Die Brueder des Kreuzes
Kirche den Segen für den erneuten Aufbruch zu diesem Ziel z u erhalten. Dann würde man entlang der Rhone nach Süden ziehen. Von Lyon aus würden sich der F ranzosenkönig und seine Anhänger über die Alpen nach Turin und von dort nach Genua bewegen, denn Philip hatte die dortige Flotte zum weiteren Transport seiner Armee angeheuert.
Richards Truppen würden von Lyon aus durch seine eigenen Ländereien nach Marseille ziehen, wo sie von der englischen Flotte unter dem Kommando seines Admirals Sir Robert de Sablé erwartet wurden. Ihre Einschiffung würde reibungslos verlaufen, denn sie war von langer Hand geplant.
Trotz des Eindrucks, den er seinem Vater vorhin vermittelt hatte, bereitete ihm der Gedanke, mit Richard in den Krieg zu ziehen, kein großes Kopfzerbrechen. Der André St. Clair, der ein Jahr zuvor aus seinem Versteck gekrochen war, wäre vielleicht davor zurückgeschreckt, doch er war ein anderer gewesen als der Mann, der nun auf den Zinnen von Schloss Baudelaire über die Möglichkeiten nachdachte, die ihm offenstanden.
Dieser junge Mann, der naiver und vielleicht auch egozentrischer gewesen war als der heutige André St. Clair, wäre vielleicht so töricht gewesen, sich selbst in Gefahr zu bringen, indem er den König seine Missbilligung spüren ließ. Doch im Lauf des letzten Jahres hatte sich so vieles verändert, dass Andrés Temperament sich nun gedämpfter zeigte.
Nach seiner ersten Begegnung mit Robert de Sablé, bei der sie sich einander als Brüder zu erkennen gegeben hatten, hatte sich André vermehrt für den Orden von Sion eingesetzt und war inzwischen ohne Unterlass unterwegs, vordergründig in Diensten der Flotte, in Wirklichkeit jedoch als Kurier zwischen de Sablé und den anderen Mitgliedern des Ordensrates, die überall in jener Gegend verstreut lebten, die einmal das römische Gallien gewesen war.
In den vergangenen tausend Jahren hatte sich der Bund der Clans, die sich die Befreundeten Familien nannten, zunächst in den Pyrenäen und dem Languedoc, dann in Aquitanien, Poitou und Burgund und schließlich bis weit in den Westen und Norden in der Bretagne, der Normandie und der Picardie ausgebreitet. Ihren Einfluss und ihre geheime Ordensbruderschaft hatten sie mitgenommen.
Nun war es an André und einigen anderen Mitgliedern der Bruderschaft, die Ratsmitglieder in ständiger Verbindung zu halten.
Inzwischen hatte André keinen Zweifel mehr, dass man ihn in die Reihen der Templer aufnehmen würde. Es war beschlossene Sache, ermöglicht durch die Unterstützung der Ratsmitglieder, jener kleinen Gruppe einflussreicher Männer, die die Geschicke des Templerordens lenkten, obwohl der Großteil der Templer keine Ahnung von der Existenz dieses Gremiums – oder des Ordens – hatte.
Die Ursprünge des Templerordens im Jahr 1118 waren jetzt schon legendär, obwohl sie erst zweiundsiebzig Jahre zurücklagen. Jeder Junge, der alt genug war, um sich für Abenteuergeschichten zu begeistern, wusste, wie der erfahrene Krieger Hugh de Payens eine kleine Gruppe von Rittern um sich geschart hatte – mit ihm waren es neun an der Zahl – und sie es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die christlichen Pilger im Heiligen Land vor den arabischen Banditen zu beschützen, die scharenweise an jeder Straßenbiegung warteten.
Sie hatten sich die Armen Soldatenbrüder Jesu Christi genannt, hatten die Mönchsgelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams abgelegt und sich in einem verlassenen Stall auf dem Tempelberg in Jerusalem einquartiert. Trotz ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit hatten sie spektakuläre Erfolge gegen die marodierenden Banditen errungen und zum ersten Mal seit der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 für ein vertretbares Maß an Sicherheit auf den Straßen des Königreichs Jerusalem gesorgt.
Weniger als zwanzig Jahre nach der Ordensgründung hatten ihnen ihre heldenhaften Erfolge – und die Fürsprache des Bernard von Clairvaux, der ihre Ordensregeln verfasst hatte – einen solch guten Ruf eingebracht, dass man ihre neuen Mitglieder kaum noch zählen konnte. Sie wurden in der ganzen Christenwelt geschätzt und verehrt, zuerst als die Ritter vom Tempelberg Jerusalems, dann als die Tempelritter und schließlich als der Templerorden, auch wenn ihr offizieller Name nach wie vor die Armen Soldatenbrüder Jesu Christi und des Salomontempels lautete. Inzwischen gab es auch noch andere Ritterorden, vor allem die Hospitalritter und die jüngst von Kaiser Barbarossa gegründeten
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