Die Berufung
ersten Spot stand Fisk neben einem Bürgerkriegsdenkmal auf dem Schlachtfeld von Vicksburg und starrte vor sich hin, als würde er in der Ferne Kanonen donnern hören. Im Off war seine warme, dunkle Stimme zu hören: »Ich bin Ron Fisk. Hier an dieser Stelle wurde im Juli 1863 mein Ururgroßvater getötet. Er war Anwalt, Richter und Mitglied der Legislative des Staates. Er hat immer davon geträumt, dem Supreme Court anzugehören. Das ist auch mein Traum. Ich bin Bürger Mississippis in der siebten Generation, und ich bitte Sie um Ihre Unterstützung.«
Tony war überrascht. »Der Bürgerkrieg?«
»Aber ja. Das zieht immer.«
»Was ist mit den Stimmen der Schwarzen?«
»Wir bekommen dreißig Prozent schwarze Stimmen, von den Kirchen. Mehr brauchen wir nicht.«
Der nächste Spot war in Rons Büro gedreht worden. Ohne Jackett, mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, Schreibtisch dekorativ unaufgeräumt. Ron sah mit ernstem Blick in die Kamera und redete über seine Liebe zu Jura, das Streben nach Wahrheit, die Forderung nach Gerechtigkeit von denen, die auf der Richterbank saßen. Es war ein ziemlich langweiliger Spot, aber Ron wirkte warmherzig und intelligent.
Insgesamt waren es sechs Spots. »Nur die Imagespots«, versicherte Barry. Einige würden den Schnitt nicht überleben, und die Chance war ziemlich groß, dass die Filmcrew ein zweites Mal nach Mississippi musste, um mehr Material zu drehen.
»Was ist mit den aggressiven Spots?«, fragte Tony.
»Die werden gerade geschrieben. Wir brauchen sie erst nach Labor Day.«
»Wie viel haben wir bis jetzt ausgegeben?«
»Eine Viertelmillion. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein.«
Danach verbrachten sie zwei Stunden mit einem Internetberater, dessen Firma nichts anderes tat, als Geld für politische Zwecke aufzubringen. Bis jetzt hatte er eine Datenbank mit E-Mail-Adressen zusammengetragen, die vierzigtausend Namen enthielt - Personen, von denen bekannt war, dass sie Spenden gaben, Mitglieder der Berufs- und Wirtschaftsverbände, von denen sie bereits unterstützt wurden, bekannte politische Aktivisten auf regionaler Ebene und eine geringere Anzahl von Leuten, die zwar nicht in Mississippi wohnten, der Sache aber so wohlwollend gegenüberstanden, dass sie einen Scheck ausstellen würden. Der Berater ging davon aus, dass die Liste noch um weitere zehntausend Namen wachsen würde, und projizierte eine Gesamtsumme an Spenden, die irgendwo im Bereich von einer halben Million Dollar lag. Das Wichtigste aber war, dass seine Liste fertig war. Wenn der Startschuss gegeben wurde, drückte er einfach auf eine Taste. Dann gingen die E-Mails mit den Spendenaufforderungen raus, und die Schecks kamen rein.
Der Startschuss war das wichtigste Thema bei einem langen Abendessen am gleichen Tag. Der letzte Termin für die Bekanntgabe einer Kandidatur war in einem Monat. Trotz der üblichen Gerüchte war Tony fest davon überzeugt, dass sich kein Kandidat mehr zur Wahl stellen würde. »An dem Rennen nehmen nur drei Pferde teil«, sagte er. »Und zwei davon gehören uns.«
»Was macht McCarthy?«, erkundigte sich Barry. Er bekam täglich Berichte über sie, doch bis jetzt war nichts Weltbewegendes über sie aufgedeckt worden.
»Nicht viel. Sie scheint unter Schock zu stehen. Die ganze Zeit steht sie allein zur Wahl, und dann taucht von einem Tag auf den anderen ein übergeschnappter Cowboy namens Coley auf und nennt sie eine Liberale, die Kriminelle verhätschelt, und die Zeitungen drucken auch noch alles, was er sagt. Ich bin sicher, dass sie ein paar gute Ratschläge von McElwayne bekommt, aber sie muss erst noch das Team für ihren Wahlkampf zusammenstellen.«
»Ist sie schon beim Spendensammeln?«
»Die Prozessanwälte haben letzte Woche eine ihrer Standard-E-Mails losgelassen, in der sie ihre Mitglieder ziemlich panisch um Spenden bitten. Ich habe keine Ahnung, was es gebracht hat.«
»Sex?«
»Nur der obligatorische Freund. Sie haben den Bericht gesehen. Bis jetzt haben wir noch keinen richtigen Dreck aufwühlen können.«
Kurz nachdem sie die zweite Flasche des ausgezeichneten Pinot noir aus Oregon geöffnet hatten, beschlossen sie, Fisks Kandidatur in zwei Wochen bekannt zu geben. Der Junge war so weit und zerrte schon an der Leine. Es war alles geregelt worden. Er nahm in der Kanzlei sechs Monate Urlaub, und seine Partner waren glücklich und zufrieden. Das war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Sie hatten gerade fünf neue Mandanten bekommen - zwei große
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