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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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er vorsichtig den glitschigen Abhang hinunterging und die weißgekleideten Kriminaltechniker erblickte, die sich langsam und gebeugt im Licht der Scheinwerfer bewegten, kam ihm die Assoziation, dass hier gerade eine Filmszene gedreht wurde. Der Anblick des verdrehten Frauenkörpers, der am Seeufer zwischen den verblichenen Brennnesseln lag – das Gesicht im Wasser, als sei sie, kurz bevor sie gestorben war, dort hingekrochen, um einen Schluck zu trinken –, verstärkte diesen Eindruck.
    Nina Jebsen kam zu ihm und reichte ihm ein Paar blaue Schuhüberzieher. Er bemerkte, dass sie ihre Uniform trug und ihr Atem nach Tabak roch. Vor ein paar Wochen hatte sie verkündet, dass sie nun endgültig mit dem Rauchen aufgehört habe.
    »Cecilie Davidsen«, sagte Viken. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    »Ja, vieles deutet darauf hin. Haarfarbe und Körperbau passen. Und auch ihre Kleider stimmen mit der uns vorliegenden Beschreibung überein.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Ein Paar, das auf dem Weg nach Hause war. Ziemlich heruntergekommene Typen. Sie werden gerade auf dem Revier in Majorstua vernommen.«
    »Ist einer von uns mit dabei?«
    »Arve hat die Leitung übernommen. Sigge wird gegen sechs Uhr dazustoßen.«
    Viken ging zu der Toten und richtete seine Taschenlampe auf sie. Die Jacke war zerfetzt, ihr Rücken entblößt. Eine breite Kratzspur verlief in fünf parallelen Linien von den Rippen bis zum Hals hinauf.
    »Das darf doch nicht …«, murmelte er vor sich hin. »Wie ist das möglich?« In seinem Bauch begann es zu grummeln. Er suchte in seiner Tasche nach Magentabletten, hatte aber offenbar keine dabei.
    »Die Kratzspuren scheinen dieselben wie bei der Toten im Wald zu sein«, bemerkte Nina, die hinter ihm stand.
    Als er sich aufrichtete und ein paar Schritte zurücktrat, spürte er etwas Weiches unter seiner Sohle. Er leuchtete nach unten. Nicht nur der Plastiküberzug, sondern auch die Spitze seiner blank geputzten Schuhe waren von frischem Kot bedeckt. Er stieß einen Fluch aus und sah sich nach etwas um, womit er seinen Schuh abwischen konnte.
    »Die Techniker haben Spuren entdeckt«, erklärte Nina.
    Ihre Stimme war so krampfhaft um Ruhe bemüht, dass er sofort herumfuhr.
    »Spuren?«
    Sie deutete auf die weißgekleideten Männer, die ein paar Meter weiter am Ufer in die Hocke gegangen waren. Viken war sofort bei ihnen. Der Abdruck im aufgeweichten Untergrund war ungefähr so groß wie ein Kinderfuß, doch sehr viel breiter und wies deutliche Spuren von Krallen auf. Er kannte sich mit Tierabdrücken nicht besonders gut aus, hegte jedoch keinen Zweifel, dass diese mit den Spuren übereinstimmten, die sie neulich in der Nordmarka entdeckt hatten. Er öffnete den Mund, doch was er sagen wollte, steckte irgendwo fest.
    Die Techniker leuchteten am Ufer entlang.
    »Hier sind noch weitere Tierspuren. Sie scheinen im Wasser zu verschwinden.«
    Vikens rumorender Magen geriet zunehmend in Aufruhr. Er blickte zur Kante des Abhangs hinauf. Hörte Stimmengewirr, vereinzelte Rufe. Ein Automotor wurde angelassen. Vielleicht hatten sie das, was hier gesprochen wurde, mit ihren hochsensiblen Mikrophonen aufgefangen. Der Hubschrauber flog jetzt tiefer und kreiste am dunklen Himmel wie ein riesiger Vogel. Er versuchte sich die Reaktionen vorzustellen, falls sich ihr Verdacht bestätigte. Das würde einen Orkan auslösen, ein Erdbeben. Er schluckte den sauren Geschmack hinunter, der ihm in die Kehle geschossen war.

26
    A ls Nina Jebsen ihren Bericht beendet hatte, öffnete gerade die Kantine. Sie würde noch genug Zeit haben, sich ein Sandwich und ein Mineralwasser zu holen, bevor die Besprechung begann. Sie nahm sich ihr Frühstück mit ins Büro, das sie sich mit Sigmundur Helgarsson teilte. Aus irgendeinem Grund war ihr Kollege auch heute verspätet, doch hatte sie nichts dagegen, noch ein bisschen ungestört zu sein. Sie wickelte das Sandwich aus, klappte es auf und entfernte die Mayonnaise. Ein wenig blieb davon am Salat hängen, doch sie hatte jetzt keine Zeit, auf die Toilette zu gehen, um ihn abzuwaschen.
    Kauend las sie ihren Bericht ein weiteres Mal. Erst jetzt schien sie richtig zu begreifen, was sie letzte Nacht im Frognerpark gesehen hatte. Sie schob das angebissene Sandwich zur Seite, nahm einen Schluck vom Mineralwasser mit dem ekelhaften Himbeergeschmack und öffnete die Onlineausgabe von Aftenposten . Die Headline lautete: »Tote Frau aufgefunden.« Dann schaute sie nach, was VG geschrieben

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