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Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2

Titel: Die Bestimmung - Toedliche Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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Reihe von Unbestimmten, die vor den Aufzugtüren sitzt. Ein Candor-Junge, der nicht älter als elf Jahre sein kann, sitzt zu meiner Linken. Er ist mutiger als die Frau rechts von mir– er begegnet dem Blick des Soldaten vor ihm, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Einatmen, ausatmen. Das Blut fließt jetzt in meine Arme und Beine– das Herz ist wirklich ein kräftiger Muskel. Was die Ausdauer betrifft, ist es der stärkste Muskel im ganzen Körper. Noch mehr Ferox finden sich bei den Aufzügen ein, sie berichten, wie sie dieses oder jenes Stockwerk unter ihre Kontrolle gebracht haben.
    Hunderte von Menschen liegen bewusstlos auf dem Boden, getroffen nicht von Pistolenkugeln, sondern von irgendetwas anderem. Und ich habe nicht die leiseste Ahnung, was das alles zu bedeuten hat.
    Aber ich denke nur an das Herz. Nicht mehr an mein Herz, sondern an Erics. Daran, wie hohl und leer seine Brust klingen wird, wenn sein Herz nicht mehr schlägt. Obwohl ich ihn abgrundtief hasse, will ich ihn nicht wirklich umbringen. Zumindest nicht mit einem Messer, da ich dann aus nächster Nähe sehen kann, wie das Leben aus ihm schwindet. Aber das ist meine einzige Möglichkeit, jetzt noch etwas Nützliches zu tun. Und wenn ich die Ken dort treffen will, wo es wehtut, dann muss ich ihnen einen ihrer Anführer nehmen.
    Mir fällt auf, dass bisher niemand das Candor-Mädchen, das ich gewarnt habe, zu den Aufzügen gebracht hat. Sie ist also entkommen. Wenigstens etwas.
    Eric verschränkt die Hände hinter dem Rücken und beginnt, vor der Reihe von Unbestimmten auf und ab zu laufen.
    » Ich habe Befehl, nur zwei von euch zu Versuchszwecken in das Hauptquartier der Ken mitzunehmen«, sagt Eric. » Die übrigen werden hingerichtet. Es gibt mehrere Möglichkeiten herauszufinden, wer von euch für uns am wenigsten nützlich ist.«
    Als er sich mir nähert, werden seine Schritte langsamer. Ich spanne meine Finger an, bereit, den Messergriff zu packen, aber Eric kommt nicht nahe genug an mich heran. Er geht an mir vorbei und bleibt links von mir, direkt vor dem kleinen Jungen, stehen.
    » Die Entwicklung des Gehirns ist erst im Alter von fünfundzwanzig Jahren abgeschlossen«, sagt Eric. » Deshalb ist deine Unbestimmtheit noch nicht voll ausgeprägt.«
    Er hebt seine Pistole und feuert.
    Ein erstickter Schrei bahnt sich seinen Weg aus meinem Inneren, als ich mit ansehen muss, wie der Junge zu Boden sackt. Ich mache meine Augen fest zu. Jeder Muskel in mir wartet darauf, in Aktion zu treten, ich muss mich mit aller Kraft zurückhalten. Warte noch, warte noch, warte noch.
    Ich darf jetzt nicht an den Jungen denken. Warte noch. Ich zwinge mich, meine Augen zu öffnen und die Tränen wegzublinzeln.
    Mein Schrei hat wenigstens etwas bewirkt, Eric baut sich nun lächelnd vor mir auf. Ich habe seine Aufmerksamkeit auf mich gelenkt.
    » Du bist auch noch ziemlich jung«, sagt er. » Deine Entwicklung ist noch nicht einmal ansatzweise abgeschlossen.«
    Er macht einen Schritt auf mich zu. Ich schiebe meine Fingerspitzen näher an den Messergriff.
    » Die Unbestimmten kommen meist auf zwei Ergebnisse im Eignungstest. Manche kommen nur auf eines. Noch nie hat jemand drei Ergebnisse erzielt– nicht etwa, weil sich niemand für drei Fraktionen eignet, sondern weil man sich weigern muss, zwischen den verschiedenen Optionen im Test zu wählen. Nur dann erreicht man dieses Ergebnis«, sagt er und kommt immer näher heran. Ich lege den Kopf in den Nacken, damit ich ihm ins Gesicht sehen kann– mein Blick fällt auf das ganze Metall, das in seinem Gesicht aufblitzt, und ich schaue in seine harten Augen.
    » Meine Vorgesetzten vermuten, dass du nur zwei Ergebnisse hattest, Tris«, sagt er. » Sie bezweifeln, dass du so vielschichtig bist– sie denken, du bist zu gleichen Teilen Altruan und Ferox– selbstlos bis zur Blödheit. Oder eher mutig bis zur Dummheit?«
    Ich schließe die Finger um den Griff des Messers. Eric beugt sich zu mir.
    » Nur unter uns… ich glaube, dass du vielleicht doch für drei Fraktionen geeignet warst. Es sieht dir und deinem Dickschädel ähnlich, eine Entscheidung zu verweigern, nur weil man dir gesagt hat, dass du dich entscheiden musst. Also? Möchtest du mich nicht aufklären?«
    Ich werfe mich nach vorn und ziehe dabei meine Hand aus der Tasche. Ich schließe die Augen, als ich die Klinge nach oben reiße und auf ihn einsteche. Ich will sein Blut nicht sehen.
    Ich spüre, wie das Messer in seinen Körper dringt, dann ziehe ich es

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