Die bestellte Braut
wieder in Gefahr zu sehen.“ Inzwischen liefen Finney ungehindert die Tränen übers Gesicht. Sie war nicht gerade stolz darauf, aber was zu viel war, war einfach zu viel.
Luke fuhr sich mit der Hand über die Stirn und sah mit einem Mal sehr gequält aus. Er hatte die letzten Tage nur an Jim, an die vielen toten Männer, an die dunklen Stunden in der verschütteten Mine gedacht, wo er halb unter dem Einsturz begraben war, bis Josh ihn da raus geholt hatte. Er hatte nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass diejenigen, die hier in der Stadt gewesen waren, vielleicht genauso viel Leid gesehen hatten. Und das Finney dort an vorderster Front gestanden haben musste. Für einen Moment war er versucht sie in den Arm zu nehmen. Am Ende drückte er nur kurz ihre Hand und sagte leise: „Es tut mir leid. Alles.“ Und damit legte er sich zurück ins Bett, zog die Decke wieder über sich und schloss die Augen.
Indes war auch Charles Sullivan in Green Hollow angekommen, der zuallererst Doc Dave einen Besuch abstattete. Die beiden Männer unterhielten sich kurz über Lukes Zustand und dann bot der alte Dave seinem Freund an ihn zum Gemstone zu begleiten, wo man den ältesten Sullivan-Bruder belassen hatte, um ihn wegen seiner Kopfverletzung nicht mehr als nötig bewegen zu müssen. Die beiden Männer waren gerade vor dem Saloon angekommen als Charles Sullivan eine etwas seltsame Begrüßung zu Teil wurde. Vom Himmel herab flatterte ein schmutziges kariertes Hemd und legte sich genau über seinen Kopf. Verblüfft riss er es sich vom Haupt und starrte verwirrt um sich. Es waren eine dunkle Arbeitshose, ein Unterhemd sowie Unterhosen und ein Cowboy-Hut gefolgt, die sich nun auf der Straße verteilten. Und die Kleidungsstücke kamen ihm ausnahmslos bekannt vor. Doc Dave sah mindestens genauso verwirrt wie Charles aus. „Was geht denn hier vor?“, fragte er, doch Mr. Sullivan hatte sich inzwischen gefangen und einen Reim auf die Geschichte gemacht.
„Ich fürchte, mein Sohn treibt gerade Deine Krankenschwester in den Wahnsinn. Luke kann nichts tun einfach nicht ertragen und ist einer der unleidlichsten Kranken, die ich kenne. Wahrscheinlich hat er sich in den Kopf gesetzt aufstehen zu wollen. Wir sollten dringend nach ihm sehen.“
Auf Doc Daves Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. Eilends sammelten die beiden Männer die Kleidungsstücke ein und stürmten dann die Treppen zum Krankenzimmer hinauf.
„Luke, Du wirst Dich augenblicklich wieder...“ Mit diesen Worten stürmte Charles Sullivan in das Zimmer, aber er brach mitten im Satz ab. Wider Erwarten bot sich ihm ein recht friedvolles Bild. Sein ältester Sohn lag brav im Bett und Miss Finney saß auf einem Stuhl am Fenster. Mr. Sullivans prüfendem Blick entging natürlich nicht, wie gerötet ihre Augen waren, doch er beschloss kein Wort darüber zu verlieren.
Luke hatte sich inzwischen halb aufgerichtet und lächelte seinen Vater etwas schief an. „Dad, wie geht es Josh?“, war das Erste, was er fragte. Auch Finney erhob sich jetzt, um den Gast zu begrüßen und wurde wieder etwas lebhafter, da auch sie dringend wissen wollte, wie es um Lukes Bruder stand.
Erleichtert darüber, dass sein Ältester schon wieder halbwegs auf dem Damm war, gab Charles Sullivan einen zufriedenstellenden Bericht über Josh. Der hatte heute zum ersten Mal wieder sein Bett verlassen hatte und sich lediglich über die Tatsache mokiert, dass er sechs Wochen seinen gebrochenen Arm still halten sollte.
Doc Dave machte sich inzwischen daran Luke noch einmal zu untersuchen und kam zu dem Ergebnis, dass der junge Mann in ein paar Tagen auf die Ranch zurückkehren könne. Sofern er nicht dorthin ritt und versprechen würde, sich die nächsten zwei Wochen zu schonen und nicht zu arbeiten. Unter dem gestrengen Blick seines Vaters stimmte er zähneknirschend zu und nachdem Mr. Sullivan sich bei Finney für ihre Pflege und ihre Geduld Luke gegenüber bedankt hatte, verabschiedeten der Arzt und seine Krankenschwester sich, um Vater und Sohn etwas Zeit für sich zu geben.
Kaum hatte sich die Tür hinter den beiden geschlossen, fragte Charles Sullivan schon: „Wieso hat Miss Finney sich gezwungen gesehen Deine Sachen aus dem Fenster zu werfen?“
Etwas zerknirscht berichtete Luke von dem kleinen Zwischenfall und bat anschließend seinen Vater doch auf dem Rückweg nochmal bei den McAbbertys vorbeizuschauen und dem alten Dave einen Wink zu geben, dass Finney dringend etwas Ruhe bräuchte. Sein
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