Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
Prompt begannen die Lemminge im Saal nervös zu tuscheln und zu scharren.
Die Richterin knallte ihren Hammer aufs Pult. Eigentlich eine läppische Geste angesichts der Situation, doch der Knall durchschnitt den aufgeregten Lärm der Leute. »Bewahren Sie bitte Ruhe. In wenigen Sekunden springt die Notbeleuchtung an.«
Perry war im Zeugenstand. Gerade hatte ihn der Staatsanwalt befragt. Jetzt legte er die Hände auf das Holzgeländer.
Er fühlte sich wie unter Starkstrom. Er konnte hier hocken bleiben, bis sich die Lichter wieder einschalteten, und weiter aussagen in der Hoffnung, dass der Staatsanwalt genug Einfluss besaß, um den Bewährungsausschuss zu einer früheren Freilassung zu überreden. Er konnte schön brav in seine knapp zwei Meter breite Zelle im Nordblock von San Quentin zurückkehren und ergeben abwarten, ob es die Gesetzeshüter gut mit ihm meinten.
Oder auch nicht. Er schloss die Augen, um sich den Grundriss des Gerichtssaals zu vergegenwärtigen. Richterpult, Reportersitz, Geschworenenbank. Die Plätze der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, die Schranke und der Gang durch die Galerie gleich dahinter.
Dann die Tür.
Perry öffnete die Augen. Er schlüpfte seitlich aus dem Zeugenstand und schlängelte sich lautlos durch den Gerichtssaal.
Erneut ließ die Richterin den Hammer niedersausen. »Alle bleiben auf ihren Plätzen. Gerichtsdiener, bewachen Sie bitte den Gefangenen.«
Niemand schenkte ihr Beachtung. Hinter einer Gruppe von Anwälten verließ er den Raum.
»Auf drei.«
Jo und Gabe zählten und wuchteten den ramponierten Vitrinenschrank im Flur wieder in die Senkrechte, während Sophie ihnen mit der Taschenlampe leuchtete. Jo spulte lange Streifen Packband herunter und riss sie mit den Zähnen ab, um die Türen zu verschließen. Das Kojotengeheul der Alarmanlagen war nervenaufreibend. Durch das Erkerfenster war ein Stadtviertel zu erkennen, das in frühere Zeiten zurückgefallen war. Überall hinter den Scheiben glomm der anachronistisch bernsteinfarbene Schein von Kerzen.
Sie holte den Besen und machte sich daran, die Glas- und Porzellanscherben aufzukehren. Gabe stakste durch die Zimmer und zündete Kerzen an. Dabei hielt er sich das Handy ans Ohr, um seine Staffel zu erreichen. Schließlich gab er auf.
»Die Leitungen spielen verrückt.«
Jo deutete auf ihr Festnetztelefon. »Probier’s mal damit.«
Sophie stand verloren mit ihrer Taschenlampe in der Küchentür.
Jo stellte den Besen weg. »Wollten wir nicht gerade ein Kostüm für dich holen?«
Steif wie eine Puppe zuckte Sophie die Achseln. Ihre braunen Augen schimmerten groß und dunkel. In ihrem Gesicht spiegelte sich große Anspannung, wie von einem zu straff gezogenen Stahlkabel, das bei starkem Wind ein Schiff sichern soll. Jo wurde traurig. Sie fand es bedrückend, wenn ein Kind so von Angst gequält wurde.
Sie warf die Schulter nach vorn, sodass der Zombie-Arm herumschwang. »Da lang. Willst du ein langsamer Zombie vom alten Schlag sein oder lieber ein schneller von der neuen Sorte?«
»Weiß nicht.«
Jo stieg die Treppe hinauf, und Sophie folgte ihr zögernd.
Oben war ein Fenster zerschlagen. Im hinteren Ende des Gangs reckte sich ihnen ein Ast der Nachbareiche entgegen. Das ganze Haus roch nach Staub und Holz. Unter ihren Füßen knirschte Glas. Sophie schreckte davor zurück, als sie hinüber zu Jos Zimmer gingen.
»Wie wär’s mit einem SpongeBob-Zombie?« Womit hatte Sophie gleich wieder gespielt? »Oder einem Bratz-Zombie?«
»Vielleicht.« Ein winziges Lächeln erschien auf den Lippen der Kleinen. »Daddy mag Bratz nicht.«
»Dann bist du noch schrecklicher für ihn.«
Als sie zehn Minuten später hinunterkamen, hatte Gabe den Wasserkessel aufgesetzt. Über die Arbeitsplatte gebeugt, sprach er in das Festnetztelefon und machte sich Notizen auf einem Block.
Jo stieß ein schauerliches Stöhnen aus. »Sergeant Quintana.«
Er blickte auf. Sophie streckte die Arme gerade von sich wie eine Puppe und kippte den Kopf zur Seite. »Daddy, ich will einkaufen.« Ihre Stimme war ein gruslig schrilles Zombie-Quieken.
Er unterdrückte ein Lächeln und hob abwehrend die Hände. »Nein, bitte nicht. Komm mir ja nicht zu nah.«
Mit steifen Beinen wankte Sophie durch die Küche auf ihn zu. Sie trug ein Sammelsurium von Modekatastrophen, die Jo aus ihrem Schrank exhumiert hatte, unter anderem ein funkelndes Elastantop, das sie am Saum zerrissen hatte. Außerdem hatte sie der Kleinen das Haar bis zum
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