Die Bourne Intrige
riss sie ihm auch das Mundstück heraus und steckte es selbst in den Mund, um ein paar Atemzüge zu machen. Dann schwamm sie mit kräftigen Beinstößen nach oben, während sie ihn im Polizeigriff festhielt. Sie spuckte das Mundstück aus, als sie auftauchten.
Der Kapitän hatte den Anker gelichtet, während sie unter Wasser waren, und das Boot schob sich so nahe heran, dass die Besatzungsmitglieder sie schließlich mit den Händen erreichen und an Bord ziehen konnten.
»Holt mir meine Handtasche«, sagte Soraya atemlos, als sie auf dem Rücken des jungen Mannes saß und ihn am Deck festhielt. Sie atmete tief und gleichmäßig ein, strich sich die Haare aus dem Gesicht und spürte, wie ihr das Wasser, schon von der Sonne gewärmt, auf die Schultern tropfte.
»Ist das der, den Sie suchen?«, fragte der Eigentümer besorgt, als er ihr die Handtasche reichte. »Er ist erst drei Tage bei uns, nicht länger.«
Soraya schüttelte ihre Hände, um sie zu trocknen, dann kramte sie in ihrer Handtasche nach dem Telefon. Sie klappte es auf und tippte Chalthoums Nummer ein. Als er sich meldete, berichtete sie ihm, was passiert war.
»Gute Arbeit. Wir treffen uns in zehn Minuten am Kai«, sagte er.
Sie steckte das Handy ein und blickte auf den jungen Mann unter ihr hinunter.
»Gehen Sie runter«, keuchte er. »Ich krieg keine Luft.«
Sie wusste, dass es nicht angenehm für ihn war, dass sie auf seinem Zwerchfell saß, doch sie hatte trotzdem wenig Mitleid mit ihm.
»Kleiner«, sagte sie, »für dich ist der Urlaub vorbei.«
Bourne erwachte im Halbdunkel eines Zimmers. Das leise Summen des Verkehrs zog seinen Blick zu dem verdunkelten Fenster. Das Licht der Straßenlaternen drang gedämpft zu ihm herein. Er lag auf etwas, das sich wie ein Bett anfühlte. Er drehte den Kopf und sah sich in dem kleinen Zimmer um, das zwar gemütlich eingerichtet war, sich aber nicht so anfühlte, als würde ständig jemand hier wohnen. Hinter der offenen Tür war ein Stück von einem Wohnzimmer zu sehen. Er hatte das Gefühl, allein hier zu sein. Wo war er? Wo war Tracy?
Wie als Antwort auf seine zweite Frage hörte er draußen die Wohnzimmertür aufgehen und Tracys schnelle, energische Schritte auf dem Holzboden. Als sie zu ihm ins Zimmer kam, versuchte er sich aufzusetzen.
»Bitte nicht, das ist nicht gut für die Wunde«, sagte sie. Sie legte einige Päckchen aufs Bett und setzte sich zu ihm auf die Bettkante.
»Das ist nur ein Kratzer auf dem Rücken.«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist schon ein bisschen tiefer, aber ich meine die Wunde in Ihrer Brust. Sie hat zu bluten begonnen.« Sie packte ein paar Dinge aus, die sie offenbar in einer Apotheke gekauft hatte: Wundalkohol, antibiotische Salbe, Gazetupfer und dergleichen mehr. »Jetzt halten Sie still.«
Während sie den alten Verband entfernte und die Wunde reinigte, sagte sie: »Meine Mutter hat mich vor Männern wie Ihnen gewarnt.«
»Was ist mit mir?«
»Männer wie Sie haben wahrscheinlich dauernd Ärger.« Ihre Finger arbeiteten flink und geschickt. »Aber Sie wissen wenigstens, wie Sie aus dem Schlamassel wieder herauskommen.«
Er biss die Zähne zusammen vor Schmerz, hielt aber völlig still. »Mir bleibt nichts anderes übrig.«
»Oh, ich glaube, das ist nicht wahr.« Sie tränkte noch einen Gazetupfer mit Wundalkohol und behandelte damit die gerötete Wunde. »Ich glaube, dass Sie zu den Leuten gehören, die Ärger anziehen. Anders wäre Ihnen wahrscheinlich langweilig, oder Sie wären richtig unglücklich.«
Bourne lachte leise, aber insgeheim dachte er sich, dass sie nicht ganz Unrecht hatte.
Sie begutachtete die gereinigte Wunde. »Nicht so schlecht. Ich glaube nicht, dass Sie Antibiotika brauchen.«
»Sind Sie Ärztin?«
Sie lächelte. »Gelegentlich. Wenn es notwendig ist.«
»Das müssen Sie mir erklären.«
Sie tastete die Haut rund um die Wunde ab. »Was ist Ihnen da wieder passiert?«
»Ich wurde angeschossen, aber lenken Sie nicht vom Thema ab.«
Sie nickte. »Okay, als ich jung war, ging ich einmal für zwei Jahre nach Westafrika. Es gab Unruhen dort, Kämpfe und schlimme Kriegsverbrechen. Ich kam in ein Feldlazarett – dort habe ich gelernt, wie man Wunden versorgt. Eines Tages waren wir so überfüllt mit Verwundeten und Sterbenden, dass mir der Arzt ein Werkzeug in die Hand drückte und zu mir sagte: ›Da ist eine Eintrittswunde, aber keine Austrittswunde. Wenn du die Kugel nicht sofort herausholst, dann stirbt dein Patient.‹ Dann kümmerte
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