Die Braut von Rosecliff
Jede Entscheidung, die er traf, konnte sich sowohl positiv als auch negativ auswirken. Es war ihre Pflicht, ihm zu helfen, soweit das in ihrer Macht stand.
Sie winkte ihm zu, und er erwiderte ihren Gruß und ging auf sie zu, bis Rand ihm den Weg versperr te. Beim Anblick ihres Entführers hielt Josselyn den Atem an, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Der englische Lord war so groß, so breit schultrig. Wenn es zum Kampf käme, hätte ihr O n kel gegen ihn keine Chance… Und sie selbst hätte gegen diesen Mann erst recht keine Chance… Allerdings glaubte sie nicht, dass er ihr etwas zu Leide tun woll te. Dafür konnte er ihr auf andere Weise gefährlich werden…
Sie schaute zu Osborn auf. »Ich möchte nicht, dass es me i netwegen zum Kampf kommt.«
Er ließ die beiden Männer, die sich im Fackelschein gegenüber standen, nicht aus den Augen. »Vielleicht lässt sich das nicht mehr vermeiden, meine Liebe.«
Josselyn packte ihn am Arm. »Ihr müsst meinem Onkel s a gen, dass ich freiwillig als Geisel hier bleibe. Oder erlaubt mir, es ihm selbst zu sagen.«
Osborn drehte sich langsam zu ihr um. »Woher kommt diese plötzliche Sanftmut? Rand zufolge bist du eine wilde und zä n kische Person. Und jetzt wirst du plötzlich lammfromm.«
»Es spielt keine Rolle, ob ich lammfromm oder zän kisch bin. Ihr müsst meinem Onkel sagen, dass ich mich mit der Situat i on abfinde – obwohl sie abscheu lich ist«, fügte sie hastig hinzu, als sie Osborn belustigt schmunzeln sah.
Er winkte Alan herbei. »Pass gut auf sie auf. Ich soll ihrem O n kel etwas ausrichten.«
Im flackernden Schein der Fackeln maßen Rand und Clyde einander mit kalten Blicken. »Sie wird gut behandelt werden, solange Ihr den Frieden wahrt.«
Seine Worte wurden übersetzt. Clyde verzog das Gesicht. »Und ich soll einem diebischen Engländer Glauben schenken?«
Rand überhörte diese Beleidigung, so schwer es ihm auch fiel. Wenn er ein walisisches Mädchen raub te, konnte er nicht erwarten, dass dessen Onkel eine hohe Meinung von ihm hatte. »Sie wird wie eine Dame behandelt werden«, wiede r holte er.
»Ihr seid ein Narr, wenn Ihr glaubt, auf diese Weise den Fri e den sichern zu können«, entgegnete Clyde. »Sie ist mit Owain ap Madoc verlobt, und er wird die Entführung seiner Braut nicht stillschweigend hin nehmen, sondern mich im Kampf g e gen Euch unter stützen.«
»Wollt Ihr Josselyns Sicherheit wirklich aufs Spiel setzen?« Rand schüttelte den Kopf. »Wenn ich von Euch und Euren Verbündeten angegriffen werde, verliert Ihr Eure Nichte – und den Kampf!« Er drehte sich unwillig um, als Osborn hinter ihm auftauchte. »Was gibt’s denn?«
»Josselyn hat mich gebeten, ihrem Onkel etwas aus zurichten.«
Rand zügelte seinen Unmut über die Störung, weil er den Augen seines Hauptmanns ansehen konnte, dass es sich um eine positive Botschaft handelte. »Also gut – was hat sie auf dem Herzen?«
Rand wandte sich respektvoll an Clyde. »Sie bittet mich, Euch zu sagen, dass sie freiwillig bei uns bleibt, um Blutvergießen zu vermeiden.«
Rand war sehr zufrieden. Josselyn war ein kluges Mädchen, auf das Wohl ihres Volkes bedacht. Er beob achtete Clyde scharf, während die Botschaft ins Wali sische übersetzt wurde. Der ält e re Mann runzelte die Stirn und starrte zu seiner Nichte hinüber. Auch Rand hätte sich gern nach ihr umgedreht, behielt aber doch lieber ihren Onkel im Auge, und als Clyde ihn wieder a n sah, wusste er, dass er diese Auseinandersetzung gewonnen hatte.
Dewey übersetzte, was sein Herr jetzt noch zu sa gen hatte. »Ich bestehe darauf, dass sie eine Anstands dame bekommt. Es schickt sich nicht, dass sie ganz allein unter Männern lebt.«
Jetzt war es Rand, der die Stirn runzelte. Eine An standsdame? Wie lästig! Aber wenn er Josselyn wirk lich mit Jasper verheir a ten wollte, wäre eine An standsdame vielleicht ganz sinnvoll… Politik musste den Vorrang vor seiner Begierde haben, und wenn er in diesem einen Punkt nicht nachgab, würde Clyde ihm noch weniger als bisher vertrauen.
»Eine Anstandsdame ist eine gute Idee«, sagte er bedächtig, »aber ich bezweifle, dass irgendeine wali sische Frau sich bereit erklären wird, ständig bei uns zu leben. De s halb schlage ich einen Kompromiss vor –Newlin kann Joss e lyn besuchen, wann immer er will. Der Barde genießt mein Vertrauen, und ich weiß, dass Ihr und Josselyn ihn sehr schätzt.«
Clyde mahlte mit den Kiefern. »Also gut«, gab er widerwillig
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