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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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vergewissern, aber da gab es nichts mehr zu verbergen. Lizzies Brüste waren groß peinlich groß, wie sie manchmal dachte. Im nächsten Moment verschwand die Hand. Der Mann half Lizzie wieder auf die Beine, hielt sie an den Schultern fest und sah sie erstaunt an.
    »Miss Hallim!« flüsterte er.
    Da erkannte Lizzie, daß der Mann mit dem vom Kohlestaub geschwärzten Gesicht niemand anderes war als Malachi McAsh.
    Einen verzauberten Augenblick lang sahen sie einander an, das Gelächter der Frauen in ihren Ohren. Nach allem, was in dieser Nacht bereits vorgefallen war, empfand Lizzie die plötzliche Intimität als überaus erregend und wußte, daß es Mack nicht anders erging als ihr. Obwohl Jay sie geküßt und ihre Hand gehalten hatte, fühlte sie sich diesem Mann sekundenlang viel näher. Doch da übertönte auf einmal eine  andere Stimme den allgemeinen Lärm.
    »Mack!« rief eine Frau. »Schau dir das an!«
    Die Frau mit dem schwarzen Gesicht hielt eine Kerze unter die Stollendecke. McAsh blickte sich nach ihr um. Doch ehe er Lizzie freigab und auf die andere Frau zuging, sah er sie noch einmal an; es schien ihm schwerzufallen, das soeben Begonnene so abrupt beenden zu müssen.
    Dann inspizierte er die Kerzenflamme und sagte: »Du hast recht, Esther.« Er drehte sich um und wandte sich, ohne Jay und Lizzie noch Beachtung zu schenken, an die Arbeiter und Arbeiterinnen im Stollen: »Es hat sich etwas Grubengas entwickelt.« Lizzie wollte sofort davonlaufen, doch McAsh war noch immer die Ruhe selbst. »Für einen Alarm reicht es noch nicht aus jetzt jedenfalls noch nicht. Wir müssen das noch an anderen Stellen überprüfen und sehen, wie weit es geht.«
    Lizzie fand seinen Gleichmut unglaublich. Was waren das für Menschen, diese Bergleute? Obwohl sie ein brutal hartes Leben führten, waren ihre Lebensgeister ungebrochen. Ihr eigenes Leben kam ihr dagegen plötzlich verwöhnt und inhaltslos vor.
    Jay nahm ihren Arm. »Ich glaube, wir haben genug gesehen«, murmelte er. »Was meinen Sie?«
    Sie widersprach ihm nicht. Ihre Neugier war längst befriedigt. Von der ständigen Bücherei tat ihr der Rücken weh. Sie war hundemüde, schmutzig und voller Angst. Sie wollte unbedingt wieder an die Erdoberfläche und sich den Wind um die Nase wehen lassen.
    So schnell sie konnten, liefen sie zum Eingangsschacht zurück. In der Grube herrschte nun ein reges Kommen und Gehen, und viele Trägerinnen waren in ihrem Stollen unterwegs. Um sich mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, hatten die Frauen ihre Röcke bis über die Knie hochgezogen und trugen die Kerzen zwischen den Zähnen. Mit ihren gewaltigen Traglasten kamen sie nur langsam voran. Lizzie sah, wie ein Mann vor den Augen vieler Frauen und Kinder in den Abflußgraben urinierte. Kann er sich dafür denn kein stilleresÖrtchen suchen, fragte sie sich, nur um gleich darauf zu erkennen, daß es hier unten im Stollen kaum ein stilles Örtchen gab.
    Schließlich erreichten sie den Schacht und machten sich an den Aufstieg. Die Trägerinnen kletterten die Stufen wie kleine  Kinder auf allen vieren empor; so ging es in ihrer gebeugten Haltung am besten. Sie bewegten sich ruhig und gleichmäßig vorwärts. Auf der Treppe schwatzte und scherzte niemand mehr. Die Frauen und Mädchen keuchten und stöhnten unter dem furchtbaren Gewicht ihrer Last. Doch während Lizzie nach einer Weile eine Verschnaufpause einlegen mußte, blieben die Trägerinnen niemals stehen. Sie fühlte sich gedemütigt und voller Schuld, als sie die kleinen Mädchen mit ihren schweren Körben an sich vorbeiziehen sah. Einige von ihnen weinten vor Schmerzen und Erschöpfung. Hin und wieder verlangsamte ein Kind seine Schritte oder hielt sogar für eine Sekunde inne, nur um dann sogleich von seiner Mutter mit einem Schlag oder einem derben Fluch weitergetrieben zu werden. Lizzie wollte die Kinder trösten. All die Gefühle der Nacht vereinten sich in namenloser Wut.
    »Ich schwöre«, sagte sie mit Inbrunst, »daß ich, solange ich lebe, niemals zulassen werde, daß auf meinem Grund und Boden Kohle gefördert wird.«
    Ehe Jay darauf antworten konnte, läutete eine Glocke.
    »Alarm!« sagte er. »Sie haben offenbar noch mehr Grubengas festgestellt.«
    Stöhnend rappelte Lizzie sich auf. Ihre Waden brannten, als  habe man sie mit glühenden Nadeln gestochen.
    Nie wieder, dachte sie.
    »Ich trage Sie«, sagte Jay. Ohne weitere Umstände hob er sie  auf, legte sie sich über die Schulter und setzte den Aufstieg

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