Die Ausgelieferten
fünfhundert Deutschen in Ränneslätt mit ihrem Hungerstreik, der noch mit einem Verbot, Wasser zu trinken, verschärft wurde. Bei der Nachricht, dass im deutschen Lager von Ränneslätt aktive Widerstandsmaßnahmen ergriffen worden waren, um die Auslieferung zu verhindern, leiteten auch die anderen Lager der Deutschen in Schweden »aus Solidarität« eine ähnliche Aktion ein. In den Lagern von Backamo, Grunnebo und Rinkaby wurden ebenfalls Hungerstreiks ausgerufen. Rund dreitausend Lagerinsassen befanden sich jetzt im Hungerstreik und bereiteten auch noch andere Widerstandsaktionen vor.
In einer Zeugenaussage stellte der deutsche Lagerinsasse Hans-Heinrich Peters fest, dass die schwedischen Zeitungen »unzweifelhaft eine moralische Stütze waren, und das um so mehr, als die Deutschen gewöhnt waren, Zeitungsartikel für behördlich genehmigt zu halten«. Man hatte im Lager der Deutschen die Meinungsstürme in der Presse verfolgt und geglaubt, sie entsprächen der Haltung der Regierung: »Eine mehr oder weniger offizielle Stellungnahme, die als starke Stütze empfunden wurde.«
Die »Mitteilung des Verteidigungsstabes«, die den Deutschen die Möglichkeit gab, sich über Protestbewegungen und Hungerstreiks frei zu informieren, liegt heute bei den Geheimakten, lässt sich also nicht einsehen. An dieses Schreiben knüpfen sich einige offene Fragen, die bedeutungslos und fast anekdotisch sind. Wer hat dieses Schreiben abgeschickt? Welches Motiv lag dem Entschluss zugrunde, es abzuschicken?
Am Sonntag, dem 25. November, und am Montag, dem 26., besuchte der Chef der Dienststelle für die Angelegenheiten der Internierten, Oberstleutnant Leuhusen, das Lager von Ränneslätt. Die Situation schien außerordentlich labil, die Gefühle schienen gespannt zu sein. Am Montagabend fuhr er wieder nach Stockholm. Er war unglaublich müde und glaubte zu wissen, dass alles bald zu einem blutigen Chaos, einem Schlachthaus, werden würde.
Er ging ins Außenministerium und sprach mit Staatssekretär Westman. Dieser stand in seinem Salon und lauschte dem Bericht Leuhusens; nach kurzer Zeit wurde er unruhig, lief auf und ab, nervös die Hände ringend.
– Es besteht keine Gefahr, sagte Westman anschließend. Dies ist ein Sturm im Wasserglas.
Er lief ständig auf und ab, es war Dienstag, morgens, er war offensichtlich nervös.
Eine Stunde später wohnte Leuhusen einer Konferenz im Amtszimmer Möllers hei. Erlander war anwesend, ebenso Folke Bernadotte. Sie besprachen die Lage. Es kam zu einem Krach. Man diskutierte über die Deutschen. Neuer Krach.
Im Augenblick schienen alle eine dünne Haut zu haben und fast hysterisch zu sein.
Dienstagabend, der 27. November. Gegen 20 Uhr traf der Chef des Verteidigungsstabs, General Ehrensvärd, zusammen mit Eije Mossberg im Kanzleihaus ein, um den Zivilisten unter den staatlichen Zeugen und Beobachtern Instruktionen und Direktiven zu geben. Diese Männer sollten die Räumung der Lager überwachen. Ehrensvärd hatte zu dieser Vorsichtsmaßnahme die Initiative ergriffen: »Wenn irgendwas passiert, heißt es wieder, diese verdammten Offiziere seien an allem schuld.« Etwa zwanzig Personen waren im Raum versammelt. In die Sitzung platzte ein Saaldiener, der Ehrensvärd einen Zettel übergab. Ehrensvärd unterbrach seinen Vortrag, warf einen Blick auf den Zettel und las dann den Inhalt des Papiers vor. Die Lager der Deutschen in Backarno und Grunnebo hatten sich inzwischen dem Hungerstreik der anderen angeschlossen. »Große Empörung, beinahe Hysterie, unter den Internierten.« Dies würde eine denkwürdige Räumung der Lager geben, das war offenkundig.
Die Beobachter fuhren noch am selben Abend mit Nachtzügen zu den Lagern.
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Nein, es heißt bestimmt nicht übertreiben, wenn man sagt, dass es die Kirche und die Männer der Kirche waren, die hinter dem Widerstand gegen die Auslieferung standen.
John Cullberg, Interview vom 19.12.1967
Aus Anlass des Beschlusses über die Auslieferung der Balten wollen wir unsere Gemeinden auffordern, diese Menschen bei den Sonntagsgottesdiensten in die Fürbitten mit einzubeziehen. Beten wir dafür, dass die Gesetze der Liebe und der Gerechtigkeit nicht verletzt werden mögen und dass diese schwierige Frage einer guten Lösung zugeführt werde.
Veröffentlichter Aufruf des freikirchlichen Aktionskomitees
Der Offizier, mit dem AT gesprochen hat, erklärte kurz und bündig, dass Eksjö auf dem besten Wege sei, zu einem weltpolitischen Sturmzentrum zu
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