Die Braut des Freibeuters: Er beherrschte die Meere - doch sie war die Herrin seiner Sinne (German Edition)
angelangt war!
»Durch das Soldatenloch«, keuchte Smithy hinter ihr.
Vanessa nickte, schlüpfte durch das für die Soldaten vorgesehene Loch ganz am Mast, und fühlte sich von etlichen hilfreichen Händen erfasst, die sie vorsichtig hinaufzogen. Drei Matrosen umstanden sie, grinsten und musterten sie verlegen.
»Nett, dass Sie uns hier besuchen kommen«, sagte einer von ihnen, nahm den bandgeschmückten Hut ab und drehte ihn in den Händen. »Ist uns eine Ehre, M’am.« Vanessa hatte den Mann auf ihren Spaziergängen an Deck schon kennengelernt. Er hieß Jasper Dudley, war bei der Gruppe dabei gewesen, die mit Robert in die Gefangenschaft geraten war, und einer von jenen, die mit besonderer Zuneigung an ihrer Passagierin hingen.
Smithy kam ebenfalls durch die Öffnung geklettert und musste sich einige spöttische Bemerkungen von seinen Kollegen gefallen lassen, die es eines Seemannes unwürdig fanden, den bequemen Weg über die Leiter zu nehmen und nicht jenen von außen, über die straff gespannten Taue. Da er vor Vanessa jedoch nicht so antworten konnte, wie es ihm auf der Zunge lag, knurrte er nur etwas Unverständliches und vertröstete sich und die anderen auf einen späteren Zeitpunkt, an dem er auf diese Unverschämtheiten zurückkommen würde.
Vanessa hielt sich seinem strikten Befehl gemäß brav an dem Tau fest, das er ihr in die Hand gedrückt hatte. Die Mars, die rechteckige, vorne oval gerundete Plattform, auf der sie sich jetzt befand, war zwar wesentlich größer, als sie gedacht hatte, aber da hier oben keine Reling, sondern nur ein niedriger Rand war, hatte sie das Gefühl, bei der nächsten heftigeren Bewegung des Schiffes abzurutschen.
Einer der Männer schob ihr nahe am Mast ein zusammengefaltetes Segel hin. Sie setzte sich dankend darauf, ohne das Tau loszulassen, und blickte auf die glitzernde Fläche des Meeres, das von diesem Platz aus jedoch durch Wanten, Rahen und die mächtigen Segel unterbrochen wurde. Unwillkürlich sah sie empor.
Dort, ganz oben, war noch eine kleinere Plattform, gerade breit genug, um darauf zu sitzen. Es gab jedoch keinen leiterartigen Aufstieg mehr, und allein der Gedanke, nur an den dünnen Wanten hochzuklettern, ließ Vanessa schnell wieder wegblicken.
Die anderen hatten sich um sie geschart, sprachen sie ebenso grinsend wie eifrig an, bis Smithy murrte. »Benehmt euch gefälligst gut unserer Dame gegenüber, sonst kriegt ihr’s nicht nur mit mir zu tun, sondern auch mit dem Captain.«
»Wir benehmen uns gut!«, widersprach Dudley erbost, in seiner Ehre als Gentleman gekränkt. »Und außerdem is der Captain noch nie hier oben gewesen. Und schon gar nich am Sonntag.«
»Heute doch«, erklang plötzlich eine strenge Stimme.
Jasper Dudley erstarrte in der Bewegung und machte ein Gesicht, als wäre ihm der Leibhaftige selbst erschienen. Von unten klangen jetzt verzweifelte Pfiffe herauf, und Smithy schwor sich, diesen verschlafenen Trottel Hendricks umzubringen.
Robert kniff die Augen zusammen und blickte von einem zum anderen, dann trat er dicht an Vanessa heran. Er fixierte sie scharf, dann nickte er, und sein Gesicht entspannte sich. »Hier heraufzuklettern ist zwar etwas unbedacht und gefährlich, aber ich kann es verstehen – der Ausblick von hier oben ist an so schönen Tagen überwältigend.«
»Ich wollt’s der Lady auch ausreden«, mischte sich Smithy ein, sichtlich von Reue und schlechtem Gewissen gepackt, »aber …«
»Sie hat darauf bestanden«, ergänzte Robert wissend seinen Satz. Er wies in die Höhe, wo noch etliche Meter über ihnen die kleine Plattform war, die Vanessa zuvor schaudernd betrachtet hatte. »Von dort oben ist es allerdings noch schöner.« Er lächelte sie mit hinterhältiger Freundlichkeit an. »Trauen Sie sich zu, auch noch dort hinaufzuklettern, Madam?«
Vanessa blickte wieder nach oben. Zwischen ihr und dem blauen Himmel waren nur noch einige Taue, Wanten und wie auch immer diese Stricke genannt wurden, und senkrecht der Mast. Sie warf Robert einen gereizten Blick zu, wohl wissend, dass dieser ihr Angst machen und sich darüber amüsieren wollte, dass sie vor dem Risiko weiterzuklettern zurückscheute.
»Eine hervorragende Idee«, sagte sie kühl, obwohl ihre Hände allein schon bei dem Gedanken, an einigen dünnen Seilen direkt in den Himmel zu steigen, feucht wurden. Aber niemals würde sie jetzt nachgeben und diesem boshaften Capitaine die Genugtuung gönnen, sie ängstlich zu sehen! Sie stand tapfer auf,
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