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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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meine Wahrnehmung zu bündeln. Als ich tiefer abtauchte, veränderte sich das Rot in verschiedene Töne, manche hell und leuchtend, andere dunkel, fast schwarz wie Blut.
    Ich richtete die Aufmerksamkeit auf diejenigen, deren Rot an die Farbe von Blut erinnerten, und drängte die anderen in den Hintergrund.
    Einer davon war Carl. Nun stellte er keine Mischung aus Rot und Grau dar, sondern ein tiefes Rot, selbst als ich den Brennpunkt des Flusses zurück auf mich verlagerte.
    »Dort«, sagte ich und wies mit dem ausgestreckten Arm die Richtung.
    Borund legte sanft eine Hand auf die meine und drückte sie langsam herunter. »Keine Aufmerksamkeit erregen. Wir wollen nicht, dass jemand hier den wahren Grund erfährt, weshalb wir gekommen sind.«
    Ich legte die Stirn in Falten. Dann wurde mir klar, dass es wie am Siel war, als stünde ich am Rand einer Gasse und hielte nach einem Opfer Ausschau.
    Borund wollte, dass wir grau waren.
    Ich nickte in Carls Richtung. Nach einem kurzen Blick zu William setzte Borund sich in Bewegung. Ich ließ die Aufmerksamkeit auf Carl und die paar anderen blutroten Schemen gerichtet. Borund hielt öfters inne, um mit anderen Händlern zu reden, einige wie er in lange Jacken unterschiedlicher Farben mit Goldstickereien gekleidet. Die meisten hatten weniger Gold als Borund; nachdem ich jeden von ihnen flüchtig überprüft hatte, stufte ich sie alle als harmlos ein.
    In einem weiten Bogen rückten wir Carl näher.
    »Borund!«
    Ich drehte mich um und sah einen Händler in dunkelblauem Mantel mit ausgebreiteten Armen herankommen. Er hatte schlichte Züge, ein breites Grinsen, haselnussbraune Augen und Grübchen. Das Haar reichte ihm bis auf die Schultern und war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihm haftete keine Spur von Rot an.
    Borund lächelte, als sie sich um die Ellbogen an den Armen fassten und einander auf den Rücken klopften. »Markus, es tut gut, dich zu sehen! Wie steht es um Marlett?«
    Ein bitterer Ausdruck legte sich auf Markus’ Gesicht, und seine Miene verfinsterte sich. »Die Stadt leidet. Es lassen sichnicht genug Waren auftreiben. Und was wir finden, wird zu teuer, als dass wir es noch kaufen könnten.«
    »Ich fürchte, hier in Amenkor sieht es nicht viel besser aus.«
    »Ich habe von dem Vorfall in der Schänke gehört«, sagte Markus.
    »Die Kunde verbreitet sich rasch.«
    »Gut, dass du eine Leibwächterin hattest, nicht wahr?«, sagte Markus, und seine Stimme besaß irgendeinen Unterton, der Borund aufhorchen ließ. Ich bedachte Markus mit einem düsteren Blick. Unbewusst wich er zurück.
    »Ja«, sagte Borund knapp. »Das war gut.«
    Nach einem Augenblick räusperte sich Markus. »Ich habe außerdem gehört, du hättest Korn im Lager.«
    »Du solltest nicht immer auf Gerüchte hören, Markus. Ich habe Gewürze! Jede Menge Gewürze!«
    »Ich brauche keine Gewürze«, entgegnete Markus.
    Dann begannen die beiden zu feilschen wie ein Marktschreier und sein Opfer am Siel oder am Kai. Ich ließ die Unterhaltung in den Hintergrund wandern und wandte mich wieder Carl zu.
    Er hatte sich an den Rand des Raumes bewegt, zu einer der mit Behängen überzogenen Wände. Im größten Teil des Raumes gab es keine Möbel, nur den kahlen, polierten Steinboden, doch in der Nähe einiger Wände standen ein paar Stühle. Licht strömte durch hohe, schmale Fenster und fiel in schrägem Winkel auf den Boden, doch Carl befand sich nunmehr im schattigsten Bereich des Raumes.
    Er sprach mit jemandem, den ich kaum sehen konnte. Jemandem, der so blutrot war wie er. Einem weiteren Händler.
    Ich trat einen Schritt von Borund, Markus und William zurück und bündelte meine Aufmerksamkeit.
    Der Mann trug eine dunkelgelbe Jacke, deren Farbe an Senf erinnerte, überzogen mit Goldfäden. Rüschen zierten den Kragen und ragten aus den Ärmeln hervor. Sein Gesicht war schmal, aber nicht dünn, die Nase lang. Er hatte einen ordentlich gestutztenSchnurrbart. Dichtes Grau durchzog sein braunes Haar, das ihm in einem Pferdeschwanz, länger als der von Markus, bis auf den Rücken hing.
    Er kam mir irgendwie bekannt vor.
    Ich spürte, dass William an mich herantrat, und erkannte, dass Borund sich von Markus gelöst hatte und weitergegangen war. Ich wollte William gerade fragen, mit wem Carl sich unterhielt, als der Händler im senffarbenen Mantel plötzlich verschwunden war.
    Carl war ins Licht zurückgekehrt, als Borund sich ihm schließlich näherte. Er lächelte liebenswürdig.
    »Meister Borund«,

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