Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
Vom Netzwerk:
weiter: »Man schreibt das Jahr 1973. Wir befinden uns in dem kleinen Städtchen Kamenice, am Fuße der Ruine Krucenburg, wo es der Sage nach gespukt haben soll...« Emilia wich erschrocken zurück. Auch Doktor Michell stockte: Plötzlich angeleuchtet, ragte unmittelbar vor ihnen die überlebensgroße Statue des Genies empor. Fast im gleichen Augenblick erschien zu den Füßen des Standbilds ein schwitzender, in ein seltsam flatterndes, schwarzes Gewand gekleideter Mann, der gegen die verzwickten Tonband- und Beleuchtungsgeräte kämpfte. »Irgendwo kann man dieses Gequatsche abschalten, ich weiß bloß nicht wo!« sagte der Mann in unglücklichem Ton. »Zwanzig Schulausflüge täglich! Die mußten wir natürlich absagen, um das Gelände und dieses Museum für den Bedarf der Expedition Adam 84 freizumachen, für die Sie vom Zentraldenker ausgewählt wurden. Und ich...«

    Es war der Akademiker Philipp. Sein Hemd mit dem steifen Kragen würgte ihn am Hals. Die zum Frack gehörende Fliege hing lose herab. »Verlieren wir also keine Zeit, denn sie ist knapp bemessen! Die typische Kleidung jener Zeit, in die wir uns versetzen werden.«

    Er deutete auf seine für das 25. Jahrhundert doch recht merkwürdige Aufmachung. »In diesem Gewand empfing Adam Bernau einst den Nobelpreis...Im Vergleich zu den Saris unserer Frauen und der Toga, die wir Männer heute tragen, war es ein wenig unbequem. Aber auch daran müssen wir uns gewöhnen. Wir müssen eben vergessen, daß wir Menschen des fünfundzwanzigsten Jahrhunderts sind...« Von irgendwo ertönte aus der Ferne das kratzende Geräusch einer Geige. In den Schaukästen, wo das Spielzeug des Genies zur Schau gestellt war, leuchteten automatisch gesteuerte Lichter auf. Von einem Tonband, das durch einen glücklichen Zufall erhalten geblieben war, erklang die Stimme des fünfjährigen Knaben Adam. Er sang mit zitternder Kinderstimme: »A, B, C, die Katze lief im Schnee« und »Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein«. Sein Gesang wurde von dem Gekläff des treuen Hundes Fido begleitet. »Ich habe auch Kinder«, wagte halblaut Leo Kane, der Leiter des Technischen Museums der Vergangenheit, einzuwenden. »Sogar drei; zwei Mädchen und einen Buben! Soll ich so vielleicht meine Kinder vergessen?«

8. Die Zeit der Verwandlungen

    »Sie werden auch noch ganz andere Dinge vergessen müssen! Unter anderem auch, daß Sie Leo Kane heißen«, sagte der Akademiker in düsterem Ton. Er zog dabei die Schuhe aus, weil sie ihn drückten. »Wir sind einfach Geometer und kommen in das Städtchen Kamenice, um die Strecke einer neuen Anschlußstraße zu vermessen. Ich, als Chef...«

    Mit der Geste eines Salonzauberers brachte Philipp dabei einige, noch nach Druckerschwärze riechende, rote Büchlein aus der Tasche der Frackhose zum Vorschein, um nach einem kurzen Blick in eines derselben zufrieden festzustellen, daß die Ablichtungsabteilung des ZD wenigstens seinen eigenen ursprünglichen Namen nicht verändert hatte. »Ich heiße auch weiterhin Rudolf Philipp, nur bin ich jetzt kein Akademiker, sondern Ingenieur. Sie heißen jetzt nicht mehr Kane, sondern Emil Karas. Fahrer eines Transportbauunternehmens, geboren in Prestavelky bei Beroun. Verheiratet, drei Kinder. Die hat Ihnen der Zentraldenker in Ihrem Personalausweis gelassen. Besondere Merkmale: keine. Diese Angaben auswendig lernen! Den Ausweis nicht verlieren! Wer keinen Ausweis hatte, der existierte im zwanzigsten Jahrhundert einfach nicht!«

    Das alles hatte der Leiter des Technischen Museums der Vergangenheit mitbekommen. Es freute ihn auch, daß er auf jenem Schwarzweißfoto im Ausweis jünger aussah. Nur dieser Geburtsort »Prestavelky« und sein eigener neuer Name verwirrten ihn. »Warum Karas? Warum nicht Kane?« »Genauso gut könnte Doktor Michell fragen, warum er als Mitglied unserer Expedition Michael Noll heißen soll. ZD hat offenbar die Namen zeit- und ortsbezogen verändert, wie sie damals üblich waren, und hat sie in die Zusammenhänge jener Zeit umgesetzt: Karas anstatt Kane, Michael anstatt Michell...«

    »Wie erklären Sie aber, daß aus Emilia Fernandez diese Katja Jandova, Assistentin eines Transportbauunternehmens, wurde?«

    »In diesem Falle...«, sagte der Akademiker verunsichert, »hatte der Zentraldenker offenbar Beweggründe, die er uns verheimlicht hat. Ein Buchstabe ist jedoch geblieben und sogar zweimal benutzt, daher also betont worden: Das A in Emilia...und die zwei A in dem neuen Namen

Weitere Kostenlose Bücher