Die Augen
von hier gefunden haben.«
Jennifer nickte. »Ja. Dieser David Robson könnte etwas gesehen haben. Wahrscheinlich nicht, aber wir gehen jeder Spur nach.«
Mit einem Nicken in Richtung des Frauenschlafsaals sagte Nancy Frasier: »Unsere weibliche Kundschaft hat sich in den letzten paar Wochen mehr als verdoppelt. Gibt eine Menge verängstigter Frauen da draußen. Und sogar die Männer sind nervös, würde ich sagen. Hören Sie, ich werde mich mal umhören, okay? Manche reden vielleicht mit mir, während sie Ihnen gegenüber keinen Pieps sagen würden. Wenn ich irgendetwas über diesen Mann herausfinde, rufe ich Sie an.«
»Danke.« Jennifer ging hinaus zu ihrem Auto. Wie stets deprimierten sie die obdachlosen, entwurzelten oder schlicht geistig beschränkten Menschen, von denen die meisten gewiss Besseres verdient hatten als ein schmales Bett in einem Raum voller Fremder.
Sie schloss ihr Auto auf und sah dabei geistesabwesend zum Asyl hinüber, wo eine Gruppe bärtiger Männer in alten Armeejacken vor der Tür stand und rauchte. Sie verzog das Gesicht, als einer der Männer sich bückte, eine weggeworfene Zigarette vom Gehsteig aufhob und das Filterende ohne zu zögern zwischen die Lippen steckte.
Erst da merkte sie, dass sie sich den Nacken rieb. Sie hielt inne und wurde sich eines Kribbelns, eines gewissen Unbehagens bewusst. Den Kopf nur so viel als nötig drehend, ließ sie ihren Blick über ihre Umgebung schweifen und versuchte zu entdecken, was ihre Instinkte da in Alarmzustand versetzt hatte.
Es waren nicht viele Menschen zu sehen, sie befanden sich sämtlich im näheren Umkreis des Obdachlosenasyls und stellten ihrer Meinung nach keine Bedrohung dar. Ein feuchtkalter Wind war aufgekommen. Jennifer hörte, wie er den Müll im Rinnstein auf der anderen Straßenseite vor sich hertrieb und an einem losen Straßenschild rüttelte.
Doch soweit sie feststellen konnte, war da sonst nichts. Nichts, was ihr solches Unbehagen bereiten könnte.
»Du siehst schon Gespenster, Seaton«, murmelte sie.
Sie stieg ein und verriegelte sofort die Türen. Dann saß sie eine Weile einfach nur da. Sie war müde und mehr als nur ein wenig entnervt, als sie merkte, dass ihre Gedanken sich unwillkürlich um Terry drehten. Sie sah auf die Uhr, schwankte ganz kurz, was sie tun sollte, dann fluchte sie leise und ließ den Wagen an, um zur Wache zurückzufahren. Später, dachte sie. Später wäre auch noch Zeit für Terry.
»Das klingt nach Tara Jameson«, berichtete Andy. »Den Beschreibungen und dem Foto nach zu urteilen, die wir haben, ist sie sehr zart gebaut, beinahe kindlich. Dunkle Haare, lang und glatt. Mandelförmige Augen, hohe Wangenknochen, sinnlicher Mund.«
»Sind Sie immer noch in der Wohnung?« John hatte Andy auf dessen Handy angerufen.
»Ja.«
»Und?«
»Die Spurensicherung hat ein paar menschliche Haare in der Wäscherutsche aufgestöbert, Sie beide hatten also vermutlich Recht damit, dass er sie auf diesem Wege in den Keller befördert hat. Und dann hat er sie, wie es aussieht, durch einen Lieferanteneingang aus dem Haus geschafft, der eigentlich fest verschlossen sein sollte. Er wurde nicht aufgebrochen, sondern von jemandem geknackt, der wusste, was er tat. Wir wissen immer noch nicht, wie der Dreckskerl es geschafft hat, den Überwachungskameras zu entgehen, aber meine Leute sehen sich sämtliche Filme an und überprüfen den Computer, der die Elektronik hier im Haus kontrolliert. Ihre Wohnungstür wurde nicht aufgebrochen, die Alarmanlage der Wohnung wurde mit ihrem eigenen Code abgeschaltet – alles nichts Ungewöhnliches für unseren Mann.«
»Haben Sie irgendwas darüber herausfinden können, wer die Lösegeldforderung an Mitchell geschickt hat?«
»Bis jetzt nicht.« Andy senkte die Stimme. »Wenn Ihr FBI-Kumpel also irgendwas findet, lassen Sie es mich fix wissen.«
»Werde ich.«
Als er sein Handy zuklappte und in die Tasche gleiten ließ, sagte Maggie mit fester Stimme: »Sie ist es, stimmt’s? Das Bild zeigt Tara Jameson.«
John drehte sich auf der Couch zu ihr um. Sie saß zusammengekauert am anderen Ende. »Der Beschreibung nach, die Andy mir gegeben hat, ja.«
Sie atmete tief durch, lehnte den Kopf an die Rückenlehne und sah ihn an. »Ich dachte, es wäre Samantha.«
»Nein, sie ist es eindeutig nicht. Und jetzt, wo Sie das wissen, glauben Sie da immer noch, dass Samantha tot ist?«
»Ja.« Maggie zögerte keinen Augenblick.
John versuchte sein Möglichstes, das zu begreifen,
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