Die braune Rose
gesagt, Junge.«
»Aber es ist doch so.«
Arnold Schumacher hob die Schultern und ließ sie wieder zurückfallen. Eine Gebärde der völligen Hilflosigkeit, die früher nie über einen Schumacher gekommen wäre.
»Wir müssen eben darüber wegkommen. Ich weiß im Augenblick keinen Weg. Mit vierzig Prozent können wir die Gläubiger befriedigen … ich glaube, daß wir mit einem solchen Vergleich noch anständig herauskommen.«
Bert Schumacher erhob sich. Er winkte dem Kellner zu, der aus dem Speiseaufzug gerade die Platten nahm und servieren wollte.
»Danke, wir gehen!« rief er. Arnold Schumacher sprang auf.
»Bert!« Er faßte nach der Hand seines Sohnes. »Ich dachte, wir hätten wenigstens eine Stunde Zeit für uns …«
»Mehr, Vater, mehr.« Er bezahlte den verwunderten Kellner und zog seinen Vater hinaus auf die Straße. »Wo hast du deinen Wagen stehen?«
»Auf dem Universitätsparkplatz.« Arnold Schumacher stemmte sich gegen den Zug seines Sohnes. »Wo willst du denn hin?«
»Nach Hause. Das heißt, zu mir, zu deiner ehemaligen Koeberle.«
»Bert!«
»Rede nicht! Du hilfst mir, meine Sachen packen.«
»Deine Sachen –« Arnold Schumacher blieb mitten auf der Straße stehen. Die Autos fuhren hupend um ihn herum. Bert zog ihn weiter zum Parkplatz. »Du kommst zu uns zurück?«
»Ja!«
»Und … und Harriet-Rose?«
Bert schloß den Wagen auf und schwang sich hinter das Steuer.
»Steig ein, Paps«, sagte er heiser. »Es wird sich irgendwie regeln lassen. Jetzt geht es um die Fabrik.«
Heulend schoß der Wagen vom Parkplatz und raste durch Heidelberg, den Neckarauen entgegen. Als Bert nach einer Zeit zur Seite blickte, weil sein Vater schwieg, sah er, wie der alte Herr weinte.
Hochaufgerichtet, mit erhobenem Kopf, saß er da, starrte vor sich auf die Straße, und die Tränen rannen ihm über die Wangen und liefen in den Runzeln abwärts wie in einem Flußbett.
*
Harry Bob Shirer reiste durch Alabama und suchte einen Käufer für seinen Drugstoretrust .
Seiner Mutter, die bei ihm wohnte, hatte er noch nichts davon gesagt. Es sollte eine Überraschung geben, wenn er sagen würde: »Old Mam … wir fahren nach Washington – für immer.« Zwar war das eine bittere Überraschung, aber wenn es soweit war, wenn alles verkauft war, hatte Mami nicht mehr viel Zeit zu jammern und zu schimpfen. Man mußte weg … in ein Land, wo die Hautfarbe nichts mehr gilt, sondern nur der Mensch. Und wenn Mami auch schreien würde, als hänge man sie auf, zu ändern war es nicht mehr.
Mit der ganzen Intensität eines Verliebten betrieb Shirer die Suche nach einem Käufer.
Bis zu einem Oktobermorgen. An diesem Morgen erfuhr Mami alles. Bill Purdom war es, der es verriet. Er sah es als seine Freundespflicht an, Shirer vor dieser Dummheit seines Lebens zu bewahren.
8.
Er suchte sich dafür einen Tag aus, an dem Harry Bob wieder unterwegs war. Ein Farmer aus Birmingham/Alabama hatte sich gemeldet. Er besaß große Ländereien, eine riesige Kuhherde und hatte Sorge, daß sein Geld auf den Banken einer Währungsschwankung unterworfen und weniger wert würde. Eine Drugstorekette war genau das, was er suchte. Hier arbeitete das Geld und vermehrte sich wie fleißige Karnickel. Shirer hatte glückstrahlend seinem Freund Bill Purdom dieses Angebot gezeigt.
»Das ist er, Boy!« schrie er vor Freude. »Er wird es kaufen. Er spuckt die Fünfhunderttausend auf den Tisch wie du deinen Kaugummi. Halt die Daumen, daß es klappt!«
Purdom drückte die Daumen nicht, er ging zu Mami.
»Ey, Mr. Purdom«, sagte Mami. »Was gibt's? Hat Bob wieder Blödsinn gemacht? Nehmt's ihm nicht übel … er ist ein großes Kind.«
Bill Purdom setzte sich in einen der Korbstühle und kratzte sich die Oberlippe. Mami sah ihn nachdenklich und ahnungsvoll an.
»Er ist dabei, eine zu machen, Mam.« Purdom wedelte mit der Hand. Es war gut, sich zuerst zu versichern. »Versprechen Sie mir, nicht zu sagen, woher Sie es wissen. Bob schlägt mich zu Gehacktem.«
»Bin ich ein Idiot?« sagte Mami beleidigt. »Nun reden Sie schon, Bill.«
»Ich wollte nur sagen, daß Bob einen Käufer hat.«
»Sicher?«
»So gut wie! In Birmingham. Ein steinreicher Farmer. Bob will für Fünfhunderttausend verkaufen. Und die beiden Deutschen herüberholen.«
»So einen Blödsinn phantasiert er. Ich weiß.«
Purdom suchte nach Worten, um richtig auszudrücken, was man einfach und grob sagen konnte.
»Sehen Sie, Mam … es ist nicht, daß Bob vielleicht mit dem
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