Die Beute
etwas. Was ist bloß los mit dir?
Alles war schiefgelaufen, das war los. Die Nacht war eine einzige Folge schrecklicher Augenblicke. Jeder Einzelne für sich war schon beängstigend genug gewesen, doch sie hatte kaum Zeit zum Durchatmen gehabt, so schnell waren sie aufeinandergefolgt. Und jetzt hatte Corrine einen verstauchten Knöchel, sie hatte Hannah angeschrien, eine Szene gemacht und den ersten Tag ihres gemeinsamen Wochenendes versaut.
Sie setzte sich ans Fußende des Bettes. Gott, war sie erschöpft. Eine Folge des plötzlichen Adrenalinabfalls, das seit dem Zusammenstoß mit dem Auto durch ihre Adern pumpte. Sie stützte die Ellenbogen auf die Knie, sah zum Wagenheber und dem schwarzen Fleck, den er auf der weißen Daunendecke hinterlassen hatte, und runzelte die Stirn. Sie dachte darüber nach, was passiert war – an die beiden Männer, die plötzlich am Wagen aufgetaucht waren, an die überfreundliche Konversation, die Art und Weise, wie sie sich langsam genähert und Jodie beobachtet hatten, während Hannah mit dem Gepäck beschäftigt gewesen war. Sie schüttelte den Kopf. Wo hatte sie bitte überreagiert?
Es klopfte an der Tür.
»Darf ich reinkommen?«, fragte Louise, öffnete die Tür und kam, ohne eine Antwort abzuwarten, herein. Sie setzte sich neben Jodie aufs Bett. »Alles in Ordnung?«
Jodie zuckte die Achseln. »Abgesehen davon, dass ich Hinz und Kunz einschließlich des netten Kerls von der Tankstelle den Abend versaut habe, geht es mir gut.«
»Corrine und Hannah werden es schon überleben. Sie haben bereits fast eine ganze Flasche Champagner geleert und wirken jetzt ziemlich zufrieden. Aber bevor sie ohnmächtig werden, müssen sie was zu essen bekommen. Wenn du also endlich aufgehört hast, dich hier drinnen selbst zu geißeln, dann komm raus zu uns.«
Jodie lächelte sie an. »Ja, ich bin fertig.«
Louise öffnete die Tür und drehte sich noch mal um. »Nur zu deiner Erinnerung, der Typ von der Tankstelle war nicht nur nett. Er war ganz besonders nett.« Sie lächelte und ging den Flur entlang.
»Sehr nett vielleicht«, sagte Jodie. »Nicht besonders nett.«
Louise lächelte immer noch, ging zur Kochinsel, holte zwei Champagnergläser, reichte Jodie eines davon und stieß mit ihr an. Dann zog sie sie am Ärmel vor den Kamin. »Okay Mädels«, sie sah alle eindringlich an. »Prost«, sie hielt ihr Glas hoch. »Auf das Wochenende.«
Jodie sah Corrine an, die ihren Fuß in Socken auf ein Kissen gelegt hatte, und dann Hannah, die in Fußballsocken ihre Beine überkreuz auf den Couchtisch gelegt hatte. Beide hoben ohne große Begeisterung die Gläser.
An der schlechten Stimmung war sie schuld, dachte Jodie. Also musste sie es auch wieder in Ordnung bringen, sonst wurde das Wochenende ein Reinfall.
»Okay, jetzt ist es offiziell. Ich bin für den schrecklichsten Beginn, den je ein Wochenende genommen hat, verantwortlich.« Sie hob die Hände. »Aber ich habe meinem treuen Wagenheber gut zugeredet, darum ruht er jetzt friedlich im Schlafzimmer. Also, was meint ihr, können wir noch einmal von vorne anfangen? Szene drei, Vorstadtfrauen-Wochenendtrip, Folge acht? Tut einfach so, als hätte Corrine sich den Knöchel schon vorher verstaucht und ihre tollen teuren italienischen Schuhe gar nicht erst mitgenommen und als dächte Hannah nicht im Traum daran, dass ich spinne.« Sie sah die beiden an.
»Nuuun«, sagte Corrine, nippte an ihrem Champagner und zeigte dann mit ihrem Glas auf Jodie. »Wenn ich es mir recht überlege, bin ich heute Nachmittag über Baileys Fußball gestolpert. Ich hatte ja noch Glück, dass ich mir den Knöchel nicht gebrochen habe.«
Hannah schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Jodie. Es fällt mir ganz schön schwer, so zu tun, als wärest du nicht geisteskrank«, sagte sie und hob eine Augenbraue.
Louise schnaufte. »Vergiss es, Jodie, du kannst nicht einfach den schlimmsten Anfang für dich beanspruchen. Diese Ehre gebührt allein Hannah. Weißt du noch, wie sie den Autoschlüssel im Wagen eingesperrt hat?«
Hannah runzelte die Stirn. »Nein.«
»Ja«, sagte Louise. »Das war am dritten Tag. Wir sind nach Hunt Valley gefahren und haben auf dem Weg Wein probiert, dann kamen wir nicht mehr in den Wagen rein. Wir waren nah genug an Zuhause, sodass Pete mit einem Ersatzschlüssel hätte rausfahren können, nur dass er leider gerade auf einer Konferenz in Schweden war.« Sie richtete ihren Kopf auf. »Oder war es die Schweiz? Wie dem auch sei, Roland musste
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