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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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küsste seinen Nabel.
    »Manchmal muss man Dinge auch ruhen lassen, Axel. Wenn wir unser Leben dazu benutzen würden, ständig alte Leichen auszugraben, hätten wir keine Kraft mehr für andere Dinge.«
    Er drehte sich auf die Seite und stand auf. Hob seine Boxershorts vom Boden auf und zog sie an.
    »Willst du jetzt gehen?«
    Er hörte ihrer Stimme an, was sie im Sinn gehabt hatte.
    »Meine Blase ist so groß wie eine Gebärmutter im neunten Monat«, entgegnete er mit schwachem Lächeln. »Kurz bevor die Fruchtblase platzt.«
    »Du hast nicht vergessen, dass wir heute Abend eingeladen sind?«
    Er gab ein Stöhnen von sich.
    »Hab ich mir’s doch gedacht«, meinte sie verärgert.

    Eine Mail von Daniel. Normalerweise schrieb er jede Woche, doch jetzt hatten sie länger nichts mehr von ihm gehört. Unter anderen Umständen hätte Axel sich Sorgen um seinen zweiundzwanzigjährigen Sohn gemacht, der sich allein in New York aufhielt, allerdings war er in den letzten Tagen mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. Als er die Mail öffnete, spürte er plötzlich die Sehnsucht nach Daniel in sich aufsteigen. Wenn er nicht aufpasste, würde sie eine Lawine auslösen.
    Daniel hatte am Tag zuvor sein Examen in Volkswirtschaft abgelegt und in den letzten Wochen fast rund um die Uhr gebüffelt. Ein weiteres Mal versicherte er, dass New York zurzeit eine der sichersten Städte der Welt sei – im Gegensatz zu Oslo:
    »Zur Abwechslung wurde in der New York Times über einen Vorfall in Norwegen berichtet. Es war eine große Reportage über die beiden Morde in Oslo. Die Leute bei euch haben offenbar Angst, dass sich plötzlich ein wilder Bär in der Fußgängerzone tummelt. Habe in keiner norwegischen Internetausgabe einen Artikel gefunden, der das Gegenteil behaupten würde. Was ist bloß los bei euch? Dem NYT -Artikel zufolge herrscht in Oslo eine geradezu mittelalterliche Stimmung. Eine allgegenwärtige Angst, in dunklen Gassen von wilden Tieren angefallen zu werden. Angeblich trauen sich viele gar nicht mehr aus dem Haus (ist das wirklich wahr?). Der Journalist schreibt auch, dass ihm Oslo wie eine Stadt vorkommt, deren Befestigungsmauern man nie hätte einreißen sollen. Eine bessere Reklame gibt es doch gar nicht. Bald werdet ihr von Touristen überschwemmt werden, die etwas Exotischem und Primitivem in der Seele einer modernen Großstadt nachspüren wollen. Ich kann meinen Kommilitonen gar nicht oft genug versichern, dass es bei uns zu Hause elektrischen Strom, ja sogar Fernsehen gibt, und vor allem – was für die Amis besonders wichtig ist – Toiletten mit Wasserspülung.«

    Bie hatte die Familie zum Mittagessen um sich versammelt. Es gab Baguette aus dem Backofen und gekochte Eier.
    »Hast du heute Abend schon was vor?«, fragte Axel Tom, als sein Sohn endlich auftauchte.
    »Weiß nicht, vielleicht gehe ich zu Findus.«
    »Wollt ihr üben?«
    Tom zuckte die Schultern.
    »Willst du mich nicht fragen?«, beschwerte sich Marlen und setzte Kassiopeia neben ihrem Teller ab. Kopf und Füße der Schildkröte verschwanden lautlos unter dem Panzer.
    »Aber natürlich. Was machst du heute Abend, Marlen?«
    Sie hob ihren Kopf.
    »Sag ich nicht.«
    Axel gab nicht auf.
    »Jetzt komm schon.«
    »Jedenfalls nichts, was du zu wissen brauchst«, sagte sie beleidigt und nieste über ihrem Teller.
    Ihr Ton war so frech, dass Axel sie schon darauf hinweisen wollte. Doch in diesem Moment nieste sie erneut, diesmal in eine Serviette, die ihr Bie blitzschnell unter die Nase hielt. Als sie sich wieder beruhigt hatte, erklärte sie:
    »Niesen ist doch das Schönste, was es gibt. Als würde man mit einer Rakete davonfliegen. Es kitzelt, und dann ist man plötzlich weg. Ist das eigentlich gefährlich?«
    »Das solltest du einen Arzt fragen«, empfahl Bie.
    »Nein, das ist nicht gefährlich«, beruhigte sie ihr Vater. »Solange du wieder auf die Erde zurückkommst.«

37
    B ie blieb in der Halle stehen und unterhielt sich mit dem Jubilar, während Axel von der Gastgeberin die mit Plüschteppich ausgelegte Treppe hinaufgeführt wurde. Als er den großen Salon betrat, erblickte er sofort Ingrid Brodahl und ihren Mann. Sie standen zu zweit am Kamin, während sich die anderen Gäste zu kleinen Gruppen formiert hatten. Ingrid Brodahl, die sich schluchzend an seinen Arm geklammert hatte. Erneut sah er die Bilder der Unglücksnacht vor sich. Und das Gefühl der Hilflosigkeit, das ihn so befangen gemacht hatte. Als er die beiden am Kamin stehen sah,

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