Die Brueder des Kreuzes
dem Freund die Arme um die Taille legte und ihn vorsichtig anzuheben begann, begannen Sinclairs Zähne laut zu klappern, und wieder verlor sein Gesicht jede Farbe. Schweißperlen standen ihm auf Oberlippe und Stirn. Erschüttert und hilflos begriff Moray zuerst gar nicht, warum sich Sinclair so angestrengt von seinem verletzten Arm abzuwenden versuchte. Erst in letzter Sekunde verstand er und wich gerade noch rechtzeitig aus, als sich Sinclair übergab.
Dann lag Sinclair zitternd da und rang nach Atem. Sein Kopf rollte schwach hin und her, und Lachlan Moray saß händeringend neben ihm und fragte sich, was er tun sollte, denn ihm fiel nichts ein, das seinem Freund hätte helfen können.
Allmählich atmete der Verletzte wieder leichter, und plötzlich hatte er die Augen offen und starrte Moray an.
»Schienen«, sagte er mit schwacher Stimme. »Wir müssen den Arm schienen, damit ich ihn nicht wieder bewegen oder dagegenstoßen kann. Gibt es hier irgendetwas, das wir dazu benutzen könnten?«
»Ich weiß es nicht. Lass mich nachsehen.«
Wieder kroch Moray aus dem Versteck und verschwand. Sinclair, der allein zurückblieb, verlor jedes Zeitgefühl, und als er die Augen wieder aufschlug, hockte Moray mit besorgter Miene über ihm.
»Hast du etwas zum Schienen gefunden?«
Moray schüttelte den Kopf.
»Nein, nichts Geeignetes. Ein paar Pfeilschäfte, aber sie sind zu leicht und biegsam.«
»Speere. Wir brauchen einen Speerschaft.«
»Ich weiß, aber die Sarazenen schienen auf dem Marsch alle Waffen mitgenommen zu haben, die sie finden konnten. Die Pferde haben sie auch mitgenommen, aber das ist ja keine Überraschung. Ich muss mich etwas weiter bergauf nach einem Speerschaft umsehen.«
»Dann komme ich mit, aber erst, wenn es dunkel ist. Wir können nicht hierbleiben, und es ist zu gefährlich, wenn wir uns trennen. Wir schneiden meinen Umhang in Streifen und binden den Arm an meine Brust. Dann stütze ich mich auf dich und benutze dich als Krücke. Zum Glück ist mein Schwertarm unversehrt, falls wir ihn brauchen.«
Bis es ihnen gelang, den Arm so zu befestigen, dass er weitgehend schmerzfrei war, musste Moray noch mehrfach ins Freie gehen, um Pfeile einzusammeln, mit denen sie den Arm weiter stützen konnten. Inzwischen wurde es dunkel. Sobald sie es für dunkel genug hielten, um sich ins Freie zu wagen, aber gerade noch hell genug, um etwas zu sehen, ohne gesehen zu werden, begannen sie zum Kamm des Berges hinaufzusteigen. Sie kamen nur langsam und mühsam voran, und es dauerte nicht lange, bis die ständigen Stöße des unebenen Weges ihren Tribut von Sinclairs Arm forderten. Schon in den ersten Stunden ihrer Odyssee verging ihm jeder Wunsch zu reden, und er marschierte grimmig weiter. Sein Blick wurde glasig, sein Mund verzog sich zu einer ständigen Grimasse des Schmerzes, und seine gesunde Hand klammerte sich fest an Lachlan Morays Ellbogen.
Schnell musste Lachlan dazu feststellen, dass seine Annahme, alle Sarazenen seien bergab weitergezogen, nicht stimmte. Plötzlich mahnte ihn unbändiges Gelächter, dass er und Sinclair nicht allein waren. Er ließ Sinclair an einen Felsen gelehnt zurück und bahnte sich allein den Weg zu einer Stelle, an der er sehen konnte, was auf dem Gipfel des Berges Hattin vor sich ging. Was er dort entdeckte – eine Ansammlung großer Zelte, die von jubelnden Sarazenen bewacht wurden –, ließ ihn und seinen Freund unverzüglich eine völlig andere Richtung einschlagen, nach Nordwesten, fort von den Sarazenen und auf direktem Wege zur Oase von La Safouri.
SIE WANDERTEN IN DIESER ERSTEN NACHT von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen durch, kamen allerdings nicht annähernd so gut voran, wie sie es gewohnt waren. Ohne Pferde waren sie auf die Geschwindigkeit beschränkt, die ihre Beine hergaben. Obwohl der Boden besser wurde, als sie den Hügelkamm hinter sich ließen und sich bergab nach La Safouri wandten, schätzte Moray nach siebenstündigem Marsch, dass sie höchstens die Hälfte der zwölf Meilen zurückgelegt hatten.
Mit dem Schlachtfeld hatten sie auch den Gestank der verkohlten Gebüsche hinter sich gelassen, und das Feld selbst war zum Glück von der Dunkelheit verhüllt. Nur zweimal waren sie über Opfer gestolpert – eines war ein Pferd gewesen, zwischen dessen erstarrten Beinen ein voller Wasserschlauch lag. Damit hatten sie ihren Durst gelöscht und sich die Kraft zum Weitergehen geholt.
Die Morgendämmerung kam viel zu schnell, und es war an Moray zu
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