Die Besucher
des Eifelturms und des Atomiums von der Brüsseler Weltausstellung 1958 liegen. Zwanzigstes Jahrhundert. Das Adam-Bernau-Museum. Üblicherweise pflegen die Besucher diesen Teil des Geländes von einer Seilbahnkabine aus zu besichtigen. Wer würde denn hier zu Fuß herumlaufen? Nur ein Vollidiot.« »Und wir.«
»Ich habe den Eindruck, dieser Philipp will uns einem Psychotest unterziehen.« Die langbeinige Tiersprachenforscherin trug heute einen Sari mit Kolibrimuster. Sie kannte den Akademiker Philipp besser als Kane und Doktor Michell: »Test der Anpassungsfähigkeit unter ungewöhnlichen Bedingungen« würde er die Prüfung nennen, der sie sich gerade unterziehen mußten.
Emilia versuchte sich also anzupassen. Den Sümpfen auszuweichen, die Mammutfallen zu vermeiden. Als erste entdeckte sie auch, hinter den Behausungen der Jäger der jüngeren Steinzeit, in der Ferne die Silhouetten von Notre Dame und des Kremls, die typischen Türme der Prager Burg und des Tadsch Mahal. Schließlich erschien jenseits der vor dem Untergang geretteten Stadt Venedig mit den schwarzen Schatten der Gondeln auf dem Canale Grande auch eine Leuchttafel als Wegweiser. Der Pfeil über den Buchstaben »20. Jahrhundert« wies nach Süden. Automatisch setzten sich auch die schnellaufenden Rollsteige in Bewegung. Aus der Luft ertönten die Stimmen unsichtbarer Fremdenführer: »Ende der Manufakturperiode...«
»...das Zeitalter der Elektrizität...«
»...die Kinderjahre der Luftfahrt...«
»...das Luftschiff...«
»...rechts der Eiffelturm...«
»...der erste Satellit...«
»...links die Grundschule des Städtchens Kamenice, die in den Jahren 1979 bis...«
»Wir nähern uns jetzt dem Geburtshaus...«
Das Geburtshaus des Genies der Wende des 20. Jahrhunderts war pietätvoll von einer Glasglocke bedeckt. In den Strahlen der Sonne glitzerten die Buchstaben: »Adam-Bernau-Museum«. Plötzlich seufzte jemand, und sein Seufzer wurde von den Lautsprechern in alle Windrichtungen des Spiel-, Unterhaltungs- und Lehrparks getragen. »Diesfer Aufzug ist schon wieder hängengeblieben! Fahren Sie mit dem Lastenaufzug runter! So eine Sauarbeit!«
7. Mit dem Lastenaufzug in die Vergangenheit
Knarrend fuhr der Lastenaufzug in die Tiefe. Die Wände des Schachts strahlten ein rosarotes Licht aus. Unter der »Käseglocke« roch alles nach Pfefferminzbonbons. Im Geburtshaus Adam Bernaus hatte man nämlich seit Jahren jede Schulklasse, die zur Besichtigung kam, zur Erinnerung an jenes jugendliche Genie mit einer Tüte solcher Bonbons begrüßt.
»Wir nannten diese Bonbons >Frische Brise im Mund<«, bemerkte unerwartet Doktor Michell in nostalgischem Ton. »Ich war damals neun Jahre alt. Seither hab’ ich nie mehr etwas so Leckeres gekostet.«
»Er wird auch Geige spielen und singen«, verkündete Emilia. »Und er hatte einen Köter, der war so groß wie ein Eisbär, und ich war damals erst acht Jahre alt...« Sie sprach nicht weiter. Gerührt verließ sie den Lastenaufzug und fuhr die Rolltreppe hinab in einen halbdunklen Raum, wo bunte Lichter blinkten. Gelbe Dreiecke, rote Vierecke, grüne Pfeile. Der Techniker Kane ging in die angezeigte Richtung. Im nächsten Augenblick stieß er mit dem Fuß an ein Hindernis. Aus einem Lautsprecher über seinem Kopf sagte eine Frauenstimme warnend: »Blumen pflücken verboten! Bitte in der Richtung der Besichtigung weitergehen. Nichts berühren! ...Liebe Kinder! Wir begrüßen euch im Geburtshaus Adam Bernaus, des Genies der Jahrtausendwende, jenes Mannes, dessen wissenschaftliches Werk...« (Ein seltsames Gekrächze und Geknatter unterbrach die Stimme vom Tonband.) »...auch unsere Epoche, die von den Dichtern unserer Zeit das Goldene Zeitalter genannt zu werden pflegt...« (Wiederum diese entsetzlichen Störgeräusche.) »Dieses Haus wurde in den ersten Jahren des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts aus dem böhmischen Städtchen Kamenice, wo man damals gerade das erste experimentelle Terminodrom für Raum- und Zeitsprünge erbaut hatte, hierher, in unseren Spiel-, Unterhaltungs- und Lehrpark versetzt.« (Wieder diese Störungen.) »An der Schwelle des Hauses begrüßt uns Fido, der treue Hund Adam Bernaus, und nach diesem Willkommengruß betreten wir nun das Reich seiner Kindheit...« Hier klappte einfach nichts. Aus den Lautsprechern drangen knackende und röchelnde Geräusche. Das ausgestopfte Hundeungeheuer wurde erst jetzt, also viel zu spät, angeleuchtet, aber die Stimme sprach unaufhaltsam
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