Die Braut von Rosecliff
schnell wieder weg.
Rand räusperte sich laut. »Bitte glaube mir – du brauchst dich vor mir nicht zu fürchten«, wiederholte er. »Mein Zorn ist ve r raucht, und ich bedaure es sehr, dass ich versucht war, ihn an dir auszulassen. Du hast dein Ziel erreicht – im Morgengrauen wirst du gegen Jasper ausgetauscht.«
»Dein Bruder ist also noch am Leben?«
»Ja.«
Mit den steifen Bewegungen einer alten Frau setzte sie sich auf die Bettkante und faltete die Hände auf dem Schoß. »Es tut mir wirklich Leid, was Owain dei nem Bruder angetan hat.«
Rand ballte die Fäuste. »Ich hätte ihn nicht her beor dern so l len.« An ihren Augen konnte er ablesen, dass sie verstanden hatte, was er nicht über die Lippen brachte: Ich hätte nicht drohen sollen, dich mit ihm zu ver heiraten.
Er hätte sie selbst heiraten sollen.
Das war ein höchst unwillkommener Gedanke. Wie war er nur darauf verfallen? Es könnte nie gut gehen, denn er wollte ja nicht lange in Wales bleiben, und sie wäre in England gänzlich fehl am Platz. Nur sein kör perliches Verlangen nach ihr brachte ihn auf solch törichte Ideen. Er hatte sie von Anfang an begehrt. Er begehrte sie auch jetzt.
Doch sie war für ihn verloren, und er würde eine andere Frau finden müssen, um seine Gelüste zu be friedigen. Am besten eine Engländerin, um Kompli kationen zu vermeiden.
Josselyn stand auf und kam langsam auf ihn zu, womit er überhaupt nicht gerechnet hatte. Ihre Miene war schwer zu de u ten – zögernd und doch entschlos sen, traurig und erleichtert zugleich.
»Wir haben also Zeit bis zum Morgengrauen?«, fragte sie.
Sie stand dicht vor ihm. Viel zu dicht!
»Wir haben also Zeit bis zum Morgengrauen«, wie derholte sie leise. »Und danach muss ich einen Mann heiraten, den ich nicht will. Ich werde mit einem Mann schlafen müssen, den ich nicht begehre.« Sie zögerte, nahm ihren ganzen Mut zusa m men. »Aber dich begehre ich! Ich begehre dich, Randulf Fitz Hugh!«
Rand schüttelte den Kopf, weil er nicht glauben konnte, was sie gesagt hatte. »Du verstehst nicht, Jos selyn… Du brauchst das nicht zu tun… In wenigen Stunden wirst du frei sein.«
Sie lächelte traurig. »Nein, du bist es, der nicht ver steht.« Sie legte eine Hand auf seine Brust, mit weit gespreizten Fingern.
Er wollte fragen, was sie damit meinte. Was ver stand er nicht? Aber ihre sanfte Berührung genügte, um sein Verlangen heiß auflodern zu lassen. Er legte seine Hand auf ihre, obwohl er wusste, dass er es spä ter bereuen würde. Es war einfach u n möglich, ihrem Angebot zu widerstehen.
Diesmal legten sie alle Kleidungsstücke ab. Genau er gesagt, Josselyn zog zuerst ihn und dann sich selbst aus.
Diesmal wurden sie durch kein Hämmern an der Tür g e stört.
Diesmal zeigte er ihr, dass sie auf seinem Körper reiten und dadurch selbst entscheiden konnte, ob der Gipfel der Lust langsam oder schnell erklommen wurde. Etwas später, als sie sich etwas von diesem atemberaubenden Höhepunkt erholt hatten, rollte er sie auf den Rücken und nahm sie wieder in B e sitz.
Sie wechselten nicht viele Worte. Keiner gab irgend welche Versprechen ab. Sie nahmen voneinander Abschied…
In diesen wenigen Nachtstunden durften sie noch ein Liebe s paar sein, und sie kosteten jede Minute voll aus.
Doch allzu schnell graute der Morgen.
Josselyn bemerkte es zuerst. Ihr Rücken war an Rands Brust geschmiegt, er hatte einen Arm um sie geschlungen, seine Hand lag auf ihrer, die Finger waren ineinander verschlungen. Sie hob den Kopf, der auf seinem anderen Arm geruht hatte. »Es wird Zeit, Rand.«
Er gab keine Antwort, und sie dachte, er wäre ein geschlafen, aber als sie ihm ihre Hand entziehen woll te, hielt er sie fest. Einen törichten Augenblick lang hoffte sie, er würde sie nicht gehen lassen. Doch dann zog er seinen Arm zurück, gab sie frei. Ihm blieb gar keine andere Wahl, denn das Leben seines Bruders stand auf dem Spiel.
Josselyn stand auf und zog sich langsam an. Sie wollte Rand nicht verlassen. Er war ein viel besserer Mensch als Owain. Ihn könnte sie lieben. Nur änder te das nichts an der Tatsache, dass sie zwei verfeinde ten Völkern angehörten. Deprimiert packte sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen, setzte sich auf einen Hocker und begann ihr Haar mit den Fingern zu kä m men.
Rand hatte eine Laterne angezündet, und sie hörte, dass auch er sich anzog. Im Raum war es kühl, aber ihr Körper war noch warm von der Seligkeit, die sie in seinen Armen erlebt hatte.
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