Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
liegenden Toten, reinigte die Waffe an dessen Hemd und verstaute sie an ihrem Gürtel. Anschließend erhob sie sich mit einiger Mühe und blickte sich im Zimmer um. Ein Stück weit von sich entfernt entdeckte sie ihren Kampfstab, ohne den sie diese Nacht höchstwahrscheinlich nicht überlebt hätte, hob ihn schnell auf und küsste ihn, bevor sie ihn in den Köcher auf ihrem Rücken schob.
Wo ist der Zugang dieses Wahnsinnigen zu diesem Raum? Wo?
, fragte sie sich als nächstes.
Er muss hier doch irgendwo sein!
Nach kurzem Überfliegen der Wände fiel ihr Blick auf den großen Kamin des Raums. Daran war zunächst nichts Außergewöhnliches zu erkennen. Wenn man aber genauer hinschaute, fiel auf, dass sich zwar einige Scheite frisches Feuerholz darin befanden, ansonsten jedoch nichts, was man in einem Kamin normalerweise erwarten würde: weder Asche noch Ruß noch sonst irgendetwas. Diese Tatsache lieferte den entscheidenden Ausschlag dafür, dass die junge Fürstin in den Kamin hineinkletterte und sich dessen rückseitige Wand näher betrachtete. Dort stieß sie rein zufällig gegen einen versteckten Hebel, durch den eben diese Wand zur Seite glitt und eine in die Tiefe führende Treppe zum Vorschein kommen ließ.
Altyra atmete erleichtert aus und stieg vorsichtig die steilen Stufen hinab unter die Erde, nachdem sie einen letzten Blick zurück in das Zimmer geworfen hatte. Vom Ende der Treppe führte ein langer, dunkler Gang weg, an dessen Seitenwänden sich die junge Fürstin blind vorwärts tastete, bis sie an einer fest verschlossenen Tür ankam. Sie holte also ihre Dietriche hervor und versuchte angestrengt, das Schloss zu knacken. Die Tatsache, dass sie vor Erschöpfung zitterte und das Blut in ihren Ohren rauschte, machten diese Aufgabe allerdings alles andere als einfach.
Daher verging auch eine ganze Weile, ehe sich die Verriegelung mit einem lauten Klicken löste und sie durch die Tür treten konnte, hinter der eine zweite Treppe wieder nach oben führte. Sie folgte dieser auf wackeligen Beinen und gelangte dadurch in einen kleinen Raum, der in einem Gebäude nördlich von dem Hauptgebäude des Anwesens liegen musste, wenn Altyra ihr Orientierungssinn keinen Streich spielte. Da der Raum über ein Fenster verfügte und sich im Erdgeschoss befand, beschloss die junge Fürstin, durch das Fenster ins Freie zu steigen, anstatt ihre Zeit mit der Suche nach einem normalen Ausgang zu verschwenden.
Draußen angekommen lehnte sie das Fenster an seinem Rahmen an und schlich sich zur nächstgelegenen Stelle der um das Grundstück befindlichen Mauer, die sie mit großen Problemen und sehr langsam überkletterte. Nachdem sie auf deren anderer Seite fast unten angekommen war, verließen sie plötzlich ihre Kräfte, wodurch sie jeglichen Halt verlor und das restliche Stück wie ein Stein zu Boden fiel. Dort blieb sie einige Atemzüge benommen liegen. Als die Schmerzen, die beim Aufschlag auf der gepflasterten Straße durch ihren Körper geschossen waren, langsam verebbten und sie wieder genügend Kraft hatte, um überhaupt aufzustehen, taumelte sie langsam von dem Zielort ihres letzten Gildenauftrags weg. Dabei hielt sie sich zwar weitestgehend im Schatten, machte sich allerdings in ihrem derzeitigen Zustand nicht ein einziges Mal die Mühe, einen der Lichtkegel zu umgehen, den die Straßenlaternen in die Nacht warfen. Während sie sich ziellos nach Süden bewegte, überlegte sie angestrengt, was sie als nächstes tun sollte. Von den Rufen ihres Falken Tylanos, der weit über ihr am Himmel kreiste, hörte sie keinen einzigen.
Ich kann auf keinen Fall nach Hause. Erstens würde ich den Weg nicht mehr überstehen und zweitens würde ich mich dadurch ohne jeden Zweifel enttarnen, falls ich es doch schaffen sollte. Aber was dann? Was kann ich tun, um diesem verdammten Baron von Firgastin nicht doch noch in den Tod zu folgen?
Kurz darauf fiel ihr die einzig vernünftige Lösung für ihr Problem ein. Sie durfte den Ort zwar eigentlich nicht mehr betreten, bis sie stichhaltige Beweise für ihre nicht vorhandene Unschuld liefern konnte. Aber sie beschloss dennoch, den Großmeister des Todes aufzusuchen und um Hilfe zu bitten.
Vielleicht konnte sie die Geschehnisse der heutigen Nacht sogar irgendwie zu ihren Gunsten nutzen. Doch darüber nachzudenken, überstieg ihre derzeitigen geistigen Kräfte. Sie hatte alle Hände voll zu tun, um überhaupt lebend vom Viertel der reichen Händler in das Armenviertel zu gelangen.
Als ihr
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