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Die Bräute des Satans

Die Bräute des Satans

Titel: Die Bräute des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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nur.«
    »Was dann?« Im Angesicht des Alten, der halb erfroren auf dem Schemel kauerte, überkam ihn ein Frösteln, weswegen Baldauf den Mantel noch enger um die Schultern zog. »Was kann so wichtig sein, dass es dich davon abhält, mir endlich die Wahrheit zu sagen?«
    »Mitleid, Herr.«
    »Mitleid – mit jemandem, der dich dazu angestiftet hat, einen Mord zu begehen?«
    »So habe ich das nicht gemeint, Herr.«
    »Wie dann?«
    »Er hat es nicht ohne Grund getan.«
    »Töten ist Sünde, das solltest du doch wohl wissen. Selbst dann, wenn es sich bei dem Opfer nicht gerade um das Musterbild eines Christenmenschen gehandelt hat.« Baldauf holte tief Luft, bevor er weitersprach: »›Mein ist die Rache‹ – eine schlimmere Blasphemie kann man sich eigentlich nicht vorstellen.«
    »Und wie hättet Ihr gehandelt, Herr? Ein gottgefälliges Leben, und dann bricht Eure Welt vom einen auf den anderen Tag zusammen. Also, wenn Ihr mich fragt: Ein ganz klein wenig kann ich ihn …«
    »Für Mord beziehungsweise Anstiftung dazu kann es keine Entschuldigung geben. Basta.« Baldauf nahm das Fiskalbuch zur Hand, welches er bei den Habseligkeiten seines Onkels gefunden hatte, öffnete es und überflog die betreffende Seite. »Und deshalb tätest du besser daran, mir die Wahrheit zu sagen. Die ganze , wenn ich ein gutes Wort für dich einlegen soll.«
    Der alte Cuntz raufte sich das Haar und rutschte unruhig auf seinem Schemel herum. Seine Augen, ohnehin nicht mehr die besten, füllten sich mit Tränen, und bis er sich gefasst hatte, verstrich viel Zeit. »Ich weiß gar nicht, ob ich das überhaupt will. Jetzt, wo ich dabei bin, den Judas zu spielen.«
    »Judas oder nicht – ehrlich währt bekanntlich am längsten.«
    »Mag sein, Herr. Leider erscheinen uns die Dinge bisweilen einfacher, als sie sind.« Cuntz hob den Kopf, fuhr mit der Handfläche über die Stirn und ergänzte: »So wie in seinem Fall.«
    Dann räusperte er sich, massierte die knotigen Hände und begann zu erzählen.

Vor den Vigilien
     
    [Klausur, 21:35 h]
     
     
    Worin der Anonymus von seinem Meister einen weiteren Auftrag bekommt.
     
    »Es ist vollbracht!«, raunte ihm der Dämon ins Ohr, und als er herumwirbelte, um in sein Angesicht zu schauen, war der Kreuzgang leer. Ein Aufatmen ging durch seinen Körper, woraufhin er die Stirn auf den Handrücken bettete und an der Wand Halt suchte. Wie immer, wenn ihn seine Traumgesichter geplagt hatten, überkam ihn eine Mattigkeit, aus der er sich nur mit Mühe lösen konnte, und so stand er eine Weile reglos und starr.
    Es war vollbracht, in der Tat. Und niemand, nicht einmal Bruder Hilpert, war ihm bislang auf die Spur gekommen. Mochte er sich noch so sehr ins Zeug legen, wie ein Straßenköter herumschnüffeln, das ganze Kloster auf den Kopf stellen – gegen ihn würde er nichts ausrichten können. Von nun an bis an der Welt Ende.
    Es war das Geräusch von Schritten, welches dafür sorgte, dass sich seine Sinne wieder belebten. Ein Geräusch, dessen Urheber er kannte, weshalb er sich nicht von der Stelle rührte. Wusste dieser doch genau, wo er ihn antreffen würde. Jetzt, da alles vollbracht, seine Mission buchstabengetreu erfüllt worden war. Da der Einzige, der ihm hätte gefährlich werden können, schachmatt gesetzt worden war.
    »Gut gemacht, Fraticellus«, flüsterte ihm sein Meister ins Ohr, dessen Atem er im Nacken spürte. »Der Lohn für deine Dienste wird ein wahrhaft üppiger sein. Ein Tag noch, und derjenige, welcher meine Pläne zu durchkreuzen sich erdreistete, wird vom Angesicht der Erde getilgt sein.«
    Wie so häufig, ließ ihn die Stimme in seinem Rücken auch jetzt erschaudern. Und nicht nur das. Sie machte ihn willenlos, hilflos, zu einem gefügigen Opfer. Gegen diese Stimme, diesen Mann, diese diabolische Energie war kein Kraut gewachsen, und während er andächtig lauschte, machte sich plötzlich Unsicherheit in ihm breit. In der Stimme seines Meisters war etwas, das ihn aufhorchen ließ. Etwas, das ihn zutiefst verunsicherte. War sein Meister etwa nicht zufrieden mit ihm, seine Mission wider Erwarten nicht beendet?
    »Hör zu, was ich dir zu sagen habe, Fraticellus«, fuhr der Sendbote der Hölle fort, wobei sein Tonfall verriet, dass sich die Vermutung seines Dieners bestätigen sollte. »Es gäbe da nämlich noch etwas zu tun.«
    »Was denn, Meister?«
    »Um nicht kalt erwischt zu werden, sollten wir unseren gemeinsamen Freund Hilpert nicht aus den Augen lassen. Mag sein, er trägt den

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