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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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bloß verarscht?« Sie schnappte sich die Absinth-Flasche, die auf dem Tisch stand, und fuchtelte damit so heftig in der Luft herum, dass sie den Boden mit der smaragdgrünen Flüssigkeit voll spritzte. Die Mädchen blickten sie überrascht an. »Das alles ist doch nur ein idiotischer Witz – rafft ihr das denn nicht? Und zwar ein Witz auf eure Kosten.« Sie hielt einen Augenblick schwankend inne und schien überrascht, dass sie überhaupt auf den Beinen stehen konnte. »Ihr … also ihr …« Sie trat einen Schritt zurück, verlor fast das Gleichgewicht und streckte eine Hand aus, um sich irgendwo festzuhalten. » O … « Plötzlich verstummte sie, holte tief Luft und blickte hilflos um sich. »Jack?«
    »Ja, komm schon.«
    »Ich möchte nach …« Sie stand torkelnd da und fing an zu weinen. »Ich möchte nach Hause.«
    Irgendwie gelang es ihm, sie ohne größeres Aufsehen aus dem Club hinauszuschaffen. Als sie draußen die frische Nachtluft einatmete, kehrten ihre Lebensgeister allmählich wieder zurück. Sie ließ sich von ihm zu dem Jaguar bringen, wo er sie auf den Beifahrersitz verfrachtete und anschnallte. »Ich möchte nach Hause.«
    »Schon gut.« Er zog sie auf dem Sitz in die Senkrechte, schob ihre schlenkernden Arme in den Wagen, wo sie auf ihrem Schoß liegen blieben, während ihr Kopf gegen das Seitenfenster sank. Als sie schweigend durch Dulwich fuhren, sah er sie von Zeit zu Zeit besorgt von der Seite an und überlegte, warum sie es zugelassen hatte, dass dieser Schwätzer sich derart auf ihre Kosten hatte profilieren können. Normalerweise war Rebecca nämlich von einem immensen Überlebenswillen beseelt. Das war das Erste gewesen, was ihm an ihr aufgefallen war – was ihn zugleich wahnsinnig angezogen und abgestoßen hatte. Deshalb erschien es ihm irgendwie unbegreiflich, dass sie jetzt so völlig hilf- und würdelos neben ihm auf dem Sitz hing. Im Licht der entgegenkommenden Autos wirkte ihr Gesicht grau, ihr Mund fast blau.
    In Dulwich mussten sie an einer Ampel halten – direkt neben einem weißen Holzhaus, das auch in Pennsylvania in einem Amish-Dorf hätte stehen können. Er streckte die Hand aus, um ihren Kopf zu berühren, um ihr kurz geschorenes, widerborstiges Haar zu streicheln. »Rebecca? Wie geht es dir?«
    Sie öffnete die Augen und beglückte ihn mit einem benebelten Lächeln. »Hallo, Jack«, murmelte sie. »Ich liebe dich.«
    Er lächelte. »Alles in Ordnung?« Ihr Mund war nur ein dünner violetter Strich. »Alles okay?«
    »Nein.« Ihre Hände lagen willenlos auf ihrem Schoß. Sie zitterte am ganzen Körper. »Nein, überhaupt nicht.«
    »Was ist denn los?« Sie suchte nach dem Türgriff, und ihre Beine fingen plötzlich an zu zucken. »Becky?« Doch bevor er an den Straßenrand fahren konnte, streckte sie den Kopf bereits aus der Tür und erbrach sich auf den Asphalt.
    »Oh, mein Gott, Becky.« Caffery streichelte mit einer Hand ihren Rücken, beobachtete im Rückspiegel den Verkehr und hielt gleichzeitig nach einer Möglichkeit Ausschau, irgendwo auf dem Seitenstreifen zu parken. Rebecca zitterte am ganzen Körper und fing an zu weinen. Während sie sich mit der einen Hand den Mund abwischte, versuchte sie mit der anderen, die Tür zuzuziehen.
    »Tut mir Leid, tut mir so Leid …«
    »Ist schon gut. Augenblick noch, Moment …«
    Die Ampel schaltete auf Grün, und er zog an den übrigen Autos vorbei, um auf dem Seitenstreifen anzuhalten. Rebecca ließ sich schluchzend in ihrem Sitz zurücksinken und presste die Hand vor den Mund. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er sie zuletzt hatte weinen sehen.
    »Ist nicht so schlimm, Süße...« Er versuchte, sie an sich zu ziehen, doch sie stieß ihn weg.
    »Nein – fass mich nicht an, ich bin schrecklich.«
    »Becky?«
    »Ich hab Heroin genommen.«
    »Was?«
    »Ja, Heroin.«
    »Um Gottes willen.« Er seufzte, ließ sich auf dem Sitz zurücksinken und starrte zur Decke hinauf. »Wann?«
    »Weiß ich nicht mehr genau – vielleicht vor’n paar Stunden …«
    »Und wieso ?«
    »Ich …« Sie sah ihn an, und er fragte sich plötzlich, warum ihm ihre glasigen Pupillen nicht schon vorher aufgefallen waren. »Ich wollte es einfach mal probieren.«
    »Musst du denn alles ausprobieren? Jede gottverdammte Scheiße?«
    Sie wischte sich den Mund ab und saß schweigend da. Die Fahrer der anderen Autos fuhren langsamer, um zu sehen, was in dem Jaguar vor sich ging – ob der Mann und die Frau in dem Wagen sich stritten. Er lehnte sich zu

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