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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Schuldgefühle einschlugen. Es war anstrengend, sich auch nur im selben Zimmer mit ihnen aufzuhalten, und Clare warf immer wieder kurze Blicke auf die Uhr, die in das Modell eines Apache-Hubschraubers eingebaut war, während die Zeiger an der Zwölf vorbeitickten. Das Einzige, was schlimmer war, als sich zu einer Sitzung des Gemeindevorstands zu verspäten, war, sich zu einer Notsitzung zu verspäten, die man selbst einberufen hatte.
    Als sie die beiden endlich mit dem Versprechen aus ihrem Büro bugsiert hatte, sie mit Paul Foubert, dem Leiter des Altenpflegeheims bekannt zu machen, spitzte sie die Ohren, ob das Geräusch von Gesprächen oder Diskussionen in die Diele drang. Nichts. Sie öffnete die Tür zum Gemeindesaal und trat in die unbeheizte Pracht einer holzgetäfelten, mit Perserteppichen ausgelegten Galerie, die direkt aus Oxford hierher verpflanzt worden zu sein schien.
    Niemand war da.
    »Lois«, sagte sie, als sie ihren Kopf durch die Tür des Pfarrbüros steckte. »Mir ist der Gemeindevorstand abhanden gekommen.«
    Die Kirchensekretärin neigte den Kopf zur Seite und gab so ihrem exakt geschnittenen erdbeerblonden Bob Gelegenheit, gegen ihre Wange zu schwingen. »Und das ist eine schlimme Sache … wie?«
    »Lois!«
    »Sie sind in der Kirche. Werfen einen Blick auf den Zimmerspringbrunnen.«
    »Sind alle da?«
    »Sogar der Neue. Wollen wir hoffen, dass sie ihn nicht fressen und wieder ausspucken.«
    Clare warf einen kurzen Blick auf die rosa Notizzettel, die sich auf einem tödlich spitzen Dorn sammelten. »Was Dringendes?«
    »Ja. Hugh Parteger hat angerufen.« Lois britischer Akzent war umwerfend authentisch. »›Lois, meine Liebe, richten Sie doch der Vikarin aus, sie möge mich baldigst anrufen. Sie kann nicht die ganze Zeit im Gebet und mit guten Taten verbringen. Manchmal muss sie auch ein wenig unartig sein.‹« Lois sah sie vielsagend an.
    Clare lachte. »Er ist wirklich ein netter Kerl.« Sie hatte Hugh im letzten Jahr kennengelernt, als er in Saratoga Sommerurlaub gemacht hatte. Da er für eine Handelsbank in New York arbeitete, pflegten sie eine sehr ferne Fernbeziehung, was ihr ausgezeichnet passte. Seit August hatte sie ihn drei-oder viermal getroffen und alle zwei Wochen einmal mit ihm gesprochen.
    »Er besitzt Geld, Manieren, und er ruft Sie tatsächlich an. Natürlich ist er ein netter Kerl«, sagte Lois. »Wollen Sie ihn zurückrufen?« Sie schob Clare das Telefon hin.
    »Später«, sagte Clare. »Im Augenblick ist der wichtigste Mann in meinem Leben der Statiker. Wo habe ich die Kopie der Schätzung hingelegt, die der Gemeindevorstand vor einigen Jahren in Auftrag gegeben hat?«
    »Hier.« Lois schob einen Ordner über den Schreibtisch. »Lassen Sie sich mit Hugh nicht zu viel Zeit. Früher oder später werden Sie genau wie das Dach anfangen, durchzusacken und undicht zu werden. Sie müssen vorher einen Mann einfangen, wenn Sie einen wollen.«
    »Was für eine bezaubernde Vorstellung. Ich werde mit Sicherheit an Sie denken, wenn ich mir Stütz-BHs und Einlagen kaufe.« Clare klemmte sich den Ordner unter den Arm und marschierte zur Tür.
    »Wenn Sie mit Hugh Parteger verheiratet wären, könnten Sie Ihren persönlichen Einkaufsdienst damit beauftragen«, rief Lois hinter ihr her.
    In der Kirche sah Clare die Mitglieder des Gemeindevorstands um das herum stehen, was sie mittlerweile das Krisengebiet nannte; eine Reihe von Plastikeimern und Schüsseln war auf dem Fenstersims und dem Boden verteilt. Im fahlen Licht der Wintersonne, die durch das Buntglasfenster drang, wirkten die Gemeinderatsmitglieder wie ein Gemälde von Vermeer, ganz gutangezogene Besorgnis und würdige Erfahrung.
    Bis sie Robert Corlew sagen hörte: »Wenn Ihr auf mich gehört hättet, als ich einen finanzierbaren Weg vorschlug, um das verdammte Ding zu reparieren, ständen wir jetzt nicht hier.«
    »Dein Weg bestand meiner Erinnerung nach darin, eine Plane und Asphaltschindeln auf unser historisches Dach zu packen«, schoss Sterling Sumner zurück.
    »Unsere historische Ruine!«
    »Hallo zusammen«, sagte Clare. »Hab ich was Wichtiges verpasst?«
    Allgemeines Begrüßungsgemurmel erhob sich, und Corlew und Sumner nahmen ihre jeweiligen Positionen wieder ein und funkelten sich an. Ersterer war ein örtlicher Bauunternehmer, dessen letztes Projekt eine kleine Einkaufspassage gewesen war. Der andere lehrte Architektur an der Skidmore-Hochschule, nachdem er sich aus einer auf hochwertige Häuser spezialisierten Firma

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