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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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Dach eine Lücke klafft, möchte ich mich am liebsten übergeben. Trotzdem raffe ich mich auf und stolpere auf die gegenüberliegende Seite des Waggons, wo sich die anderen Fraktionswechsler bereits in einer Reihe aufgestellt haben.
    » Wenn die das machen, müssen wir es auch«, sagt ein Candor-Mädchen. Sie hat eine große Nase und schiefe Zähne.
    » Na großartig«, antwortet ein Junge aus ihrer Fraktion. » Als würde es irgendeinen Sinn machen, von einem Zug auf ein Dach zu springen, Molly. Wie verrückt ist das denn?«
    » Darauf haben wir uns nun mal eingelassen, Peter«, erklärt ihm das Mädchen.
    » Ich mache das garantiert nicht«, sagt ein Amite-Junge hinter mir. Seine Haut ist gebräunt und er trägt ein weißes Hemd– er ist als Einziger von den Amite zu den Ferox gewechselt. Auf seinen Wangen glitzern Tränen.
    » Du musst«, sagt Christina, » oder du bist durchgefallen. Nur Mut, es wird schon klappen.«
    » Nein, wird es nicht. Ich bin lieber fraktionslos als tot!« Der Amite-Junge schüttelt den Kopf. Er klingt panisch. Er schüttelt immer nur weiter den Kopf und starrt auf das Dach, das mit jeder Sekunde näher kommt.
    Ich empfinde das anders als er. Ich wäre lieber tot als so verloren wie jene, die keiner Fraktion angehören.
    » Du kannst ihn nicht zwingen«, sage ich zu Christina. Ihre braunen Augen sind weit aufgerissen, und sie beißt die Lippen so fest zusammen, dass alle Farbe aus ihnen weicht.
    Sie gibt mir ihre Hand. » Komm.«
    Mit einem Stirnrunzeln will ich ihr gerade erklären, dass ich keine Hilfe brauche, aber dann sagt sie: » Ich schaffe es nicht… wenn mich keiner mitzieht.«
    Ich ergreife ihre Hand und wir stellen uns an die geöffnete Waggontür. Als unser Wagen an dem Dach vorbeifährt, zähle ich laut: » Eins… zwei… drei!«
    Bei drei springen wir aus dem Eisenbahnwaggon. Einen Augenblick lang werden wir schwerelos durch die Luft katapultiert, dann schlagen meine Füße auf festen Boden auf und ein wilder Schmerz rast durch meine Beine.
    Der Aufprall ist so hart, dass ich der Länge nach hinfalle und mit dem Gesicht nach unten auf dem Schotter liegen bleibe. Ich lasse Christinas Hand los. Sie lacht.
    » Das hat Spaß gemacht«, sagt sie.
    Ja, Christina passt gut zu den Ferox, die immer auf der Suche nach neuem Nervenkitzel sind. Ich wische mir die Steinchen aus dem Gesicht. Alle Neulinge haben es mit unterschiedlichem Erfolg bis aufs Dach geschafft, nur der Amite-Junge nicht . Molly, das Candor-Mädchen mit den schiefen Zähnen, hält sich stöhnend den Fußknöchel, Peter, der dunkelhaarige Candor-Junge, lächelt stolz– wahrscheinlich ist er aufrecht auf seinen Füßen gelandet.
    Plötzlich höre ich einen lauten Schrei. Suchend blicke ich mich um. Ein Ferox-Mädchen steht am Rand des Dachs, starrt in die Tiefe und schluchzt. Hinter ihr steht ein Ferox-Junge und hält sie an der Taille fest, damit sie nicht abstürzt.
    » Rita«, sagt er. » Beruhige dich, Rita…«
    Ich spähe über den Dachrand. Unten auf dem Gehweg liegt jemand, ein Mädchen, die Arme und Beine grausig verdreht, das Haar wie ein Fächer um den Kopf ausgebreitet. Mein Magen krampft sich zusammen, ich drehe den Kopf weg. Nicht alle haben es geschafft. Nicht einmal die Ferox sind dagegen gefeit.
    Rita fällt auf die Knie und weint. Ich wende mich ab. Je länger ich hinschaue, desto mehr ist mir nach Heulen zumute, und ich darf doch vor all diesen Leuten nicht weinen.
    So ist es hier eben, ermahne ich mich streng . Wir nehmen Gefahren auf uns und dabei können wir sterben. Menschen sterben und wir nehmen neue Gefahren auf uns. Je eher ich mir das zu eigen mache, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Initiation überstehe.
    Dabei bin ich nicht mal sicher, dass ich die Initiation über leben werde.
    Ich werde jetzt bis drei zählen und dann werde ich mich abwenden. Eins. Ich denke an das Mädchen, das auf dem Gehweg liegt, und mich überläuft es kalt. Zwei. Ich höre, wie Rita schluchzt und der Junge hinter ihr leise auf sie einredet. Drei.
    Mit zusammengepressten Lippen entferne ich mich von Rita und der Dachkante.
    Ich verspüre einen stechenden Schmerz in meinem Ellbogen. Als ich den Ärmel hochschiebe, zittert meine Hand. Die Haut ist aufgeschürft, aber es blutet nicht.
    » Unerhört!Eine Stiff lässt nackte Haut sehen!« Stiff ist ein Schimpfwort für die Altruan, und ich bin die Einzige hier. Peter zeigt feixend auf mich. Ich höre Gelächter. Mit hochrotem Gesicht streife ich

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