Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
das Schloss zu knacken, sie von ihrer Angst ablenkte.
Als sie den Mechanismus eine Weile später durchschaut hatte und die Tür von alleine aufschwang, kehrte ihre Nervosität jedoch umso stärker zurück.
"Wer bist du und was ist dein Begehr?", wurde sie im nächsten Augenblick von einer zischenden, männlichen Stimme gefragt.
Zusätzlich konnte sie durch das Stofftuch an ihrem Hals den kalten Stahl einer scharfen Klinge spüren.
"Die Gilde kennt mich unter dem Namen Todesklinge und mit meinem Kommen folge ich dem Ruf des Gildenmeisters höchstpersönlich", antwortete Altyra mit einer Ruhe in der Stimme, die sie eigentlich überhaupt nicht fühlte.
"Ich kenne deinen Namen, Schwester", erwiderte ihr Gegenüber, der genau wie sie bis auf die Augen verhüllt war, weiterhin in einem zischenden Tonfall. "Jedes Mitglied der Gilde kennt diesen berühmten Namen und dein Besuch ehrt uns. Der Gildenmeister erwartet dich bereits. Allerdings musst du mir eine Frage beantworten, ehe du vor ihn treten darfst: Trägst du Waffen bei dir?"
"In der heutigen Nacht trage ich keine Waffe außer mir selbst und lasse dies gerne prüfen", beantwortete Altyra die Frage mit der dafür vorgesehenen Formel, während sie mit einem Finger vorsichtig die Klinge von ihrer Kehle entfernte.
Mit der anderen Hand zog sie das Etui mit ihren Dietrichen aus der Innentasche ihres Oberteils und legte es auf einen neben ihr stehenden kleinen Tisch.
"Dann tritt vor und hebe deine Arme mit geöffneten Handflächen zur Seite, Schwester!", erwiderte der männliche Assassine.
Als die Fürstin seiner Aufforderung nachgekommen war, untersuchte er sie ausführlich am ganzen Körper auf versteckte Waffen.
"Du hast die Wahrheit gesprochen und darfst in die Heiligen Hallen des Todes eintreten", sprach der Mann schließlich, nachdem er seine Durchsuchung abgeschlossen hatte.
Diese Worte ließen Altyra von einem Herzschlag auf den anderen gedanklich ausschließlich zu der Assassine Todesklinge werden, was sie selbst ein wenig verwunderte – normalerweise geschah das nur unmittelbar vor Ausführung eines ihrer Aufträge. Dennoch machte sie sich keine weiteren Gedanken darüber und trat wortlos durch eine weitere, offenstehende Stahltür auf der gegenüberliegenden Seite des Raums. Sie folgte dem dahinterliegenden, langen und vollkommen runden Tunnelgang und gelangte danach in einen riesigen, kuppelförmigen Raum, der größer war als jeder andere Saal, den die Assassine kannte. Jener wurde von einer Reihe von Fackeln erleuchtet, die in regelmäßigen Abständen in goldenen Halterungen an der Wand hingen. Im Zentrum des Raums saß auf einem schlichten, nachtschwarzen Holzstuhl eine Gestalt in einer ebenso schwarzen Robe, deren Gesicht durch eine Kapuze vollkommen versteckt war.
"Du bist meinem Ruf gefolgt, obwohl du zumindest ahnen musst, weshalb ich dich zu mir gerufen habe, meine Tochter", sprach der Mann sie mit einer Stimme wie tiefes, fernes Donnergrollen an, die von überall gleichzeitig zu kommen schien. "Damit hast du bereits meine ersten Zweifel an deiner Person beseitigt."
"Ich grüße Euch, Großmeister des Todes", entgegnete Todesklinge dem sitzenden Gildenmeister, während sie vor ihm auf die Knie fiel. "Möge Euch der Vater unseres Handwerks ein langes Leben gewähren, ehe er Euch zu sich holt." Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: "Ein Ruf der Gilde ist genauso verpflichtend wie ein Ruf der eigenen Eltern. Man folgt ihm ohne jegliches Zögern – ganz egal welcher Grund dahinter steckt."
"Dennoch bin ich mir sicher, dass du den Grund mehr als nur erahnst", kommentierte die Donnerstimme ihre Worte. "Du hattest also trotz allem die Wahl, ob du hier erscheinen würdest oder nicht. Doch lass mich endgültige Klarheit bezüglich des Anlasses für diesen Ruf schaffen, geliebte Tochter Todesklinge! Du wurdest in der heutigen Nacht in diese dem Tod geweihte Halle gerufen, weil eventuell eine schwere Schuld auf dir lastet. Dir wird vorgeworfen, die Gesetze der Gilde gebrochen zu haben, indem du ohne erteilten Auftrag einen Mann getötet hast, der zudem über ein Ansehen verfügt, welches über alle Maße rein ist. Die Rede ist hierbei von Fürst Pirag von Westgard. Aus diesem Grund wird die Konklave des Todes, das höchste Gericht unserer Gilde, nun in deinem Fall Recht sprechen."
Wie aus dem Nichts tauchten links und rechts neben dem Großmeister der Assassinengilde je zwei weitere schwarze Stühle auf, auf denen Gestalten saßen, die in ebenso
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