Die Braut des Cowboys
aus dem Schlaf riss. Sie kannte Gamblers Bellen schon, wenn er aufsässige Rinder umkreiste, wenn er auf einen Pfiff antwortete, irgendwelche Tiere seinem Gebiet zu nahe kamen, oder er Gäste begrüßte. Der kleine, zähe Hund konnte sich durch eine erstaunliche Vielfalt an Tönen verständlich machen. Sie hatte sie alle schon gehört, und keiner von ihnen hatte so geklungen. Es war ein Laut, bei dem sich ihre Nackenhaare aufrichteten.
Ohne Zögern sprang sie aus dem Bett, zog sic h hastig an und stieg an der Tür in ihre gefütterten Stiefel. Als sie die Tür öffnete, hörte sie schwere Schritte auf der Treppe und wusste, Gamblers Bellen hatte auch Grant alarmiert.
Als sie dann unten war, war er bereits draußen. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sehen, wie er über den Hof rannte, in Richtung der Ställe, ihm voran der Hund, der nun keinen Laut mehr von sich gab.
Sorgfältig schloss sie die Tür hinter sich und eilte ihm nach.
Ihr Herz hämmerte wie wild, als sie Mann und Hund am Hauptstall vorbei zu den kleineren Gebäuden laufen sah, wo die Stuten untergebracht waren.
Noch bevor sie den Stall erreichte, wusste sie, es musste sich um Lady handeln, die gescheckte Appaloosastute. Als sie den Stall betrat, hörte sie einen rauen, scharfen Laut und sah Gambler vor der Box der Stute warten. Grant war gerade dabei, die Tür zu öffnen, in der Hand eine starke Taschenlampe. Mercy rannte durch den Mittelgang, das schwere Atmen der Stute ließ sie zusammenzucken.
Das schöne Pferd lag am Boden, der geschwo llene Leib wirkte noch aufgedunsener, weil sie auf der Seite lag. Sie schwitzte. Nasse Flecken zeigten sich an Nacken und Flanke.
Sie zuckte heftig mit Läufen und Kopf. Dann sank sie zurück, wie erschöpft, die Augen stumpf und flach. Schmerzlich zog sich in Mercy etwas zusammen. Sie sah, wie Grant das Tier vorsichtig untersuchte, wobei er sanft seine Hand auf ihrem geschwollenen Bauch liegen ließ, während er mit sanfter Stimme auf das verängstigte Tier einsprach.
"Immer ruhig, mein Mädchen. Es wird schon werden. Dein Kleines ist nur ein bisschen früh dran. Es wird ein Weihnachtskind, das ist alles. Ruhig ... ruhig ..."
Und das Tier ließ sich durch diese Worte beruhigen, wehrte seine Berührungen nicht ab, beobachtete ihn aber mit seinen schönen braunen Augen, die ihn zu verstehen schienen. Mercy wusste, sie war zu früh dran.
"Ist diese frühe Geburt ein Problem?"
Grant sah sie an. Seine Augen wurden ein wenig weiter, und Mercy wurde plötzlich bewusst, dass sie in ihrer Hast ihr Haar nicht zusammengebunden hatte und auch keinen BH trug. Aber er sagte nichts, sondern beantwortete nur ihre Frage.
"Nicht anzunehmen. Der Tierarzt hatte ausgerechnet, dass sie Mitte Januar fohlen würde. Jetzt ist es drei Wochen früher soweit. Aber das ist nicht das Problem. Etwas anderes ist nicht in Ordnung."
"Etwas anderes?"
"Normalerweise wirft eine Stute innerhalb einer halben Stunde, nachdem ihre Fruchtblase geplatzt ist. Das letzte Mal hat sie nur fünfzehn Minuten gebraucht. Aber es sieht aus, als hätte sie schon eine ganze Weile am Boden gelegen. Wenn das Fohlen im Geburtskanal feststeckt oder die Nabelschnur sich verdreht hat, dann könnte es sterben."
Mercy starrte ihn an, einen dumpfen Druck im Magen. "Soll ich jemanden anrufen? Den Tierarzt vielleicht?"
Grant schüttelte grimmig den Kopf. "Doc Watson würde zwei Stunden bis zu uns brauchen, falls ich ihn heute am Heiligabend überhaupt erreichen kann. Ich glaube, soviel Zeit hat das Fohlen nicht mehr. Und Lady ebenfalls nicht. Sie ist fix und fertig."
Mercy sah ihn mit großen Augen an. Sie hatte die hübsche Stute ins Herz geschlossen, sie mit Karotten und Äpfeln gefüttert, weil sie sie wegen ihrer Unbeweglichkeit bemitleidete.
"Sie wird doch nicht sterben, oder?"
"Nicht wenn ich es verhindern kann", verkündete Grant entschlossen.
"Wie kann ich dir dabei helfen?"
Er sah sie an. "Haben Sie schon einmal ein Baby zur Welt gebracht, Officer Brady?"
"Einmal."
"Dann bereite dich auf dein zweites vor."
Falls er sie damit hatte einschüchtern wollen, dann hatte er sich geschnitten. "Brauchst du das übliche heiße Wasser?" fragte sie sachlich.
Er grinste kurz. "Auf jeden Fall."
"Ich hole welches aus dem Haus."
Sein Grinsen wurde breiter. "Dort aus dem Hahn kommt auch welches. Es ist fast kochend. Wir haben einen kleinen Boiler und ein Waschbecken hier, für solche Fälle."
Sie musste lächeln. "Wie clever."
"Walts Idee. Für seine Stuten ist
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