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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Haus gezogen war. »Ich koche etwas, um es Renee Rouse zu bringen, dem armen Ding. Käseschinkenauflauf. Der ist wunderbar, man kann ihn vorbacken, und wenn man ihn dann essen will, stellt man ihn noch ein bisschen in den Ofen, und er kommt heiß und lecker heraus.«
    Clare hängte ihren Mantel in den Dielenschrank, während Mrs. Marshall die Vorzüge des Gerichts aufzählte. »Woher wissen Sie von Mrs. Rouse?«, fragte sie auf dem Weg in die Küche.
    »Sie hat gestern all ihre Bekannten angerufen. Das arme Ding war in Panik. Ich habe heute Morgen mit ihr telefoniert, und sie hat mir erzählt, dass die Polizei Allans Auto gefunden hat, aber Allan nicht.« Sie schob Clare in die Küche. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Nein, danke.« Clare schaute sich um. Im Gegensatz zu den Räumen, die sie bereits kannte, war die Küche neu eingerichtet worden, und zwar erst vor kurzem. Cremefarbenes Walnussholz, schimmernder dunkler Granit und gebürsteter Edelstahl. Ebenso hochmodern wie der Rest des Hauses einst gewesen war. Clare fragte sich, wie alt sie sein würde, wenn man diese glatt abschließenden Luxuseinbaukühlgeräte als ebenso hoffnungslos altmodisch betrachtete wie die avocadogrünen Kühlschränke ihrer Jugend.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, meine Liebe, werde ich Sie sofort zur Hilfskraft ernennen.« Mrs. Marshall zog eine Schürze aus der Schublade und reichte sie Clare. »Würden Sie den Schinken und den Brokkoli für mich klein schneiden? Das Messer liegt auf dem Schneidebrett.«
    Clare band sich gehorsam die Schürze um die Taille und trat zu dem wuchtigen Schneidebrett neben der Spüle. Sie fand Brokkoli, der darauf wartete, gewaschen zu werden, und drehte das Wasser auf, während sie darüber nachdachte, wie sie das Thema anschneiden konnte, das sie beschäftigte.
    Mrs. Marshall nahm eine metallene Rührschüssel aus dem Schrank und stellte sie auf die Arbeitsfläche auf der anderen Seite der Spüle. »Von der Straße abgekommen, in den Bergen«, sagte sie. Sie schüttelte den Kopf, ihr silbernes Haar schimmerte im Licht. »Das sind schlimme Neuigkeiten. Nichts, was eine Ehefrau hören möchte.«
    »Es war in der Nähe von Stewart’s Pond.«
    Mrs. Marshall ging quer durch die Küche zum Kühlschrank.
    »Erinnern Sie sich an die Frau, die an dem Tag in der Klinik so einen Aufstand gemacht hat? Debba Clow? Er bat sie, sich dort mit ihm zu treffen. Er hat ihr einen kleinen Friedhof am Ufer des Stausees gezeigt.«
    Mrs. Marshall öffnete den Kühlschrank, den Rücken Clare zugewandt. »Stewart’s Pond«, sagte sie. »Wir haben ihn immer nur den See genannt.« Sie bückte sich, nahm einen Eierkarton aus einem der unteren Fächer. »Da ist er also verschwunden. Das wusste ich nicht.« Sie richtete sich auf und ging zurück zur Spüle, den Eierkarton in der Hand.
    »Ich war gestern Abend dort. Debba kam zu mir ins Pfarrhaus, nach … nach dem Treffen mit Dr. Rouse. Wir sind gemeinsam hingefahren, weil Chief Van Alstyne dachte, Debba könnte bei der Suche nach Dr. Rouse vielleicht behilflich sein.«
    Mrs. Marshall blickte aus dem Fenster über der Spüle. »Warum um alles in der Welt wollte er jemandem das zeigen?«, sagte sie. Clare hatte nicht das Gefühl, dass die alte Frau mit ihr sprach.
    »Das ist die Frage, nicht?« Clare hielt den Brokkoli auf dem Schneidebrett fest und blickte auf ihre Hände, während sie den dicken Stiel entfernte. »Ich habe die Grabsteine gesehen. Söhne und Töchter von J.N. und J. A. Ketchem.«
    Einen Moment herrschte Schweigen. »Meine Brüder und Schwestern.« Mrs. Marshall zwinkerte, dann schaute sie hinunter auf den Eierkarton. Sie nahm ein Ei heraus und schlug es auf dem Schüsselrand auf.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir davon zu erzählen?«
    Mrs. Marshall drehte sich zu ihr um, beinah überrascht, als ob sie vergessen hätte, dass sich die Pfarrerin mit ihr in der Küche aufhielt und mit aufgekrempelten Ärmeln Brokkoli schnitt. »Ob es mir etwas ausmacht? Nein.« Dann lächelte sie dünn, das Lächeln einer Frau, die lange genug gelebt hatte, um Verständnis für die menschliche Natur zu haben. »Außerdem, jetzt, wo wieder ein Mann verschwunden ist, wird es nicht lange dauern, bis die alten Geschichten wieder zum Leben erwachen. Das ist das Problem, wenn man in seiner Geburtsstadt lebt. Das lange Gedächtnis.«
    Clare senkte den Blick auf das Schneidebrett und begann die Röschen abzuschneiden, halbierte die größeren und schälte verholzte Stellen aus den

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