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Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Kleidungsstücke genäht, während wir sie heute formen. An den für die Expedition bestimmten Kleidungsstücken muß jedoch jede Naht stimmen. Ein einziger unrichtig sitzender Knopf kann dazu führen, daß die Besucher entlarvt werden. Es mag lächerlich klingen, aber wir scheren neuerdings sogar wieder Schafe, um ihre Wolle zu gewinnen. Ein Problem bleiben bisher die Herrenhemden. Wir können sie zwar wieder nähen, aber sie zu bügeln und zusammenzufalten, das...«

    Mit einem ähnlichen Problem hatten auch die Expeditionsmitglieder, wenigstens die männlichen, zu kämpfen: Das Hemd anzuziehen, alle Knöpfe zu schließen, ohne sich dabei zu erwürgen, auch dann nicht, wenn man die Krawatte band.

    Als erster gab Doktor Noll diese Versuche auf.

    »Das bringt wohl kein Mensch zuwege...Noch dazu, dieses lächerliche Schuhwerk mit seinen Schnürsenkeln...«

    Nach den ersten zwei Schritten zog er die Schuhe wieder aus. Er zog sie jedoch gleich wieder an.

    Ohne große Begeisterung, weil er ahnte, was kommen mußte:

    »Schnürsenkel hin, Schnürsenkel her. Sie müssen sich konzentrieren, Noll!« befahl Philipp. Er war auf der knarrenden Treppe erschienen, trug eine Feuerwehruniform am Leib und den goldenen Helm eines Feuerwehrhauptmanns auf dem Kopf. »Wegen Ihrer Schnürsenkel haben wir bei der letzten Übung fünf wertvolle Sekunden verloren. Heute müssen wir besser sein. Die Aufgabe ist klar: Das Heft, und weg! Katja, dokumentieren! Karas, die Rauchbomben, den Salamander! Es ist fünf Uhr nachmittags! Das Haus Adam Bernaus gerät in Brand!«

    Qualm erfüllte die Museumshalle. Die Strahlen des Feuersalamanders setzten Polstermöbel und Treppe in Brand. Die Probe Nummer 4 konnte losgehen.

    Von Karas gedeckt, raste Doktor Noll in den Oberstock und drang in das schicksalshafte Zimmer ein. Aber nachdem er das dritte Fußbodenbrett am Fenster hochgehoben hatte, rief er verzweifelt:

    »Das Heft ist aber nicht da!«

    »Wieso denn nicht? Wo sollte es denn sein?« Mit dem Anti-Salamander löschte der Akademiker wütend die Sitzmöbel und die Treppe. »Ich hab’ es doch selbst...« Plötzlich verunsichert, begann er zerstreut seine Taschen zu durchstöbern und entdeckte das Heft in der Lederhülle seines Beils am Koppel. »Nur keine Panik, Noll! Das Heft ist da. Wir haben nach der letzten Feuerübung bloß vergessen, es an seinen Platz zurückzutun. Immerhin waren wir diesmal um zwanzig Sekunden schneller. Mehr Rauch! Flammen! Die ganze Aktion noch einmal von vorn!«

    Das alles war immer noch bloßes Spiel. Noch immer ahnte keiner von ihnen, auch Philipp selbst nicht, daß die entscheidende Bewährungsprobe sie erst erwartete.

11. Nautilus 02

    »Zweite Schutzzone!«

    Das Meer phosphoreszierte.

    In die Tiefe tauchend, stoppte Nautilus 02 langsam vor einer Kette gigantischer roter, unterbrochene Warnsignale aussendender Tiefseebojen.

    »Andersson.«

    »Bykov.«

    »Clark.«

    »Ich hätte nie geglaubt, daß ich einmal hierherkommen würde«, sagte Signora De Santis, als sie als neunzehnte der zwanzig bevollmächtigten Mitglieder des Dreierrats ihren Namen sagte und ihre Handfläche an die Kontrollplatte drückte. »Aufrichtig gesagt, habe ich mich gar nicht danach gesehnt. Ein Ausflug zum Müllhaufen der Vergangenheit!«

    Die Formalitäten dauerten etwa drei Minuten. Dann, nachdem die Identifizierung aller Ratsmitglieder beendet war, ließ die Kontrolle der Zone II den Nautilus in die letzte Sperrzone, die die Menschheit vor sich selbst schützte. Die Teilnehmer an der Unterseefahrt wagten vor Überraschung kaum zu atmen. An den Bullaugen des U-Boots zogen Scharen von Fischen der phantastischsten Formen vorbei. Das Boot schwamm hindurch zwischen verrosteten Raketen und Bombenträgern, die um die Wende des 20. Jahrhunderts die Welt mit Vernichtung bedroht hatten, bevor man sie nach dem Friedensvertrag ins Meer versenkt hatte. In einer Polaris-Rakete hausten scharlachrote Krebse und Tiefsee-Medusen.

    »Die Dialektik der Zeit«, bemerkte Andersson und vergaß sekundenlang den Zweck ihrer Fahrt, als (aus einer die Wracks von U-Booten und Flugzeugträgern bedeckenden Schlammschicht) plötzlich eine Unmenge winziger, blau phosphoreszierender, fast durchsichtiger Lebewesen emporschoß, um die Fahrt der Silberkugel Nautilus (wie schwebende winzige Laternen) meilenweit zu begleiten. »Leben und Tod. Ich beginne die Delphine zu verstehen, wenn sie glauben, daß sie auch den Zusammenstoß der Erde mit diesem Kometen

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