Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
nickte. »Durchaus möglich. In Anbetracht der Tatsache, dass ich hier wohne.«
Ich musste unweigerlich grinsen und rannte nach unten, um nach June zu sehen, achtete aber darauf, dass Henry mir nicht folgte. Als ich in der Küche ankam, war ich wieder unsichtbar. Zum Glück lernte ich langsam, wie ich die Sache kontrollieren konnte. Obwohl das bei einer derart feuchtfröhlichen Party eigentlich nicht so wichtig war. Die würden mich wahrscheinlich bloà für einen Partygag halten, wenn ich so abwechselnd auftauchte und verschwand.
Die Küche war voller Leute und ich hatte schnell gerafft, dass hier gerade eine alkoholisierte Version von »Wahrheit oder Pflicht« gespielt wurde, mit Blake und Mariah im Zentrum der Aufmerksamkeit. Klar, weil diese Beziehung echtes Potenzial hatte. Ich fühlte mich zwar leicht benebelt, war aber ganz bestimmt nüchtern genug, um mich von diesem Spiel fernzuhalten, bei dem Ãrger vorprogrammiert war.
Stattdessen versuchte ich June ausfindig zu machen, was mir aber nicht gelang. Vielleicht war sie ja rausgegangen. Gerade wollte ich sie suchen gehen, als ich Mariah aufkreischen hörte. »Henryyyyy! Da ist ja mein Bruderherz! Henry, Wahrheit oder Pflicht!«
Ich fuhr herum und sah, wie Henry gerade unsere roten Becher entsorgen wollte. Natürlich in den Recycling-Sack. Undenkbar, dass ein Fitzelchen Müll in seinem geleckten Zimmer zurückblieb. Bei dem Gekreische seiner Schwester guckte er halb genervt, halb gequält und warf die Becher so heftig in den Plastiksack, dass ich dachte, sie würden ihm gleich wieder entgegenfliegen.
»Wahrheit oder Pflicht?«, kreischte Mariah wieder. »Okay, dann entscheide ich eben für dich! Wahrheit!« Dann nahm sie einen tiefen Zug von etwas, das definitiv kein Bier war, hickste und wischte sich mit der Hand den Mund ab.
Die Frau war echt ein Ereignis.
»Wahrheit!«, rief sie wieder. »Die Tussi, der du ständig Nachhilfe gibst, willst du die vögeln?« Dabei kicherte sie hysterisch und auf einmal starrten alle zu Henry hin.
Mich inbegriffen.
Ich spürte, wie mein Herz auf einmal sehr schaukelnde Dinge tat, und war mir nicht sicher, ob das am Bier lag oder am guten, alten Adrenalin, das gerade daran arbeitete, mir den Magen umzudrehen. Einerseits wünschte ich mir inständig, nicht hier zu sein, aber gehen wollte ich auch nicht. Inzwischen stand ich direkt neben Henry, und zwar so nahe, dass ich praktisch seine Wimpern hätte zählen können, ohne dass er eine Ahnung davon hatte.
So wie alle anderen.
»Los, raus mit der Wahrheit!«, quiekte Mariah.
Henry schluckte schwer, und sein Blick wurde ganz grau und kalt. »Wie kommstân darauf? Die doch nicht.« Und dann verschwand er nach oben.
Ich war auf einmal sehr froh, unsichtbar zu sein. Denn wenn ich es nicht gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich angefangen zu heulen. Aber andererseits, wenn Henry mich gesehen hätte, wüsste ich jetzt nicht, was er in Wirklichkeit für ein Mistkerl ist. Jetzt war ich wenigstens im Bilde.
SchlieÃlich hatte er es direkt vor meinen Augen gesagt.
Ich meine, das soll jetzt nicht heiÃen, dass ich vorgehabt hatte, mit diesem Deppen Kinder zu machen, aber war es wirklich nötig, das so krass auszudrücken? Als ob ihn schon alleine der Gedanke an mich krank macht?
Im Wohnzimmer waren ein paar Jungs damit beschäftigt, Wodka einzuschenken, und ich schlenderte zu ihnen hinüber. Da kam June, die von meiner Anwesenheit nicht mal was ahnte, an mir vorbeigeschossen und schrie Mariah an. »Was hab ich verpasst? Was hab ich verpasst?« Ich pirschte ihr hinterher und tauchte wieder auf, als wir durch die Tür kamen. Es war haargenau so, wie ich es vermutet hatte: Die waren alle so breit und das Haus so rappelvoll, dass ich unsichtbar blieb, obwohl sie mich eigentlich sehen konnten.
Kein Mensch nahm mich wahr.
Kapitel 15
» Das ist ja wohlân Witz. «
June
Also ich muss ja sagen, dass die Party echt toll war, aber irgendwie hab ich trotzdem die ganze Zeit auf was Besonderes gewartet.
Also, versteht mich jetzt nicht falsch. Es war absolut hammermäÃig, nur eben nicht so ganz das, was ich erwartet hatte. Bei den Partyszenen im Film passiert ja ständig irgendwas Tolles, spontane Tanzeinlagen beispielsweise, oder einer der Anwesenden ist so betrunken, dass die anderen beschlieÃen, ihm den Kopf zu rasieren oder so was. Jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher