Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
ignorierte die zwei Wachen, die mit aufgeschlitzten Kehlen neben der Tür lagen, und betrat auf der Stelle die Räumlichkeiten ihres kleinen Bruders. Dort bot sich ihr ein grausamer Anblick. Im Zentrum des Raums lag Selomas mit weit aufgerissenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht inmitten einer riesigen Lache seines eigenen Blutes. Sein eines Schwert lag mitsamt dem dazugehörigen Schwertarm ein paar Schritte entfernt an der Wand, sein anderes Schwert ragte senkrecht nach oben aus dem Herzen des Kriegers. Die vielen anderen Wunden, die sich über den gesamten Körper des Hauptmannes zogen, fielen Altyra nur am äußersten Rand ihrer Aufmerksamkeit auf. Denn sie starrte einzig und allein in Selomas' blicklose Augen, wobei ihr selbst Tränen in die Augen stiegen.
Ich habe ihn getötet!
, dachte sie voller Schuldgefühle.
Nur weil ich ihn darum gebeten habe, Tarsin unter allen Umständen zu beschützen, ist er jetzt nicht mehr am Leben.
"Soll ich Euch wieder nach draußen bringen, Herrin?", fragte Elordin in väterlichem Tonfall, da das leichenblasse Gesicht der jungen Fürstin ihm Sorgen bereitete.
"Nein, Elordin, es geht schon. Aber vielen Dank für das Angebot! Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, wer das getan haben könnte und wohin mein kleiner Bruder verschleppt worden ist?"
"Der einzige Hinweis, der sich hier im Zimmer befand, ist dieses Stück Papier. Es lag auf dem Bett, als die Morde an Euren Kriegern bemerkt wurden."
Der alte Mann reichte Altyra einen Zettel, auf dem geschrieben stand:
Ein Raum, den einzig der Herrscher betritt,
wenn jeder andere schon im Schlafen liegt.
"Was soll das bedeuten?", stellte sich die junge Fürstin unwissend, obwohl sie natürlich sehr genau wusste, was mit diesen Worten gemeint war.
"Ich weiß es leider nicht, Herrin", entgegnete Elordin bedauernd. "Es muss sich dabei um ein Rätsel handeln. Doch ich bin bis jetzt nicht auf dessen Lösung gekommen."
"Wer außer Euch weiß von diesem Vorfall?"
"Nur Valira und der Oberkommandant der Wache wissen Bescheid. Selbst die Wachen, die diesen Teil der Burg derzeit absperren, kennen nicht den Grund für den Befehl, den sie vor kurzem erhielten."
Die junge Fürstin blickte sich verwirrt um, da sie auf dem Weg zu den Gemächern ihres Bruders nicht einen einzigen Krieger bemerkt hatte. Allerdings konnte sie sich nicht lange darüber wundern, da Elordin sofort weitersprach.
"Ich habe den beiden selbstverständlich aufgetragen, mit niemandem über diese Angelegenheit zu sprechen, bis Ihr aus Dangverun zurück seid und weitere Entscheidungen getroffen habt."
"Was ist hier passiert?", wollte Dynoran, der in dem Augenblick das Zimmer betrat, überrascht wissen.
"Kannst du nicht ein einziges Mal das machen, was man dir sagt?", stellte Altyra ihm sofort eine Gegenfrage, während sie sich neben dem brutal hingerichteten Selomas niederkniete und sanft dessen Augenlider schloss.
Vergib mir bitte, Selomas!
, bat sie den toten Krieger in Gedanken.
Ich schwöre dir, dass ich dich immer als den treuesten meiner Krieger in meiner Erinnerung und in meinem Herzen behalten werde.
Während dieses Versprechens rannen ihr erneut Tränen über die Wangen.
"Ich
habe
deinen Wunsch respektiert und bin bei Tylana geblieben. Allerdings bestand meine Schwester darauf, von ihrer Kutsche auf ein Pferd umzusteigen und dir unverzüglich hinterher zu reiten."
"Ich meinte eigentlich auch vielmehr das Verbot der Wachen zum Betreten dieses Burgabschnitts, das du einfach ignoriert hast", erklärte die junge Fürstin ruhig. "Ist Tylana ebenfalls hier?"
"Entschuldige bitte, aber ich konnte einfach nicht anders! Tylana ist nicht hier. Als ich die vielen Wachen gesehen habe, verbot ich ihr, mich zu begleiten. Denn ich dachte mir schon, dass etwas Ernsthaftes passiert sein musste."
"Das ist gut. Ich möchte ihr diesen Anblick auf jeden Fall ersparen. Grausame Hinrichtungen sollten nicht zu dem Wissen gehören, über das eine Herrscherin verfügen muss."
"Wer ist der tote Krieger?", fragte Dynoran als nächstes. "Weshalb weinst du so um ihn?"
"Würdet Ihr uns bitte alleine lassen, Elordin?", wandte sich die junge Fürstin an ihren Empfangsherrn. "Kümmert Euch bitte um Prinzessin Tylana und sorgt dafür, dass sie ein Zimmer in der Nähe meiner eigenen Gemächer erhält! Sagt Ihr auch, dass ich so schnell wie möglich zu ihr kommen und ihr alles erklären werde!"
"Sehr wohl, Herrin", entgegnete der alte Mann und verließ nach einer tiefen Verbeugung den
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