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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dieser Gegend schienen alle Ortsnamen mit ›heim‹ zu enden. Auch Darenheim, der Sitz von ›Bio-Med‹, konnte nicht mehr weit sein. Ob Vera noch schlief? Er hoffte es, er hoffte es inbrünstig. Er hoffte, daß Vera die ganze Nacht durchschlief, statt irgendwann aufzustehen und seinen Zettel zu finden. Aber sie wird aufstehen, weil sie Hunger verspürte – denselben gottverdammten Hunger wie er. Bruno hatte wenigstens seine Currywurst gehabt …
    »Bruno, schau doch mal im Handschuhfach nach. Liegt da nicht noch 'ne Tafel Schokolade?«
    Bruno sah nach und sagte zufrieden: »Nichts, mein Mäuschen. Alles leergefressen. Aber da kommt jetzt Darenheim.«
    Viel war von dem Ort nicht zu erkennen. Ein Sportplatz. Peitschenlampen über leeren Straßen. Eine Gebrauchtwagen-Ausstellung … Nun der Ortskern. Moderne, aufwendige, ziemlich protzige Bauten für ein so kleines Nest. Aber dies war der Taunus, und ›Mainhattan‹ lag nahe. Der Reichtum Frankfurts, der Hauptstadt der D-Mark, wehte bis hierher.
    Sie kamen an einem Café vorbei, in dem noch Leben herrschte. Dann war die Straße wieder ausgestorben. Vor einer Bushaltestelle wartete ein Mädchen. Es trug Stiefel zu den Jeans und eine an den Schultern unglaublich breit gepolsterte Lederjacke. Rio ließ den Porsche an den Bordstein rollen. Sie zuckte zurück, und einen Augenblick sah es aus, als wolle sie davonlaufen.
    »Frag sie nach der Eichenhain-Straße Nummer vierzehn, Bruno.«
    Der Fotograf ließ das Fenster herunter und rief: »Moment, Moment! Wir beißen nicht. Wir sind ganz harmlose Menschen.«
    Sie lächelte, kam wieder heran, schob sogar den Kopf ans Fenster und beäugte sie neugierig aus hellen Augen. Ihre Zahnspange funkelte, um die Lider hatte sie dicke schwarze Striche gezogen. Und selbst die Lippen schienen gelackt. Ein richtiges Lolita-Make-up.
    »Hör mal, kennst du den Eichenhain hier?«
    Sie nickte: »Klar«, und erklärte Bruno den Weg.
    Rio fuhr weiter. »Die war doch mindestens achtzehn. Die hätte ich schon gesiezt.«
    »Du schon«, sagte Bruno nur.
    Ein dunkles Schild mit weißen Buchstaben: E ICHENHAIN .
    Rio fuhr nun langsam. Die Lichter von Darenheim funkelten herauf. Rechts zog sich die Bergflanke hin, links waren nur einzelne Dächer zu erkennen; die Häuser konnte man wohl von der unteren Straße aus erreichen. Rechts – Villen. Nicht die protzigen Taunusanwesen, die er schon gesehen hatte, nein, bescheidener, soweit er das im Scheinwerferlicht erkennen konnte, dennoch ziemlich aufwendig mit Terrassen und Säulenpergolas dekoriert.
    Sie glitten jetzt im Schrittempo durch die enge Straße. Einzelne Fenster waren erleuchtet. Zu sehen war niemand. Kein Lebewesen, kein Schwanz – doch, dort drüben auf der Mauer saß eine Katze. 8 … 10 … 12 … nun ein Streifen Garten und schließlich ein Haus.
    Das Haus war das einzig ärmliche Anwesen des ganzen Eichenhains. Und es war auch das letzte. Zweistöckig, weiß verputzt, mit steilem Giebel – die typische Behausung eines kleinen Angestellten, der fünfundzwanzig Jahre in seinen Bausparvertrag eingezahlt hatte. Überraschend allerdings war der langgezogene Garagenbau, der sich an das Haus anschloß. Vielleicht, daß er einmal als Werkstatt gebraucht worden war. Aber dort drinnen hatten mindestens drei Autos Platz.
    »Das ist es«, sagte Bruno. »Ein komischer Pharmabetrieb, was?«
    Rio nickte.
    Das Haus lag im Dunkel. Die Fensterläden waren zugeklappt und wohl verschlossen.
    »Fahr weiter«, flüsterte Bruno.
    Die Straße wurde noch enger, führte durch Obstterrassen, aber etwa zweihundert Meter hangaufwärts gab es einen Platz zum Wenden.
    Rio stoppte, drehte den Porsche in die Gegenrichtung und schaltete das Licht ab.
    »Hast du irgendein Schild gesehen, auf dem ›Bio-Med‹ oder ähnliches stand?«
    Bruno schüttelte den Kopf.
    »Aber vielleicht war das Schild klein? Vielleicht haben wir beide es übersehen? – Wie ist das, Bruno, hast du 'ne Zigarette dabei?«
    »Jetzt fängst du aber wirklich an zu spinnen. Du spinnst schon, wenn du glaubst, daß ich eine hätte. Und ganz besonders spinnst du, wenn du annimmst, daß ich sie dir in diesem Fall auch noch anbieten würde … Nimm dich mal zusammen, verdammt noch mal. So schlimm ist das hier ja auch nicht, oder?«
    Sagte es, zog eine seiner grauenhaften Zigarren heraus und paffte in Sekundenschnelle derart den Innenraum des Porsche voll, daß Rio das Fenster öffnen mußte. Er lehnte den Kopf gegen das Polster und schloß die Augen.

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