Die bestellte Braut
Vater hielt das zwar für überflüssig, versprach seinem Sohn aber nochmal mit dem Arzt zu sprechen.
Dann musste Mr. Sullivan Rede und Antwort darüber stehen, was die anderen Brüder so trieben. Im Gegenzug verlangte Charles von seinem Sohn alles über den Mineneinsturz zu hören. Luke wiegelte zwar zuerst ab und meinte, es wäre nicht der Rede wert, aber sein Vater gab nicht nach. Er kannte seinen Ältesten gut genug und ihm war klar, dass die Stunden unter dem Geröllhaufen in der Mine selbst Luke geängstigt haben mussten, da er nicht wissen konnte, ob Hilfe kommen würde. Erst als Luke sich alles von der Seele geredet hatte, Albträume erwähnte, die er seit dem Unglück hatte und still ein paar widerwillige Tränen um seinen besten Freund geweint hatte, ließ Charles ihn wieder in Ruhe. Seiner Meinung nach war es wichtig gewesen, dass Luke all das wenigstens einmal aussprach.
Danach saß Mr. Sullivan lange schweigend am Bett seines Sohnes, bis Luke schließlich von selbst wieder das Wort ergriff. Er hatte die Augen geschlossen und ein Arm lag über ihnen, als wolle er um jeden Preis verhindern seinen alten Herren ansehen zu müssen.
„Dad, ich habe einen Fehler gemacht. Das mit Mary-Sue...“ Luke brach mitten im Satz ab, aber Charles Sullivan antwortete nicht, sondern wartete. Nach einiger Zeit sprach sein Sohn endlich weiter.
„Ich habe nie aufgehört Finney zu lieben. Ich war lediglich wütend und beleidigt, dass sie mich zurückgewiesen hatte. Wenn ich es mir jetzt überlege, kann ich sie allerdings ganz gut verstehen. Ich hab mich wie ein Trottel benommen.“
Unwillkürlich musste Charles grinsen, denn er konnte sich nicht erinnern, wann Luke schon einmal freiwillig einen Fehler zugegeben hatte.
„Und dann Mary-Sue. Meine Güte, wenn sie sich diesmal Hoffnungen macht, dass ich sie heiraten will, dann hat sie auch allen Grund dazu, so wie ich mich ihr gegenüber benommen hab. Ich wollte mich lediglich von Finney ablenken und hab dabei gar nicht gemerkt, dass ich es viel zu weit treibe. Ich werde Mary-Sue fragen müssen, was sie von mir erwartet...“
Charles war froh, dass Luke wenigstens nicht gleich auf die Idee verfallen war, dass er Mary-Sue jetzt auch noch einen Heiratsantrag machen müsste. Für eine Weile herrschte wieder Schweigen in der Dachkammer, in die nicht mal die Geräusche des Saloons herauf drangen.
Mr. Sullivan war sich ziemlich sicher, dass Mary-Sue Luke genauso wenig echte Gefühle entgegenbrachte wie er ihr. Hätte diese Frau auch nur einen Funken Liebe für seinen Sohn verspürt, dann hätte sie einen Dreck auf ihren Ruf gegeben und wenigstens einmal persönlich einen Besuch im Gemstone gemacht. Das Oberhaupt der Sullivan-Familie hatte eine Menge Lebenserfahrung und er hatte nicht vor seinen schönen Familienfrieden und die Ruhe, die sie auf der Ranch genossen, von einer Person wie Mary-Sue Brandon stören zu lassen.
„Ich hab mich wie ein Grünschnabel benommen und nicht wie ein erwachsener Mann“, stöhnte Luke auf einmal gequält. Dass sein Vater darüber herzlich lachte, half ihm nicht gerade.
„Ja, das hast Du in der Tat, mein Sohn. Aber gerade wenn wir lieben, benehmen wir uns alle wie kleine Kinder. In ein paar Tagen kommst Du nach Hause und dann werden wir diesen Schlamassel klären.“ Mit einem spitzfindigen Lächeln fuhr Charles fort: „Übrigens werden wir einen neuen Zuchtbullen für die Rinderherde brauchen. Sobald es Dir gut genug geht, wirst Du für eine Weile nach Colorado Springs reiten und Dich dort gründlich nach einem umsehen. Ich schätze, Du wirst etwa einen Monat weg sein.“
Jetzt endlich nahm Luke den Arm vom Gesicht und richtete sich etwas auf, um seinen Vater ansehen zu können. „Ich bin ein erwachsener Mann und ich werde zu dem Mist stehen, den ich mir da mit Mary-Sue eingebrockt habe. Ich werde nicht einfach davonlaufen und hoffen, dass die Zeit mein Problem löst.“
Mit etwas Ähnlichem hatte Mr. Sullivan schon gerechnet und irgendwie wäre er auch enttäuscht gewesen, wenn sein Sohn ohne Protest den einfachen Weg gewählt hätte. Aber er hatte auch nicht vor dabei zuzusehen, wie Luke sich aus einem übertriebenen Ehr- oder Pflichtgefühl heraus unglücklich machte. Damit war nie jemanden geholfen. Also setzte er jetzt seine gestrenge Miene auf, um sich etwas über Luke zu beugen.
„Mein lieber Sohn, ich bin immer noch Dein Vater und solange Du die Füße unter meinen Tisch steckst, wirst Du tun, worum ich Dich bitte! Wir
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