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Die Aufrichtigen (German Edition)

Die Aufrichtigen (German Edition)

Titel: Die Aufrichtigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Bergh
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Sekretär der Congregatio de Propaganda Fide und damit beauftragt, eine Lösung für die leidige Angelegenheit um das Manuskript Professor Spohrs zu finden, durch das sich nicht nur das Erzbistum vor den Kopf gestoßen fühlte.
    Als die Männer im Büro von Dr. Albertz Platz genommen hatten, kam Donatus ohne Umschweife zur Sache. Es sei nicht sein Auftrag, sagte er hochtrabend, die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit zu würdigen, schließlich sei er Theologe und Diplomat, nicht aber Historiker. Dessen ungeachtet nehme auch der unerfreuliche Prozess einen allzu schleppenden Verlauf und es gebe einige Herren, die ein baldiges Ende des Rechtsstreites für erstrebenswert ansähen. Sicher sei es das Recht des Professors, gegen die akademische Herabwürdigung vorzugehen, doch lasse das Gerichtsverfahren derzeit den hochschulrechtlichen Fragen nicht ausreichenden Raum.
    »Statt dessen, mein lieber Maximilian«, schloss Donatus seine kurze Ansprache, »hält man sich vor Gericht noch immer mit historischen Nebensächlichkeiten auf.«
    Dr. Albertz lehnte sich in seinem Sessel zurück und hatte Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. Bei der Kanzleigründung vor drei Jahren war er nicht nur einer der jüngsten, sondern auch einer der besten Absolventen seines Jahrgangs gewesen. Keiner hatte verstanden, weswegen er sich mit seinem Traumexamen als gewöhnlicher Rechtsanwalt niederlassen wollte, wo ihm doch alle Möglichkeiten offen standen. Dr. Albertz schwieg und ging seinen Weg, schnell und ohne Sentimentalität. Nun sonnte er sich in seinem Erfolg. Sein Gegenüber zeigte, wo die Schwäche dieser Vereinigung lag. Wenn der Professor auch kein zweiter Galilei war, so musste es für die Kirche allemal unangenehm sein, einen Mann kaltzustellen, weil er sich über ihre vergangenen Schandtaten verbreitet hatte.
    »Aber diese historischen Fragen,« sagte Dr. Albertz daher gedehnt und scheinbar teilnahmslos, »müssen doch geklärt werden, wenn man beurteilen will, ob der Entzug der Lehrerlaubnis angezeigt gewesen ist oder nicht.«
    Pater Donatus lobte daraufhin übertrieben weitschweifig Dr. Albertz‘ herausragende Arbeit. Er bat darum, zu verstehen, wie wenig sich die ganze Angelegenheit mit den Interessen der heiligen Mutter Kirche vertrüge, die in ganz anderen Dimensionen zu denken habe und daher nicht immer auf historische Fakten oder besser gesagt, den Ehrgeiz Einzelner Rücksicht nehmen könne. Doch sehe man durchaus ein, wie schwer es sei, einen so überzeugten Forscher, wie der Professor es nun einmal war, zum Widerruf seiner Thesen zu bringen und seinen Blick für die oftmals über den Dingen stehenden Belange des Glaubens zu öffnen.
    »Gleichwohl, es muss etwas geschehen, deshalb bin ich hier. Die Congregatio glaubt, dass wir schnell eine Lösung finden können. Wir sehnen uns danach, die Streitsache noch in diesem Jahr aus der Welt zu schaffen. Was meinst du, hat Ernst schon einmal daran gedacht, die ganze Sache durch einen Vergleich zu erledigen?«
    Dr. Albertz triumphierte. Er war am Ziel, hatte den übermächtigen Gegner in die Knie gezwungen. Nun galt es, die Haut so teuer als irgend möglich zu verkaufen. Er lehnte eine gütliche Einigung daher rundweg ab. Der Pater wiederholte seine Frage nicht ohne Ungeduld. Er kannte die Regeln des Spiels und erwartete deren Einhaltung auch von seinem Gegner. Als Dr. Albertz daher noch einmal tat, als verstehe er nicht, worauf Donatus hinaus wollte, reagierte dieser verärgert und mahnte, den Bogen nicht zu überspannen. Doch Dr. Albertz dachte gar nicht daran, sich die Regeln aufzwingen zu lassen. Er sprang auf – eine Attitüde, die er unzählige Male in Gedanken durchgespielt hatte – und sagte, ganz verletzte Ehre, dass es wohl keinen Sinn habe, das Gespräch auf dieser Basis weiterzuführen. Pater Donatus schlug ein Bein über das andere und klatschte langsam in die Hände.
    »Bravo! Wirklich, Maximilian«, sagte er, »so etwas gefällt uns. Glaube mir, ich habe schon viel gesehen und jeder andere hätte mir ein schwindelerregendes Angebot unterbreitet. Du bist noch jung, mein Lieber, daher lass dir sagen, wie ausgezeichnet du deine Sache machst. Vielleicht ein wenig zu theatralisch, für meinen Geschmack, findest du nicht?«
    Mit einem Mal verstand Dr. Albertz, dass sich das Augenzwinkern, wonach er sich sehnte, nur dem Ebenbürtigen zeigte, nur dem, der dazu gehörte. Er setzte sich und fühlte sich geschmeichelt. Es hatte lange gedauert, endlich die verdiente

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