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Die Besucher

Die Besucher

Titel: Die Besucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Postamts zusammenstoßen, und Sie zögern noch, ob Sie ein feuchtes Hemd anziehen sollen! Wie meine Hose aussieht, das sehen Sie wohl? Hören Sie mich vielleicht klagen?«

    »Die Grundregeln der Hygiene allerdings...«

    Mit einer Miene des Ekels faltete der Arzt den Pyjama, in dem er geschlafen hatte, und zog ein feuchtes, zerknülltes Hemd über den Kopf. Das nächtliche Schlammbad hatte zum Aussehen der Besucher nicht gerade beigetragen. Karas hatte in der Nacht seinen Pullover gewaschen. Der reichte ihm jetzt bis unter die Knie. Der Akademiker hatte an jedem Fuß eine andersfarbige Socke, aber er trug dies mit Gleichmut. Gespannt blickte er aus dem Fenster. Als dann der Lastwagen mit dem Postwagen zusammenstieß, stellte er auf seiner Uhr die genaue Zeit ein.

    »Elf Uhr zwanzig...auf die Sekunde«, sagte er in das Geräusch des berstenden Blechs der Stoßstangen und Kotflügel. »Auf Fehler in der Chronik unseres Archivs können wir uns ganz entschieden nicht herausreden...Etwas zum Essen haben wir, etwas Geld ist uns auch noch geblieben...«

    Das Geld lag unter dem Spiegel: Ein Fünfhunderter, etliche Hunderter, zwei Fünfziger und eine Handvoll Münzen.

    Nachdenklich, aber gewiß nicht zum ersten Mal, prüfte Philipp die Hotelrechnung für die ersten zwei Tage ihres Aufenthalts.

    »Denken Sie, daß man anstatt des Geldes das Fahrrad oder einen Pelzmantel als Bezahlung annehmen würde? Fünfzig Kronen sollten uns bleiben. Die müssen wir dem Adam geben.«

    »Warum ihm?«

    »Weil...« Philipp vergaß die Regeln der Verschwörung und klopfte an die Wand des Nebenzimmers. »Katja! Wir gehen!«

    Er ergriff schnell noch den Theodoliten, damit die Trassierstäbe, die er höchst ungern trug, nicht für ihn übrigblieben.

    »Unten findet eine Hochzeitsfeier statt. Wir wollen den Trubel benutzen und durch die Hintertür verschwinden. Das schaffen wir rechtzeitig. Laut Stundenplan endet in fünfzehn Minuten die Geographiestunde. Adam wird uns vor der Schule erwarten. Er interessiert sich, wie ich in der Folterkammer festgestellt habe, für das Landvermessungswesen. Er selbst hat sich angeboten, für zehn Kronen je Stunde, gemeinsam mit seinem Freund Worel unsere Meßlatten zu tragen. Das Geld aus der Zukunft wird heute Nacht landen. Morgen werden wir bereits genug davon haben...«

    Er wollte noch etwas hinzufügen, sprach aber nicht mehr weiter. Für einen Rückzug war es schon zu spät. In der Hotelhalle spielte eine Blaskapelle. Blitzlichter flammten auf. Am Empfang wurde auf das Wohl des Brautpaars geprostet, aber der Hotelleiter hatte die zum Hof schleichenden Geometer bereits erblickt.

    »He, Herr Ingenieur! Sie wollen uns wohl davonlaufen?«

    »Wir haben’s eilig!«

    Philipp errötete. Er griff in die Tasche, um die Hotelrechnung und das Geld herauszuziehen, aber darum ging es dem Leiter jetzt gar nicht, sondern um eine freudige Nachricht, die er den Besuchern mitteilen wollte.

    »Das Zahlen hat Zeit...Sie werden in der Zeitung zu sehen sein!...Der Peter dort drüben erwartet Sie...Er hat Sie bereits zweimal auf der Strecke gesucht...«

    Ein junger Mann in einer Lederjacke, die Kameras an Schulterriemen griffbereit, löste sich aus dem Kreis der Brautjungfern.

    »Ein Foto für unser Blatt, den >Kamenicer Boten<...«

    »Und ein Küßchen!« gebot der Brautvater der Braut, und drückte jedem Geometer ein Weinglas in die Hand.

    Er selbst wählte zum Küssen Katja.

    Die Braut nahm Philipp.

    »Aber wir...«

    Die aus der Zukunft konnten weder das Küßchen noch das Gläschen Wein ablehnen. Die Welt begann sich im Kreis um sie zu drehen. Den Akademiker hielt die Braut im Tanz fest. Doktor Noll tanzte, wie Philipp sah, mit einer reizenden Brautjungfer. Karas saß an der Schüssel mit den Hochzeitskuchen. Der Weg zum hellblauen Auto im Hof glich einer Flucht.

    »Erstklassig! So wird das Foto ganz natürlich aussehen«, äußerte sich zufrieden der Junge in der Lederjacke und machte seine Kamera schußbereit. »Die Geometer bei der Abfahrt ins Gelände, werde ich es nennen. Kurz stillhalten, bitte! Morgen geht das Foto in Druck, übermorgen sind Sie berühmt. Denn wie bekannt, findet man alle Neuigkeiten im >Kamenicer Boten<. Darauf können Sie sich verlassen. Wissen Sie, was es heute Neues gibt? Eben hat man den alten Drichlik festgenommen. Er hat gemeinsam mit Adam Bernau das Wasser des Bejschowetzer Teichs ausfließen lassen. Eine Bombensensation! Ein Alter und ein Bub! Und noch dazu ein Autounfall

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