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Die braune Rose

Die braune Rose

Titel: Die braune Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich nie weiß sein.«
    Shirer riß den Mund auf und starrte Koeberle an.
    »Sie uill weiß sein, Stadtrat? Ich bin stolz, daß ich black! Und sie –« Er beugte sich vor zu Marianne. »Was sagst du?«
    »Es ist besser, wenn wir hierbleiben, Harry.«
    »No!« brüllte Shirer und sprang auf. »No! Jetzt habe ich Family, und sie uill nicht mit. Stadtrat, helfen Sie mir!« schrie er Koeberle an. »Ich habe ein Recht –«
    Eduard Koeberle schüttelte den Kopf. »Wenn die gnädige Frau nicht will.«
    »Anne, du willst!« brüllte Shirer.
    »Nein, Harry.«
    Shirer sank auf das Sofa zurück. Dumpf sah er vor sich hin und spielte nervös mit dem Packpapier der Päckchen. Harriet hatte die Kette um den Hals gelegt. Jetzt fand sie Koeberle nicht mehr kitschig. Sie paßte zu ihr. An ihrem kaffeebraunen Hals sah die Strahlenmadonna so selbstverständlich aus, als dürfe sie gar keinen anderen Platz haben.
    »Uarum bin ich hier?« sagte Shirer in tiefer Traurigkeit. Harriet-Rose schlang die Arme um seinen Hals und legte ihren Kopf auf seinen wolligen Schädel.
    »Ich wollte dich sehen. Ich wollte den Mann sehen, der schuld ist, daß ich lebe –«
    »Harriet!« rief Marianne entsetzt.
    Shirers Gesicht wurde wie eine zerknitterte Maske, die weggeworfen im Regen aufweicht.
    »Ich habe, solange ich denken kann, nie anders geheißen als ›Mohrenkopp‹. Immer war ich anders als die anderen. Wie oft stand ich dabei, wenn einige von uns aus dem Heim geholt wurden zu neuen Eltern. Alle diese Frauen und Männer tätschelten mir die Wangen und sagten: ›Ach, ist die nett –‹, aber mitgenommen haben sie immer nur weiße Kinder. Später habe ich mich daran gewöhnt. Ich habe die Stube geschrubbt wie die anderen, ich habe ihnen die Schuhe geputzt – warum auch nicht? Sie waren dankbar und haben mich gern gemocht, weil ich ihnen die Arbeit abnahm. Ich habe mir die Freundschaft erkaufen müssen, auf den Knien rutschend. Einmal haben sie mir das Gesicht mit weißer Schuhcreme eingeschmiert, nachts, während ich schlief. Am nächsten Morgen hatten sie eine große Freude. Ich ließ sie ihnen, ich beschwerte mich nicht bei Mutter Erna, ich tanzte sogar, weil sie es wollten. Und wieder waren sie eine Woche lang nett zu mir, weil ich sie nicht verraten hatte. So ging es jahrelang, und immer habe ich mir gesagt: Du wirst nie weiß werden, du wirst, solange du lebst, immer anders sein, immer außerhalb der anderen Welt. Und alles nur, weil einmal ein Mann meine Mutter überfallen hat.« Ihre Hand schnellte vor und stieß Shirer beinahe in die Augen. »Und das warst du!« schrie sie.
    Shirer zuckte hoch. Mit rollenden Augen sah er sich zu Marianne um. »Sie … sie klagt mich an«, stammelte er. »Ich bin gekommen, um gutzumachen … Damals, das war anders. Der Whisky war es, und … und …«
    Es schellte wieder. Shirer fuhr herum.
    »Uer kommt da?«
    »Ich nehme an, ein guter Bekannter von Harriet«, sagte Marianne. Harriets Hand fiel an den Körper herab.
    »Ein guter –«, sagte sie stockend.
    Marianne lief aus dem Zimmer. Stimmen kamen aus der Diele, noch immer stand Shirer wie ein schwarzer Turm im Zimmer, bereit, sich vor seiner Tochter zu verteidigen. Stadtrat Koeberle begann wieder zu schwitzen. Der Gedanke, daß es bekannt würde, in welchem Verhältnis er zu den ihn umgebenden Personen stand, machte ihn schwindeln. Es bedeutete das Ende seiner kaum begonnenen Karriere.
    Hinter Marianne betrat Bert Schumacher das Zimmer. Durch Harriet ging bei seinem Anblick eine feurige Welle. Mit einem grellen Jauchzer warf sie die Arme empor und rannte auf ihn zu. »Bert!« rief sie. »Bert!« Dann lagen sie sich in den Armen und küßten sich vor allen Anwesenden. Shirer hob den Kopf.
    »Uer ist das?« schrie er. »Uer küßt meine Harriet? Anne …«
    Bert Schumacher ließ Harriet frei. Er überblickte sofort die Zusammenhänge, nur Koeberle kannte er nicht.
    »Ich bin Bert Schumacher«, sagte er. »Ich werde Harriet-Rose heiraten.«
    »No«, sagte Shirer bestimmt.
    »Doch!« rief Harriet.
    »Ein boyfriend.« Shirer zog Bert zu sich heran. Gegen seine urweltliche Kraft gab es keinen Widerstand. Wie einen Teewagen zog er Bert und Harriet an sich. »Uas bist du?«
    »Student der Medizin.«
    »Aha! A doc. Very well.« Shirer sah Bert Schumacher zufrieden an. »Wann heiraten?«
    »In sechs Jahren.«
    »Damned!« Er nahm Bert und warf ihn wie ein Stück Holz in die hintere Zimmerecke. »Er macht lustig sich über mich!« brüllte er. »Heiraten

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