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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Kinandi als bei den Barundi oder Massai, aber mit Freunden ein wenig so wie bei den Massai. Die Menschen sind verschieden.«
    Kadimba sah ihn erwartungsvoll an, aber Oscar wusste nicht, wie er die Frage formulieren sollte. Können sie einen Mann vor Liebe verrückt machen?, wollte er fragen, aber er wagte es nicht.
    »Sehnst du dich zu den Frauen zurück, mit denen du bei den Barundi zusammen warst?«, tastete er sich stattdessen vorsichtig vor.
    »Ja. Aber was war, ist vorbei. Jetzt sind wir hier«, antwortete Kadimba achselzuckend und schnitt die Zehenballen und Krallen von der linken Vorderpfote des Leoparden. Oscar fiel nichts ein, wie er das Gespräch fortsetzen konnte.
    Die folgende Woche rackerte er sich mit den Holzarbeiten ab, aber es ließ nicht nach. Aisha Nakondi hatte sich auf seiner Netzhaut eingebrannt.
    Und sie begleitete ihn bei seinen geschäftlichen Verhandlungen in Dar. Er beschaffte Glasperlen und kaufte sicherheitshalber noch Messerklingen sowie zehn Ballen
Baumwollstoff, und während er die Akazienallee entlangging, wie die Hauptgeschäftsstraße hieß, dachte er mehr an sie als an irgendetwas anderes.
    Er überwachte das Abladen der Mahagonilieferung an seine eigene Firma, die, weil er es mit der Fünfzigmeterregel nicht so genau genommen hatte, ungewöhnlich groß ausgefallen war. Mohamadali stand neben ihm, um das Registrieren und den Weitertransport der Stämme in die neuen, größeren Lagerhallen zu beaufsichtigen. Der Kompagnon pries die dicken und geraden Stämme und Oscars ungewöhnlich große Elefantenstoßzähne, die mit derselben Lieferung eingetroffen waren. Aber Oscar war in Gedanken ganz woanders.
    In gemächlichem Tempo spazierten sie zu ihrem Kontor, und Mohamadali deutete stolz auf das neue Schild, das nicht mehr rot auf weiß war. Lauritzen & Jiwanjee AG stand jetzt in goldglänzenden Reliefbuchstaben auf ebenholzschwarzem und vermutlich sogar aus Ebenholz gefertigtem Hintergrund zu lesen. Auch der Rahmen des Schildes war vergoldet.
    Sie betraten ein mit glänzenden Mahagonimöbeln mit Messingbeschlägen und Ebenholzintarsien eingerichtetes Büro in dem frisch renovierten Gebäude. Mit einer stolzen Handbewegung deutete Mohamadali auf eine Sitzecke mit großen arabischen, grün und golden bestickten Sitzpolstern. In der Mitte stand ein Tisch mit einer Platte aus getriebenem Silber. Oscar war beeindruckt und konnte fast nicht glauben, dass ihm selbst der größte Teil dieser Pracht gehörte.
    »Ich habe mir, wie du siehst, gewisse Freiheiten erlaubt«, sagte Mohamadali und klatschte dreimal rasch in
die Hände. Ein Diener in weißem Kanzu und mit rotem Fez erschien blitzschnell durch einen klappernden Perlenvorhang am anderen Ende des Büros.
    »Tee, vermute ich?«, fragte Mohamadali an Oscar gewandt, und dieser nickte schweigend.
    »Zucker?«
    »Mazput , nicht zu viel und nicht zu wenig.«
    »Du hast es gehört, Salim, einen Tee ohne Zucker und einen Mazput!«, befahl Mohamadali, und der Diener verbeugte sich und verschwand.
    Oscar wusste nicht, was er sagen sollte, und er hatte vergessen, wonach er fragen wollte. Er saß sprachlos in Daressalams vermutlich elegantestem Büro, und das vollkommen unverdient. Er war nur ein einfacher Fischerjunge aus Westnorwegen, dem das Schicksal ein Ingenieurexamen beschert hatte; all der Reichtum um ihn herum war Mohamadali Karimjee Jiwanjees Verdienst. Dieser saß gelassen zurückgelehnt in seiner orientalisch-westlichen Kleidung vor ihm – schwarzer Gehrock mit Rockschößen aus Wolle, weite Pluderhosen aus Seidenbrokat – und wartete mit einem amüsierten Lächeln darauf, dass er etwas sagte. Gerade als Oscar die Stimme erheben wollte, erschien der Diener Salim mit den Teegläsern, stellte sie auf das silberne Tischchen und verschwand wieder. Der Tee war stark und gut.
    »Aus Tanganjika?«, fragte Oscar und stellte das Teeglas vorsichtig zurück.
    »Ja. Unser eigenes Erzeugnis, aus dem Hochland bei Mufindi. Wir müssen an die Zukunft denken. Die Eisenbahn fährt bald bis Kigoma, und damit wird es ja wohl mit den Lieferungen kostenlosen Mahagonis ein Ende haben.
Schließlich wissen wir nicht, wie es an der nächsten Eisenbahnstrecke, die gebaut wird, aussieht. Wir sollten über Kopra und Sisal nachdenken.«
    »Das ist nicht gerecht!«, platzte Oscar heraus. »Das ist eigentlich dein Unternehmen. Du hast mit deiner Arbeit all das hier aufgebaut. Du solltest der Haupteigentümer sein und dich nicht mit dreißig Prozent

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