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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Steilhang, wir könnten dagegen getrieben werden. Nach rechts hin ist der Boden nur wellig.“
    „Also dann“, rief Ming, „guten Flug!“
    „Wiederhole noch mal die Reihenfolge der Handgriffe“, sagte Juri zu Utta.
    Gehorsam zählte Utta auf: „Rechte Hand im Feld einkrallen. Auf Kommando ersten Auslöser drücken, dann mit der linken Hand ebenfalls einkrallen. Auf Kommando loslassen, dann linke Hand am zweiten Auslöser, rechte Hand an der Ventilleine. Wenn kein anderes Kommando von dir kommt, zwanzig Meter über dem Boden zweiten Auslöser drücken. Nach Bodenberührung Ventilleine abreißen.“
    „In Ordnung – los!“
    Die Ballons auf ihren Rücken schwollen schnell an, und bald wurden sie so vom Wind gezerrt, daß Utta und Juri Mühe hatten, sich mit beiden Händen in der Tiefe des Kissens festzuhalten. Utta kam es vor, als dauere es endlos. Die Arme wurden ihr lahm, und immer noch wuchs der Durchmesser der Ballons, die sich jetzt schon gegenseitig verdrängten, pendelten und nach allen Seiten zogen.
    Endlich, als der Durchmesser auf fast sechs Meter angewachsen war, sagte Juri: „Ich springe zuerst, du zählst bis fünf und läßt dann los! Achtung – jetzt!“
    Utta fühlte eine große Erleichterung. Zuerst pendelte sie noch etwas, aber das gab sich schnell, und dann drehte sie sich nur noch ganz langsam um die eigene Achse, so daß das ganze Panorama der Bergwelt an ihren Augen vorbeizog. Da kam auch Juri in ihr Blickfeld, er schwebte etwa zehn Meter von ihr entfernt.
    „Sinken wir überhaupt?“ fragte Utta.
    „Ja, und zwar zu schnell“, antwortete Juri, „aber nicht mehr lange, die Sonne heizt die Ballons stark auf.“
    Utta sprang zum erstenmal in einer fremden Atmosphäre. Sie wußte, daß das ein riskanter Sprung war, sie war auch nicht übermäßig mutig und empfand mitunter Angst; aber hier machte sie die überraschende Entdeckung, daß sie sich an Juris Seite sicher fühlte.
    Erstaunlich! Wohl hatte sie schon längst bemerkt, daß der verschlossene Mann, der gewöhnlich sein Seelenleben kaum offenbarte, in ihrer Gegenwart etwas weniger wortkarg war. Aber sie hatte das genausowenig ernst genommen wie die Plänkeleien mit Tondo. Anscheinend zu Unrecht; denn das Gefühl der Geborgenheit, das Juri plötzlich für sie ausströmte, war nicht einfach das Ergebnis seiner großen Kenntnisse, seiner Kraft und Beherrschtheit, dieses Gefühl kam aus ihr selbst, und sie wußte nur zu genau, was es bedeutete und wovon es der Anfang war… Lächelnd schwebte sie zwischen Himmel und Planetenoberfläche.
    Juri riß sie aus ihrer Beschaulichkeit. „Jetzt aufpassen!“ rief er über Helmfunk. „Siehst du da vorn das Flüßchen? Wir treiben darauf zu.“
    „Ja, ich sehe es.“
    „Dahinter ist eine Kuppe, und dann kommt ein Steilhang. Der gefällt mir nicht. Wir müßten auf der kleinen Kuppe landen, sie ist aber ziemlich niedrig. Nimm deine Sicherungsleine und knote eine große Schlinge hinein, ungefähr ein Meter Durchmesser. Vor der Kuppe läßt du sie ablaufen.“
    „Als Anker also?“
    „Genau!“
    Der Trick funktionierte. Aber erst, nachdem Uttas Leine sich im Geäst des Waldes verfangen hatte, warf Juri die seine. Jetzt merkten sie, daß sie nur noch wenig sanken. Es war mehr der Wind, der sie nach unten drückte.
    Nun war das Landen einfach – der Wald war hier gerade mannshoch. Sie leerten die Ballonhüllen, legten sie kunstgerecht zusammen und steckten sie in die Futterale. Dann machten sie sich auf den Marsch.
    Der Weg durch den Wald war zwar anstrengend, denn sie wogen gut zehn Kilopond mehr als auf der Erde, und die Bäume, die bald höher wurden, standen ziemlich eng. Aber wenigstens war es angenehm kühl, und die unerträglich grellen Strahlen der Sonne durchdrangen nur selten das Blätterdach, das sich um so dichter über ihnen schloß, je tiefer sie kamen. So konnten sie wenigstens das Helmvisier öffnen.
    Trotzdem schnauften sie heftig, als sie das Flüßchen erreichten, das sie von den Ballons aus gesehen hatten. Es sah aus der Nähe gar nicht so harmlos aus wie von oben.
    „Wahrscheinlich können wir durchwaten“, sagte Juri, „aber bei diesen Gebirgsflüssen weiß man ja nie.“ Er hakte das Ende seiner Sicherungsleine bei Utta ein und forderte: „Schließ den Helm und folge mir!“
    Utta registrierte es als weiteres bedenkliches Anzeichen, daß Juris Befehlston sie auf seltsame Weise berührte – sonst mochte sie solch einen Ton gar nicht, aber diesmal empfand sie neben dem

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