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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Plastik übertragen hatte, auf einen Schirm warf. Auf diese Weise konnten viele Jahrgänge einer Zeitung, die ansonsten einen ganzen Raum gefüllt hätten, in einen kleinen Karteikasten komprimiert werden, den man bequem in einer Hand tragen konnte.
    Indem man zwei kleine Regler betätigte, konnte man den Glasträger, auf dem die Mikrofiches ruhten, bewegen und so beliebig durch die Hunderte von Seiten streifen, die auf dem Plastikstück festgehalten waren. Wenn man eine Seite gefunden hatte, die man behalten wollte, mußte man nur einen Knopf drücken, und der Inhalt des Bildschirms wurde mittels eines Fotokopierprozesses auf ein Blatt gewöhnliches Papier übertragen.
    Ich vermute, es lag an der mechanischen Natur des gesamten Ablaufs – auch wenn die Maschine eindeutig mit elektrischem Strom betrieben wurde –, daß mir das Gerät so gefiel. Wenn man die Mikrofiches gegen das Licht hielt, konnte man die winzigen Umrisse der Zeitungen ausmachen und ohne sonderliche Mühe die größeren Schlagzeilen und Fotos an den schwarzen und grauen Blöcken, die sie auf dem weißen Untergrund bildeten, erkennen. Mit anderen Worten, es war offensichtlich, daß die Informationen tatsächlich physisch vorhanden waren, wenngleich auch in mikroskopisch verkleinerter Form, nicht aufgelöst in Ziffern oder Magnetstreifen, die man auf ein Band oder eine kleine braune Scheibe gepackt hatte und die ohne den Einsatz einer Maschine gänzlich unlesbar waren.
    Die Mikrofiches konnten vermutlich ohne das Gerät benutzt werden, wenn man eine starke Lampe und ein sehr starkes Vergrößerungsglas hatte, und das definierte für mich die Grenze annehmbarer Technologie; Luskentyrianer hegen traditionell einen beinahe instinktiven Argwohn gegenüber Dingen, die sich damit brüsten, nur wenige oder gar keine beweglichen Teile zu besitzen. In der Regel ergibt sich daraus eine Unvereinbarkeit zwischen uns und jeglicher Form von Elektronik, doch dieses Gerät schien gerade noch so eben akzeptabel. Ich war überzeugt, es hätte Bruder Indra gut gefallen. Wieder kam mir Allan in den Sinn, wie er im Abstellraum des Büros das tragbare Telefon benutzte, und ich merkte, wie ich mit den Zähnen knirschte, während ich die uralten Schlagzeilen las, zu deren Studium ich hierhergekommen war.
    Ich schaute alte Ausgaben schottischer und britischer Zeitungen aus dem Jahr 1948 durch. Ich hatte einen kurzen Blick auf ein oder zwei Ausgaben aus den frühen Monaten jenes Jahres geworfen, doch nun konzentrierte ich mich auf die zweite Hälfte des Jahres. Ich war nicht ganz sicher, was ich zu finden hoffte; ich suchte nach irgend etwas, das mir ins Auge stach.
    Ich saß allein am Gerät, nachdem ich Bruder Topec mit der Aufgabe betraut hatte herauszufinden, wie man an Informationen über einen ehemaligen Angehörigen der British Army herankommen könnte; er hatte mich von einem Rekrutierungsbüro in der Sauchiehall Street zur Mitchell Library dirigiert. Ich hatte ihn in der Schlange dort stehen lassen; ich hoffte nur, daß er nicht aus Versehen eingezogen wurde, obgleich er mit seinen Ohrringen vermutlich nicht gefährdet war.
    Mir stand eine große Auswahl an Zeitungen zur Verfügung: The Herald, Scotsman, Courier, Dispatch, Mirror, Evening Times, Times, Sketch… Ich begann mit dem Scotsman, allein aus dem Grunde, daß es die Zeitung war, die Mr. Warriston kaufte, und ich bei meinem ersten Besuch in seinem Haus in Dunblane heimlich ein paar Seiten davon gelesen hatte.
    Ich fand Schlagzeilen über das Attentat auf Ghandi, die Gründung des Staates Israel, die Berliner Luftbrücke, Harry S. Trumans Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, die Gründung der beiden koreanischen Republiken, die erste Nachkriegs-Olympiade in London, die fortgesetzte Rationierung in Großbritannien und die Abdankung von Königin Wilhelmina in Holland.
    Ich suchte nach Schiffsunglücken, Banküberfällen, ungeklärten Vermißtenfällen, Leuten, die von Truppenschiffen über Bord gespült worden oder von Army-Stützpunkten verschwunden waren. Nach einem kurzen Blick durch eine Auswahl von Monaten beschloß ich, meine Suche erst einmal auf den September 1948 zu beschränken, denn ich nahm an, das, wonach ich suchte, sei wahrscheinlich in jenem Monat geschehen. Ich war ohne Erfolg bei der letzten Septemberausgabe des Scotsman angelangt, als Topec in der Nische auf der oberen Galerie auftauchte, wo das Mikrofiche-Lesegerät stand.
    »Glück gehabt?« fragte ich.
    Er ließ sich keuchend auf

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