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Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung

Titel: Die Bestimmung - Roth, V: Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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führt uns durch ein Labyrinth von Gängen, ohne zu verraten, wohin es geht. Ich weiß nicht, wieso sich ein Anführer der Ferox um die Initianten kümmert, aber vielleicht ist es ja nur für heute Abend.
    Am Ende eines Gangs brennt eine blaue Lampe, aber dazwischen ist es dunkel, und ich muss höllisch aufpassen, dass ich auf dem holprigen Untergrund nicht stolpere. Christina geht stumm neben mir her. Niemand hat gesagt, dass wir still sein sollen, aber keiner von uns spricht ein Wort.
    Vor einer Holztür bleibt Eric stehen und verschränkt die Arme. Wir stellen uns im Kreis um ihn auf.
    » Für alle, die mich nicht kennen, ich heiße Eric«, sagt er. » Ich bin einer der fünf Anführer der Ferox. Wir nehmen die Initiation sehr ernst, deshalb habe ich mich freiwillig bereit erklärt, den größten Teil eurer Ausbildung persönlich zu überwachen.«
    Bei dem Gedanken wird mir schlecht. Schon allein die Tatsache, dass ein Anführer der Ferox unsere Ausbildung leitet, ist schlimm genug, aber dass es ausgerechnet Eric sein muss, macht alles noch viel schlimmer.
    » Zuerst ein paar Grundregeln«, sagt er. » Pünktlich um acht Uhr morgens findet ihr euch im Übungsraum ein. Training ist täglich von acht bis sechs, zum Mittagessen gibt’s eine Pause. Nach sechs könnt ihr tun, was ihr wollt. Und auch zwischen den Initiationsphasen habt ihr etwas Freizeit.«
    Die Worte » Nach sechs könnt ihr tun, was ihr wollt« setzen sich in meinem Kopf fest. Zu Hause konnte ich nie tun, was ich wollte, weder abends noch sonst irgendwann. Ich musste immer zuerst an meine Mitmenschen denken. Woher um alles in der Welt soll ich wissen, was ich tun will?
    » Das Gelände dürft ihr nur in Begleitung eines Ferox verlassen«, ergänzt Eric. » Hinter dieser Tür ist der Raum, in dem ihr die nächsten Wochen schlafen werdet. Wie ihr feststellen werdet, stehen darin zehn Betten, ihr seid aber nur neun. Wir dachten eigentlich, es würden mehr bis hierher schaffen.«
    » Aber wir waren am Anfang sogar zwölf«, widerspricht Christina sofort. Ich kneife die Augen zu und warte auf den Rüffel. Sie muss wirklich lernen, den Mund zu halten.
    » Es gibt immer mindestens einen, der es nicht bis hierher schafft«, erklärt Eric und zupft an seiner Nagelhaut. Schulterzuckend sagt er: » Wie auch immer, die erste Initiationsphase absolvieren die Neulinge aus anderen Fraktionen und unsere eigenen Initianten getrennt voneinander. Aber das bedeutet nicht, dass ihr separat beurteilt werdet. Am Ende der Ausbildung wird euer Ranking im direkten Vergleich mit den Ferox-Initianten festgelegt. Und die sind schon jetzt viel besser als ihr. Deshalb gehe ich davon aus, dass…«
    » Ein Ranking? «, unterbricht ihn die braunhaarige Ken. » Wozu das denn?«
    Eric lächelt, und in dem blauen Licht wirkt sein Lächeln noch fieser– wie eine ins Gesicht geritzte Fratze.
    » Das hat zwei Gründe«, erwidert er. » Zum einen bestimmt es die Reihenfolge, in der ihr nach der Initiation eure Jobs auswählt. Und lasst euch gesagt sein, es gibt nicht allzu viele erstrebenswerte Jobs.«
    Mein Magen krampft sich zusammen. Erics Grinsen verrät mir, dass gleich noch etwas Schlimmeres hinterherkommen wird. Genau dasselbe Gefühl hatte ich, als ich den Raum für den Eignungstest betrat.
    » Der zweite Grund«, fährt Eric ungerührt fort, » ist der, dass nur die besten zehn Initianten Mitglieder unserer Fraktion werden.«
    Seine Worte stoßen wie ein brutaler Messerstoß in meinen Magen. Wir alle stehen da wie stumme Ölgötzen. Dann sagt Christina: » Wie bitte?«
    » Es gibt elf Ferox-Anfänger und ihr seid zu neunt«, erklärt Eric. » Am Ende der ersten Initiationsphase fliegen vier raus. Weitere sechs scheiden nach dem abschließenden Test aus.«
    Das heißt also, selbst wenn wir es durch alle Phasen der Initiation schaffen, werden sechs von uns trotzdem nicht aufgenommen werden. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Christina mich anblickt, aber ich schaue nicht hin, sondern konzentriere mich auf das, was Eric sagt.
    Meine Chancen als Kleinste und noch dazu als Einzige von den Altruan stehen nicht gerade gut, so viel steht fest.
    » Und was passiert, wenn wir rausfliegen?«, fragt Peter.
    » Ihr müsst das Gelände verlassen und seid fraktionslos«, antwortet Eric kalt.
    Das Mädchen mit den mattbraunen Haaren presst die Hand vor den Mund und unterdrückt ein Schluchzen. Ich muss an den fraktionslosen Mann mit den gelben Zähnen denken, der mir die Tüte mit den

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