Die Asklepios Papiere (German Edition)
eigenen Augen bewundern zu können. Ihr letztes Buch hatte mit einer Auflage von gerade einmal 10.000 Exemplaren eine nicht gerade kleine Leserschaft erreicht, aber in wenigen Jahren würde bestimmt niemand mehr über „Moselmord“ sprechen. Doch dieses Gemälde hier war vor über fünfhundert Jahren entstanden und es gab wahrscheinlich keinen Menschen auf der Welt, der es nicht kannte.
„Wir müssen weiter“, sagte Lennard und griff Hannahs Hand.
L uc verspürte langsam eine missmutige Unruhe. Die beiden konnten sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Irgendwo mussten doch sein. Er hatte die Aufnahmen mittlerweile soweit ausgewertet, dass er die Stelle gefunden hatte, wo seine Zielpersonen die Metro verließen. Anschließend waren sie Richtung Hall Napoléon gegangen. Auf dem Weg dorthin hatte Hannah Bachmayer sogar noch ein T-Shirt für ihren Begleiter gekauft.
„ Gar nicht so dumm“, dachte er. „Nur nicht auffallen“. Doch sobald die beiden in die Eingangshalle gelangten, verlor Luc sie plötzlich aus den Augen. Er hatte mittlerweile die Aufzeichnungen aller Kameras überprüft, aber sie waren nirgends zu sehen.
„ Die können doch nicht einfach verschwinden“, murmelte Luc. „Wo habt ihr euch verkrochen?“ Er klickte weiter auf der Tastatur und betrachtete die Aufzeichnungen im zehn Sekunden Takt.
„ Bingo“, sagte er schließlich grinsend. Da waren sie. Sie schlichen hinter einer Infotafel hervor und marschierten geradewegs Richtung Kasse. Er blickte auf den Zeitindex. Merdé! Das war vor fünfzehn Minuten. Hastig klickte er weiter und verfolgte ihren Weg quer durch den Lourve . Offensichtlich hatte die beiden keine Ahnung von der beinahe flächendeckenden Videoabdeckung. Denn scheinbar versuchten sie nicht einmal den Kameras auszuweichen. Sie gingen, oder besser gesagt eilten, schlicht und einfach durch die Gänge und hofften hierdurch ihren Verfolger abzuschütteln.
„ Amateure“, dachte er nicht zu ersten Mal am heutigen Tag und machte sich schleunigst auf den Weg.
„ Wenn ich Sie nochmals benötige, melde ich mich“, sagte er in Richtung Schlangenleder Joe , der ganz offensichtlich froh war, den Kommissar endlich loszuwerden.
39.
U nterdessen hatten Hannah und Lennard den zweiten Stock des Richelieu Flügels erreicht . Sie ließen gerade die Sektion „Deutschland 15.-16.-Jahrhundert“ hinter sich und waren im Bereich der holländischen Künstler angekommen, als Lennard abrupt stehenblieb.
„ Tut mir leid, aber ich muss schon ´ne ganze Weile dringend auf die Toilette. Hier drüben habe ich gerade zufällig eine gesehen.“ Er blickte unsicher zu Hannah. „Am besten kommst du mit rein.“
„ Hallo – so gut kennen wir uns nun aber auch noch nicht!“, scherzte sie kopfschüttelnd. „Jetzt mach dich nicht lächerlich und geh schnell. Die paar Minuten werde ich wohl auch ohne dich überstehen.“
Widerwillig lenkte Lennard ein und verschwand um die Ecke. Hannah wartete allein auf dem Flur, fühlte sich jedoch einigermaßen sicher. Seit beinahe einer Stunde hielten sie sich nun im Louvre auf und sie hatte weder Luc, noch irgendeinen anderer Verfolger entdecken können. Sie schlenderte daher gemächlich zu dem riesigen Gemälde eines ihr unbekannten niederländischen Malers hinüber. Eine Schulklasse, die noch vor wenigen Minuten den Ausstellungsraum bevölkert hatte, war plötzlich verschwunden und mit ihr auch die korpulente Aufseherin. Ihr Stuhl stand verweist in der Ecke. Nur eine Wasserflasche und die geöffnete Brotdose zeugten von ihrer Anwesenheit.
Während Hannah das düstere Gemälde betrachtete wurde sie plötzlich von hinten gepackt und mit voller Wucht bäuchlings gegen die Wand gedrückt. Jemand packte ihren linken Arm mit brachialer Gewalt und drehte ihn ohne Rücksicht auf ihre Schmerzensschrei auf den Rücken. Die Heftigkeit des Aufpralls raubte ihr den Atem. Ihre Beine wurden auseinander gedrückt, sodass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. Sie spürte einen harten spitzen Gegenstand, der sich in ihren Bauch bohrte. Ängstlich realisierte sie, dass es sich um ein Messer handelte. Panik schürte ihre kehle zu und sie spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen.
„ Hallo Hannah!“, hörte sie eine bekannte Stimme. Der Nikotingeruch des fremden Atems bereitete ihr Würgreiz.
„ Luc…“, sagte sie nach Luft ringend und versuchte vergeblich, ihren Bauch so gut es ging zu schützen.
„ Wie nett, du kennst mich noch.“ Lucs Stimme krächzte
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