herein. Wenn man tief einatmete, meinte man, dass kleine, scharfkantige Eiskristalle die Nasenwände verletzten.
»Glaubst du, dass wir alle Monster sind?«, fragte Antonietta. Sie faltete die Zeitungsblätter sorgsam zusammen.
Vannoni setzte sich und legte seine Hand auf ihren linken Unterarm. Durch den Stoff spürte er die Körperwärme. Er ließ seine Finger bis zu ihrem Handgelenk vorgleiten. Antoniettas Haut fühlte sich vertraut an. Nach so langer Zeit war das ein seltsames Gefühl. Vannoni zog seine Hand zurück. Im Wurzelstück vor sich auf dem Tisch glaubte er nun ein Gesicht zu erkennen, das ihm vorher nicht aufgefallen war. Die Fratze einer alten Hexe, deren Züge von Holzgeschwüren überwachsen schienen. Vannoni griff nach dem Schnitzmesser.
Von: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
An: »Minh«
[email protected] Die Brigadisten lehnen eine Freipressung ab. Begründung: Es handle sich bei Ihrer Aktion um politisches Abenteurertum, und zudem gebe es keine sicheren Aufnahmeländer.
Von: »Minh«
[email protected] An: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
Was ist mit den Palästinensern? Kuba? Venezuela? Simbabwe? Nordkorea? Haben Sie mit den Regierungen Kontakt aufgenommen?
Von: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
An: »Minh«
[email protected] Kontakte auf Regierungsebene herzustellen ist sinnlos, wenn die Grundlage dafür nicht gegeben ist. Die inhaftierten Brigadisten wollen nicht ausgeflogen werden.
Von: »Minh«
[email protected] An: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
Glauben Sie, Sie können mich verarschen? Sie machen jetzt Folgendes: 1) Zusammenlegung aller gefangenen Genossen. 2) Aufzeichnung einer Erklärung der Gefangenen, in der sie ihren Willen selbst formulieren. 3) Ausstrahlung dieser Erklärung in den Nachrichtensendungen von Rai Uno, Rai Due, Rai Tre und Canale 5. Ich gebe Ihnen bis morgen Abend um 22 Uhr Zeit.
Von: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
An: »Minh«
[email protected] Schon Ihre erste Forderung ist in der Kürze der Zeit nicht erfüllbar. Der Justizminister befindet sich in Brüssel. Die Strafvollzugsbehörden der betroffenen Regionen müssen zustimmen. Ein geeigneter Ort für eine eventuelle Zusammenlegung muss ausfindig gemacht und entsprechend ausgestattet werden.
Von: »Minh«
[email protected] An: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
Was wollen Sie denn? Sie haben dreißig Stunden! Ich schwöre Ihnen, Sie kriegen keine Minute länger! Die Zeit läuft.
Von: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
An: »Minh«
[email protected] Die rechtsstaatlichen Abläufe können wir nicht ändern. Es nützt Ihnen nichts, wenn wir Zusagen geben, die nicht einzuhalten sind. Wir versichern Ihnen, dass wir Sie sehr ernst nehmen und Ihnen nichts vormachen. Deshalb wollen wir Ihnen unsere Befürchtung nicht verschweigen, dass die politischen Entscheidungsträger kaum zu Zugeständnissen bereit sein werden, wenn kein aktuelles Lebenszeichen von den Geiseln vorliegt. Lassen Sie sie mit uns telefonieren!
Von: »Minh«
[email protected] An: »Krisenstab«
[email protected]/pesaro
Als Erster wird Ispettore Russo hingerichtet werden. Vielleicht schaffen Sie es in dreißig Stunden wenigstens, seine Familie darauf vorzubereiten.
Zu zweit hätten sie sich Montesecco aufteilen können. Dann wäre es schneller gegangen, aber Ivan hatte sich zu sehr in den Vordergrund gespielt. Deshalb schien es den Garzones unauffälliger, wenn Marta allein von Haus zu Haus ging. Sie klopfte an den Türen und ließ sich trotz ihrer Eile hereinbitten. Die Medienleute, die auf der Suche nach Berichtenswertem durch die Gassen streunten, mussten nicht mitbekommen, dass eine Dorfversammlung einberufen wurde. Im Laufe der nächsten Stunde sollten sich alle in der Bar einfinden. Man müsse etwas tun.
Marta schärfte ihnen ein, einzeln zu erscheinen und den Seiteneingang zu den privaten Wohnräumen der Garzoneszu benutzen. Von dort führte eine interne Verbindung über die Küche zum Gastraum der Bar. Die Haupttür zur Piazzetta hin blieb verschlossen. Um 16 Uhr waren nicht alle da, aber viele. Sogar die Sgreccias, die seit dem Streit um Benitos Erbe auf Ivan Garzone nicht besonders gut zu sprechen waren. Marisa Curzio hatte Catia Vannoni mit sanfter Gewalt mitgeschleppt. Auch Milena Angiolini saß in einer Ecke, obwohl sie nicht