Die Bleiche Hand Des Schicksals
ehe das ganze Nordschiff unbenutzbar wird und der Schimmel auf das Hauptdach übergreift.«
»Hört, hört«, sagte Sterling Sumner. »Aber ich bin sicher, dass wir die Reparaturen für die Hälfte der von dir genannten Summe durchführen lassen können, Lacey. Den Rest behältst du für dich selbst.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Das könnte ich nicht. Außerdem brauchen wir vielleicht gar keine Spendensammlung, wenn ich die volle Summe übertrage.«
»Darauf trinke ich«, sagte Robert Corlew.
»Es gibt noch andere Gründe für eine Spendensammlung«, sagte Geoff Burns. »Zusätzlich zu der Reparatur und der Förderung der Kirchenstiftung gibt es den Spendern Gelegenheit, in St. Alban’s zu investieren. Sie halten Anteile an ihrer Zukunft, haben ein finanzielles Interesse. Es ist wie der Unterschied zwischen einer Mietwohnung und dem Besitz eines eigenen Hauses.«
»Ich gebe Geoff recht«, sagte Clare, »aber es ist eine fragwürdige Angelegenheit. Ich glaube nicht, dass wir guten Gewissens das Geld der Ketchem-Stiftung verwenden dürfen, wenn die Klinik finanziell zu kämpfen hat.«
»Sagt wer?« Corlew tippte an seine Nase. »Sie erhält jedes Jahr einen dicken Scheck von der Stadt. Mit freundlichen Grüßen von uns, den Steuerzahlern. Dazu kommt noch die jährliche Benefizgala. Glauben Sie mir, der Anblick von in den Straßen taumelnden Kranken wird Ihnen erspart bleiben.«
Glücklicherweise ergriff Terry McKellan das Wort, ehe Clare Gelegenheit hatte, etwas Unpriesterliches zu erwidern. »Außerdem, selbst wenn die Stiftung aus hochverzinslichen Wertpapieren besteht, wirft sie nicht mehr als ein paar Tausend Dollar pro Jahr ab.«
Mrs. Marshall nickte. »Normalerweise um die zehntausend.«
»Also achthundert im Monat. Das ist sicher ein willkommenes Zubrot zu den übrigen Spenden. Aber es ist keine Summe, die über Wohl und Wehe entscheidet.« Er wandte sich an Clare. »Ich weiß, dass es Ihnen lieber ist, wenn das Geld an die Klinik geht. Mir auch. Aber seien wir ehrlich, wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Selbst wenn wir morgen mit dem Geldsammeln beginnen und alle in der Gemeinde mitziehen, dauert es noch Monate, bis wirklich Geld hereinkommt. Bis dahin ist das Dach vielleicht schon ins Seitenschiff gestürzt.«
»Es muss eine andere Möglichkeit geben.« Sie schob ihren Stuhl zurück und ging im Versammlungsraum umher, an dem neugotischen Bücherschrank vorbei, den geschliffenen Fenstern, den kleinen Ölgemälden biblischer Landschaften. »Schauen Sie sich all das an. Schauen Sie, was wir haben. Es muss einen anderen Weg geben, schnell zu Geld zu kommen, als armen Arbeitern ihre ärztliche Behandlung zu nehmen.«
Mrs. Marshall überraschte sie, indem sie sich ebenfalls erhob. »Aber dann berauben wir Peter, um Paul zu bezahlen, meine Liebe. Sie waren wie ich der Meinung, dass die einzigartige Geschichte und Schönheit von St. Alban’s den Preis wert sind. Ich glaube, Sie sagten ›groß, teuer und mit allen Schikanen‹.«
Wider Willen zuckten Clares Lippen.
»Werden Sie einen Rückzieher machen, da der Preis jetzt höher ist als das, was sie zahlen wollten?«
Clare sah hinunter auf das verschlungene Teppichmuster. Sie dachte, dass sie mit fünfunddreißig eigentlich gelernt haben sollte, dass das Ja zu einer Sache auch das Nein zu einer anderen bedeutete.
»Ehe wir alle zustimmen, will ich meine Einwände noch einmal ganz deutlich formulieren.« Clare und Mrs. Marshall drehten sich zu Norman Madsen um. »Es war Mrs. Ketchems Absicht, das Geld aus der Stiftung zur Unterstützung der Klinik zu verwenden. Nur wenn der Treuhänder entscheidet, dass die Klinik nicht länger auf das Geld angewiesen ist, wird die Kapitalsumme ausbezahlt. Und du kannst mich nicht davon überzeugen, Lacey, dass du aufrichtig der Meinung bist, die Klinik brauche diese zehntausend Dollar pro Jahr nicht länger.« Die Eindringlichkeit seiner Stimme ließ ihn leicht zittern. »Deine Mutter hätte das nicht gewollt.«
Sie setzte sich wieder hin. »Vielleicht nicht. Aber sie hat mir die Entscheidung überlassen, Norm.«
Clare hätte sich niemals träumen lassen, dass die Botschaft, ihre Gemeinde erhielte eine Spende in Höhe von hundertfünfzigtausend Dollar, sie deprimieren könnte. Sie saß erschüttert daneben, als Corlew, der um 13:30 Uhr einen Termin hatte, die Versammlung schloss und alle sich in ihre Mäntel, Hüte, Handschuhe und Schals hüllten. Sie besaß genug Geistesgegenwart, um sie zu verabschieden,
Weitere Kostenlose Bücher