hause.“ Er sah auf seine Armbanduhr. „Meistens ist er zwischen sechs und acht zurück von der Arbeit. Bis dahin ist noch etwas Zeit.“ Er lachte aufmunternd.
„ Ich wollte gerade anfangen zu kochen, weil nachher noch eine gute Freundin zum DVD-Gucken vorbeikommt. Ich habe genug Lebensmittel für eine ganze Kompanie gekauft und wenn Peter bis heute Abend immer noch nicht hier ist, sehen wir weiter. Was hältst du davon?“
Hannah wusste leider auch keine bessere Lösung. Zurück ins Hotel zu fahren wäre im Moment ohnehin sinnlos gewesen.
„Tja, vielen Dank! Ich schätze, eine andere Möglichkeit bleibt mir nicht.“
„ Doch“, grinste Lennard schelmisch. „Du kannst auch gerne im Treppenhaus warten.“
„ Oh, wie fies von dir!“
Hannah kannte Lennard zwar erst seit wenigen Minuten, doch irgendwie mochte sie seine offene und lockere Art.
„Darf ich dir einen Kaffee anbieten?“, fragte Lennard und räumte rasch einige Kleidungsstücke vom Sofa, damit sich die Besucherin setzen konnte.
„ Sehr gerne, aber nur, wenn es keine Umstände macht.“
„ Ach was“, sagte er und setzte einen Kessel mit Wasser auf den Herd.
„ Aber wir sind hier in Paris. Da gibt es keine Kapseln, Pads oder sonst was. Hier wird noch richtiger Pulverkaffee gebrüht.“
Hannah quittierte das mit einem Lächeln.
Aus einem Hängeschrank holte er eine kleine Pressstempelkanne sowie einen kleinen Topf, um Milch auf dem Herd zu erwärmen.
„ Latte Macchiato wird hier in Frankreich als süßes Dessert verspottet, deshalb haben wir leider auch keinen Milchaufschäumer. Ich hoffe, das ist ok für dich?“
„ Klar, während der Schwangerschaft muss ich mich ohnehin mit Kaffee etwas zurückhalten, deswegen ist ein Café au Lait ohnehin besser“, antwortete Hannah. Plötzlich klingelte Lennards Handy. Vielleicht ein Rückruf von Peter? In freudiger Erwartung lauschte sie auf das Gespräch.
„ Hallo Annika, Schwesterherz…“
Enttäuscht ließ Hannah den Kopf hängen und ging zur Arbeitsplatte, um die Kaffeepresse mit Pulver zu befüllen. Lennard nickte heftig und gab ab und zu ein „Ja…verstehe“ von sich.
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