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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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österreichischen Großherzog in Sarajevo ermordet hatte? War die Welt verrückt geworden?
    Das Gepäck für die Heimreise stand in seinem Haus bereit. Vier Schiffskoffer mit Dingen, von denen er sich nicht trennen wollte, Masken der Barundi, Jagdkleidung und Fotografien, einige Leopardenfelle, die zu schönen Pelzen werden konnten, afrikanischer Goldschmuck, Ebenholzschnitzereien und Ähnliches, was man in Bergen nicht für Geld kaufen konnte. Er überlegte, ob es vielleicht eilte, die Sachen an Bord zu bringen. Er begab sich also rasch zum Hafen und durfte nach einer kurzen Auseinandersetzung die Gangway der Feldmarschall betreten, um mit dem Kapitän zu sprechen.
    Anlass zur Eile gebe es keinen, erfuhr er. Das Schiff lag bis auf Weiteres in Daressalam fest. Es sei höchst unsicher, wann man in See stechen könne. England habe mindestens drei Kreuzer vor der Küste, Deutschland habe nur einen, die Königsberg , die gerade den Hafen verlassen habe, vermutlich, um auf dem Meer zu kämpfen, statt von der englischen Flotte eingekesselt zu werden. Es sei wirklich lästig, dass die Engländer dort draußen eine so überlegene Flotte zusammengezogen hätten.
    Oscar eilte zum Deutschen Club zurück, um in Erfahrung zu bringen, ob es vielleicht noch eine andere Reisemöglichkeit gab. Er hatte sich innerlich bereits von Afrika verabschiedet, nur noch das Abschlussfest stand aus. Und das war abgeblasen worden.
    Befand sich Belgien ebenfalls im Krieg? Es stellte sich heraus, dass dem so war. Der Weg nach Westen durch den Kongo war also versperrt. Im Norden lagen Uganda und
Britisch-Ostafrika. Dieser Weg kam also auch nicht infrage, ebenso wenig die Wege nach Südwesten ins englische Nyassaland und nach Rhodesien. Beteiligte sich Portugal an dem Krieg? Nein. Soweit er wusste, nicht, jedenfalls noch nicht, aber das war vielleicht nur eine Frage der Zeit.
    Es gab also eine geringe Chance, nach Süden zu entkommen, durch das heißeste und fürchterlichste Gebiet in ganz Tanganjika, und dann durch ähnliches Terrain bis zur portugiesischen Hauptstadt Lourenço Marques. Eine Reise oder Fußwanderung von tausendfünfhundert Kilometern. Wenn man es lebend durch die Malariasümpfe und über alle Flüsse geschafft hatte, riskierte man, ein Portugal zu erreichen, das sich möglicherweise mit England verbündet hatte. Langsam ging es Oscar auf, dass er nun nach all den Jahren und ironischerweise zu einem Zeitpunkt, an dem er endlich eine Fahrkarte nach Hause gekauft hatte, in Afrika gefangen war.
    Im Gewimmel des Clubs entdeckte er zwei Offiziere, den Kommandeur der Schutztruppe, Paul von Lettow-Vorbeck, dem er bei einem Mittagessen zehn Jahre zuvor kurz begegnet war, und den Chef des Militärs in Dar, Major Kempner. Die beiden Männer standen mit auf dem Rücken verschränkten Armen da und beantworteten in knappen Worten alle auf sie einstürmenden Fragen. Oscar hatte Mühe, sich einen Weg zu bahnen, stand eine Weile jedoch nahe genug, um hören zu können, worum es ging.
    Die Hauptfrage lautete natürlich, welche Konsequenzen der Krieg für die Bewohner von Dar hatte. Der Kommandeur antwortete, möglicherweise gar keine. Deutschland würde Frankreich rasch besiegen, und dann gäbe es für die englischen Truppen keine Veranlassung mehr, weiterzukämpfen.
Alles würde auf den Schlachtfeldern Europas entschieden, und in Tanganjika müsse man nur den deutschen Sieg abwarten.
    Oscar war erleichtert. Wenn er noch einige Wochen oder gar Monate in Dar bleiben musste, dann war das auch nicht weiter schlimm. Seine Unentschlossenheit der vergangenen Jahre hatte ihn bedeutend länger hier festgehalten. Er ging an die Bar und bestellte Whisky und Bier.
    Als er am nächsten Morgen von der Festnahme Mohamadalis erfuhr, konnte er das erst einmal nicht so recht glauben. Dass man die wenigen Engländer in Dar internierte, war nicht weiter verwunderlich, da auch die Deutschen in Britisch-Ostafrika interniert worden waren. Schlimmer war die Nachricht, dass die Engländer angeblich damit begonnen hatten, farbige Personen auf Sansibar unter dem Vorwand zu erschießen, sie seien Spione, weil sie als deutschfreundlich galten.
    Das verhieß nichts Gutes. Womöglich kam die Schutztruppe auf die Idee, es den Engländern mit gleicher Münze heimzuzahlen, auch was die Erschießungen anging. Trotz der Mittagshitze rannte er den ganzen Weg zum Kontor des Militärs in der Kaiserallee und verlangte, sofort bei Major Kempner vorgelassen zu werden.
    Er kam in einen

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