Die Bleiche Hand Des Schicksals
vor sich hin.
Clare sah flüchtig zu dem Stapel auf dem Tisch am Ende ihrer Stuhlreihe. Drei Sportmagazine, eine Angelzeitschrift und zwei Reisemagazine. Nichts davon jünger als zwei Jahre. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und saß einfach da. Sie hörte den Betrunkenen murmeln, nicht zornig oder bedrohlich, eher so, als bestritte er beide Seiten eines Gesprächs. Sie warf ihm einen Blick zu. Er sah heruntergekommen und abgenutzt aus.
Sie beugte sich über die Rückenlehne ihres Stuhls, um ihn besser sehen zu können. »Entschuldigen Sie«, sagte sie. Die Farmersfrau senkte ihre Zeitschrift und starrte sie an. »Entschuldigen Sie«, wiederholte Clare. »Haben Sie einen Platz zum Schlafen?«
Der Mann hörte auf zu reden und sah sie an wie jemanden, der ein vertrauliches Gespräch störte.
»Denn wenn nicht, wüsste ich eine Unterkunft für Sie. Aber dort dürfen Sie nicht trinken.«
Er blinzelte sie an, senkte den Kopf und fuhr fort, vor sich hin zu brabbeln.
»Machen Sie sich keine Sorgen um ihn, Reverend.« Clare wirbelte herum und sah Alta in der Tür stehen, ein Klemmbrett in der Hand. »Er kommt hin und wieder hierher. Er wird über Nacht bleiben und ausnüchtern.« Ein wenig lauter sprach sie den Mann an. »Der Arzt kümmert sich in ein paar Minuten um Sie, Mr. Arbot. Warten Sie so lange hier.« Der Mann ließ nicht erkennen, ob er sie gehört hatte.
»Kann ich hineingehen?«, fragte Clare.
»Ja. Er hat ziemlich starke Betäubungsmittel bekommen, wundern Sie sich also nicht, wenn er etwas verwirrt wirkt. Wir warten, bis die Radiologie frei ist, und dann wird er geröntgt.«
»Hat der Arzt etwas gesagt?« Clare wusste, dass das unter die Schweigepflicht fiel und Alta es ihr eigentlich nicht sagen durfte. Weder war sie eine Verwandte noch besuchte sie ihn in ihrer offiziellen Funktion. Aber die Schwestern kannten sie, weil sie und die übrigen Geistlichen der Stadt sich in dem ehrenamtlichen Posten des Krankenhausseelsorgers abwechselten. Alta beantwortete die Frage so, wie bei den Patienten, die um priesterlichen Beistand gebeten hatten.
»Sieht nach einem einfachen Bruch aus, obwohl wir das natürlich erst nach dem Röntgen genau sagen können. Aber der Bruch selbst ist böse, und Dr. Stillman möchte ihn nur unter Narkose einrichten. Deshalb nehme ich an, dass der Chief noch mindestens bis morgen unser Gast sein wird.« Während sie redete, führte sie Clare zu den matten Metalltüren, die die Aufnahme und den Wartebereich von der eigentlichen Notaufnahme trennten. Sie drückte auf einen faustgroßen Knopf in der Wand, und die Türen glitten zischend auseinander. »Hier entlang«, sagte sie, »er liegt im dritten Bett.«
Clare folgte den Anweisungen der Schwester und teilte das dritte Paar schlaffer, blauer Vorhänge. »Hi!«, sagte sie.
Russ lehnte mit einem Nachthemd angetan in einem hochgestellten Krankenhausbett, das gebrochene Bein von mehreren üppigen Kissen abgestützt. Wie Alta angekündigt hatte, war ihm eine Infusion gelegt worden, und was immer es war, es schien starker Stoff zu sein, denn die Furchen des Schmerzes und der Erschöpfung, die sein Gesicht gezeichnet hatten, waren fort. Tatsächlich hatte Clare ihn noch nie so entspannt erlebt.
»Hi«, erwiderte er und winkte sie herein.
»Wie fühlen Sie sich?«
»Zugedröhnt.« Er lachte. Es unterschied sich von seinem üblichen Lachen, war unbeschwerter, jünger.
Clare lächelte. Sie wies mit dem Kopf auf sein Bein. Der Bruch war unter einem in Baumwolle gewickelten Eisbeutel von der Größe eines kleinen Sandsacks versteckt. »Ich meinte Ihr Bein.«
»Ich habe keine großartigen Schmerzen, aber, Jesus, es sieht grauenhaft aus. Schauen Sie mal.« Er setzte sich auf und schob den Eisbeutel weg. Er hatte recht. Es sah grauenhaft aus, geschwollen und spektakulär verfärbt. Er packte das Eis zurück auf den Bruch und lehnte sich wieder nach hinten.
»Ich habe Harlene angerufen«, berichtete Clare. »Sie kümmert sich um alles. Ich soll Ihnen sagen, Sie müssten sich keine Sorgen machen.«
»Keine Sorgen machen, jawohl, Ma’am.« Er grinste.
Clare biss sich auf die Lippe, um nicht zu lachen. »Ich habe bei Ihrer Mutter angerufen, aber sie war nicht zu Hause. Ich habe eine Nachricht hinterlassen. Ich habe gesagt, Sie hätten sich das Bein gebrochen aber es würde Ihnen gut gehen, und ihr meine Handynummer hinterlassen, für den Fall, dass sie mich anrufen möchte. Ich dachte mir, dann kann ich sie auf dem Laufenden halten,
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